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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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wäre ein Roboter. Ich weiß, Sie sind eine stolze Frau, um nicht zu sagen hochnäsig. Aber vielleicht macht diese Erfahrung doch noch mehr einen Menschen aus Ihnen. Klammern Sie sich an diesen Gedanken.«
    Durch die einbrechende Dunkelheit nahm Gaspard einen dunkelblauen Schimmer wahr.
    Zane Gort blieb einen Augenblick in der Tür stehen und trat sofort neben Miß Willow.
    »Wieviel?« fragte er und öffnete mit einem Greifer eine kleine Tür an seiner Hüfte, während der andere mit entschlossener Bewegung Miß Willows Platinhaar anhob und an der Rückseite ihres Halses einen horizontalen Schlitz freilegte.
    »Hundert Dollar«, knurrte die Femmequin.
    »Lügnerin«, sagte Zane Gort und schob einen Fünfziger ein.
    Die Sensoren der Femmequin erspürten das komplizierte Magnetoxydmuster in der Note. Miß Willows Arme öffneten sich, ihr Bein fuhr zurück.
    Gaspard verspürte Erleichterung und merkte kaum die metallenen Arme, die ihn stützten. Es folgte der kleine Schmerz des ersten tiefen Atemzuges. Das Zimmer begann heller zu werden.
    Miß Jacksons Kinnlade fiel jetzt ganz herunter.
    »Ziehen Sie sich an«, befahl Zane Gort. »Du auch, Gaspard. Hier, nimm die.«
    Miß Jackson sagte: »Jetzt habe ich aber wirklich alles gesehen.«
    »Glückwunsch«, sagte Zane Gort. »Wenn Sie jetzt die Güte hätten – mein Freund möchte gern etwas Wasser trinken – da drüben. Ich mach dir den Gürtel zu, Gaspard. Bummeln Sie nicht, Miß Willow – das gehört nicht mehr zur Vorstellung. Langsam, Gaspard. Ich rufe morgen gleich Madame Pneumo an und lasse die Femmequin abholen. Dabei werde ich den Robotzuhältern mal gehörig den Kopf waschen. Spaß ist Spaß, aber eines Tages werden sie mit ihren erpresserischen Tricks noch einen Kunden umbringen, und dann gibt’s Probleme. Vielen Dank, Miß Jackson. Gaspard, hier, schluck die Kapsel hinunter.«
    Miß Jackson beobachtete mit neidvollem Ausdruck den kleinen Odaliskentanz, den Miß Willow trotz Zanes Ermahnung beim Anziehen vollführte. Nach einer Weile fiel es der Schwester ein, ihre Bluse über die entblößte Schulter zu raffen. »Moment mal«, sagte sie laut, »das habe ich ja völlig vergessen! Dieser kleine … äh …« Sie sah hilfesuchend zu Gaspard hinüber.
    »Zirkus«, half er mit leisem Wutschnauben aus.
    »Diese … äh … Vorstellung hat mich so gefesselt, daß ich ganz vergessen habe, weshalb ich überhaupt kam. Gaspard, Schwester Bishop ist entführt worden!«
    Gaspard löste sich von Zane. »Wie? Wo? Wer?« wollte er wissen.
    »Wir liefen die Straße entlang«, begann Miß Jackson in medias res , »und da hielt plötzlich ein schwarz-weiß karierter Schnellwagen neben uns, und ein Mann mit einem blauen Kinn – starker Bartwuchs, vermute ich – fragte, ob er uns helfen könnte. Schwester Bishop stimmte zu und stieg ein, und der Mann drückte ihr ein Tuch vor das Gesicht, das offenbar mit einem Betäubungsmittel getränkt war, denn sie sank sofort zusammen. Ich bemerkte, daß auf dem Rücksitz ein komischer kleiner Roboter lag. Dann sagte der Mann: ›Junge, auch noch eine Blondine, das darf ich mir nicht entgehen lassen!‹ Und er griff nach mir, aber ich riß mich los. Als er sah, daß er mich nicht packen konnte, lachte er und sagte: ›Du weißt ja gar nicht, was dir entgeht, Schätzchen.‹ Und dann raste er davon. Da der Raketen-Verlag näher lag als die Station, bin ich hierher gekommen.«
    Gaspard wandte sich an Zane Gort, der einen Aktenschrank geöffnet hatte und mit Windeseile eine Kartei durchsah. »Zane«, sagte Gaspard, »jetzt mußt du dich mit den Kidnappings befassen, du mußt einfach !«
    Zane sah auf. »Kommt nicht in Frage. Ich schließe gerade Projekt L ab, nachdem mir heute morgen der Durchbruch gelungen ist. Die Universität gibt mir ihre Bestätigung. Bin nur wegen einer Information gekommen – deine Rettung ergab sich so nebenbei. Keine Zeit für Polizeiarbeit. Vielleicht später. Sagen wir morgen.«
    »Aber, Zane, drei Menschen sind entführt worden!« protestierte Gaspard und versuchte seine Wut im Zaum zu halten. »Deine Miß Rosa ist auch dabei. Ich glaube, ich kenne den Rowdy, der Schwester Bishop entführt hat. Sie schwebt in Lebensgefahr!«
    »Unsinn«, sagte der Roboter entschieden. »Du mißt diesen Dingen eine zu große Bedeutung bei. Anthropozentrik! Ein Kidnapping – wenn es wie in unserem Falle offensichtlich von sachverständigen, vernünftigen Personen durchgeführt wird – ist lediglich ein Routineelement des

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