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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Commodore, daß wir das Glück haben werden, einem solchen Schauspiele beizuwohnen?
    – Das weiß ich nicht, Herr Yvernes, antwortet Ethel Simcoë, Vulcane sind nicht auf Bestellung thätig…
    – O, und dies eine Mal auch nicht?… fährt Pinchinat fort. Wäre ich so reich wie die Herren Tankerdon oder Coverley, so veranstaltete ich mir Eruptionen nach Belieben auf eigne Kosten…
    – Nun, wir wollen unser Heil versuchen, erwidert der Commodore lächelnd, vielleicht machen sie das Unmögliche möglich, um Ihnen gefällig zu sein.«
    Pinchinat erkundigt sich hierauf nach der Volksmenge der Sandwich-Inseln. Der Commodore erklärt ihm, daß die Bevölkerung, obwohl sie zu Anfang des Jahrhunderts zweimalhunderttausend Seelen betrug, jetzt auf die Hälfte davon zurückgegangen sei.
    »Schön, Herr Simcoë! Hunderttausend Wilde sind auch noch genug, und wenn sie tüchtige Cannibalen geblieben sind und den frühern Appetit behalten haben, dann verzehren sie alle Milliardeser von Standard-Island als Gabelfrühstück!«
    Die Schraubeninsel besucht den Hawaï-Archipel heute nicht zum ersten Male. Schon im vorigen Jahre ist sie, angelockt durch das heilsame milde Klima, in diese Gegend gekommen. Von Amerika begeben sich Kranke deshalb nicht so selten hierher, und es fehlt nur noch, daß auch europäische Aerzte ihren Patienten den Genuß der Luft des Großen Oceans verordnen. Warum sollte das nicht geschehen? Honolulu liegt zur Zeit ja nur fünfundzwanzig Tagereisen von Paris, und wenn es sich darum handelt, die Lungen mit einem Sauerstoff zu versorgen, den man nirgends anderswo athmen kann…
    Am Vormittag des 9. Juli trifft Standard-Island in Sicht der Inselgruppe ein. Fünf Meilen nach Südwesten hin zeigt sich Oahu. Darüber ragen an der Ostseite das Diamond-Head, ein alter Vulcan, der die Rhede dahinter beherrscht, und noch ein andrer Berggipfel hervor, den die Engländer Bowl de Punch (die Punschbowle) genannt haben.
     

    Die Propeller-Insel im Hafen von Hawaï (S. 126.)
     
    Der Commodore bemerkt dazu, daß John Bull, wenn diese riesige Terrine mit Gin oder Brandy gefüllt wäre, sie gewiß ohne Bedenken ausleeren würde.
    Standard-Island fährt zwischen Oahu und Molokaï hindurch, ganz wie ein Schiff, das durch sein Steuerruder gelenkt wird, während man sich hier dazu der combinierten Wirkung der Propeller an beiden Längsseiten der Insel bedient. Nach Umschiffung des Südostcaps von Oahu hält die Propeller-Insel, mit Rücksicht auf ihren großen Tiefgang, schon zehn Kabellängen vom Ufer entfernt an. Wie man die Insel, um ihr die nöthige Bewegungsfreiheit zu sichern, ziemlich weit vom Ufer entfernt hält, so geht diese auch nicht im strengen Sinne des Wortes »vor Anker«, was bei dem über hundert Meter tiefen Grunde an sich unausführbar gewesen wäre, sondern man hält sie mittelst ihrer nach Bedarf nach vor-oder rückwärts arbeitenden Maschinen während ihres Aufenthalts hier, unbeweglich wie die Sandwich-Inseln selbst, an einer Stelle fest.
    Das Quartett betrachtet die Höhen, die sich seinen Blicken bieten. Von der Seeseite her bemerkt man nur Baumdickichte und Gruppen von Orangenbäumen neben andern prächtigen Species aus der Flora der gemäßigten Zonen. Nach Westen hin zeigt sich durch eine schmale Oeffnung der hohen Uferwand ein kleiner Binnensee, der Perlensee, eine Art sumpfiger, von Kratermündungen unterbrochener Ebene.
    Oahu bietet einen reizenden Anblick, und die von Pinchinat so ersehnten Anthropophagen haben sich über den Schauplatz ihrer Thätigkeit wahrlich nicht zu beklagen. Huldigen sie noch immer ihren cannibalischen Instincten, so bleibt dem Bratschisten gar nichts zu wünschen übrig.
    Da ruft dieser plötzlich:
    »Großer Gott, was seh’ ich da?
    – Nun, was denn! fragt Frascolin.
    – Da unten… Kirchthürme…
    – Ja freilich… Thürme… und auch Façaden von Palästen, sagt Yvernes.
    – Dort können sie doch unmöglich den Capitän Cook aufgezehrt haben?
    – Wir liegen gewiß gar nicht vor den Sandwich-Inseln, meint Sebastian Zorn achselzuckend. Der Commodore hat sich in der Richtung geirrt…
    – Ganz unzweifelhaft!« versichert Pinchinat.
    Nein! Der Commodore hat sich nicht geirrt. Das ist Oahu, und die Stadt, die mehrere Quadratkilometer einnimmt, ist Honolulu.
    Ja seit den Zeiten des großen englischen Seefahrers hat sich hier alles gewaltig verändert. Die Missionäre überboten sich in frommem Eifer. Methodisten, Anglikaner und Katholiken förderten das Werk der

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