Die Propeller-Insel
Weltstädten Europas reisten. Gewiß wird ein kleinerer Theil gelegentlich von Neugierde getrieben, zu sehen, was die Erde sonst zu bieten hat. Sie ermüden aber und langweilen sich dabei, es fehlt ihnen die gleichmäßige Existenz, die sie von Standard-Island her gewöhnt sind; sie leiden von der Wärme wie von der Kälte und holen sich den Schnupfen, der in Milliard-City unbekannt ist. So kehren sie voller Ungeduld bald nach ihrer Insel zurück, ohne von ihren Reisen irgendwelchen Vortheil gehabt zu haben. Sie gingen als Gepäckstücke fort, kamen als solche wieder, und fügen wir hinzu: sie werden auch nur Gepäckstücke bleiben.
Was Fremdlinge anbelangt, die der Ruf von Standard-Island, dieses neunten Weltwunders – seit der Eiffelthurm, wie die Leute sagen, das achte darstellt – hierherlocken könnte, so meinte Calistus Munbar, daß diese niemals besonders zahlreich sein werden. Man legt hier auch keinen großen Werth darauf, obwohl man daraus noch eine neue Einnahmequelle hätte machen können. Im vergangnen Jahre waren die meisten der Besucher amerikanischer Herkunft. Von andern Nationen sah man fast niemand, außer einigen Engländern, die man allemal an ihren aufgestreiften Hosen erkennt, die sie in dieser Weise unter dem Vorwande tragen, daß es in London regne. Großbritannien sieht übrigens die Schöpfung von Standard-Island mit scheelen Augen an, da es seiner Ansicht nach die freie Schiffsbewegung störe, und es würde sich freuen, wenn jenes wieder verschwände. – Deutsche finden nur einen lauen Empfang, da sie, wenn sie hier erst festen Fuß faßten, aus Milliard-City jedenfalls bald ein zweites Chicago machen würden. Franzosen werden von der Gesellschaft mit der meisten Sympathie aufgenommen, da man von ihnen nichts fürchtet, doch weiß das Quartett nicht, ob bisher ein Franzose schon auf Standard-Island erschienen ist.
»Das ist nicht wahrscheinlich, meint Pinchinat.
– Wir sind dazu nicht reich genug, setzt Frascolin hinzu.
– Um als Rentner hier zu leben, das ist möglich, antwortete der Oberintendant, dagegen als Beamter, Lehrer…
– Nun, wohnt denn ein Landsmann von uns in Milliard-City? fragte Yvernes.
– Jawohl, einer.
– Und wer ist dieser Glückliche?
– Herr Athanase Dorémus.
– Was macht denn dieser Athanase Dorémus hier? ruft Pinchinat.
– Er ist Tanz-und Anstandslehrer und bezieht von der Stadt einen recht beträchtlichen Gehalt, ohne seine Privatstunden zu erwähnen…
– Die nur ein Franzose zu geben im Stande ist!« erklärt der Bratschist.
Das Quartett ist nun nach allen Seiten über die Verhältnisse auf Standard-Island unterrichtet. Die vier Freunde können sich daher ganz dem Reize der Fahrt hingeben, die sie nach dem Westen des Stillen Oceans entführt. Ginge die Sonne nicht heute an diesem und morgen an jenem Punkte der Insel auf, je nach der Richtung, in der diese auf Anordnung des Commodore Simcoë weitergleitet, so könnten Sebastian Zorn und seine Kameraden sich auf festem Lande zu befinden glauben. Im Laufe der nächsten vierzehn Tage wurde es wohl zweimal sehr stürmisch, denn das kommt auch auf dem Stillen Ocean trotz seines Namens vor. Die Wogen schlugen donnernd an dem metallenen Rumpfe empor und schäumten dann wie an einem Ufer hinauf – Standard-Island erzitterte aber nicht einmal bei diesem Aufruhr der Elemente. Die Wuth derselben ist ohnmächtig gegen dasselbe. Der Menschengeist hat die Natur besiegt. Vierzehn Tage später, am 11. Juni, findet die erste Kammermusikaufführung statt, die mittelst Placaten mit elektrischen Buchstaben längs der großen Alleestraße angekündigt wurde Selbstverständlich sind die Musiker vorher dem Gouverneur und den ersten Personen der Stadt vorgestellt worden. Cyrus Bikerstaff hat sie sehr herzlich empfangen. Die Journale haben an die Erfolge des Concert-Quartetts bei dessen Reisen durch die Vereinigten Staaten erinnert und den Oberintendanten warm beglückwünscht, daß es ihm gelungen sei, sich der Künstler, wenn auch auf etwas seltsame Weise, zu versichern. Welche Freude, diese Herren, wenn sie die Meisterstücke aller Zeiten vortragen, nicht allein hören sondern auch sehen zu können! Welcher Genuß für die Kenner!
Wenn die vier Pariser für das Casino in Milliard-City gegen eine fabelhafte Gage angestellt sind, so darf man nicht glauben, daß deren Concerte dem Publicum etwa unentgeltlich dargeboten wurden. Weit gefehlt. Die Behörde hofft damit eine große Einnahme zu erzielen, ganz wie die
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