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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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Töchter und Söhne, sind.
    Wir werden aus dem ewigen Leben geboren und kehren zum ewigen Leben zurück. Wie immer wir uns dieses Reich vorstellen, so wird es für uns sein. Und er hat mir noch etwas gesagt. Das Ende der Welt kommt nicht in einem apokalyptischen Ereignis, sondern für jeden in einem anderen, in einem persönlichen Augenblick. Wir werden nicht allein geboren, und wir müssen nicht allein sterben – nicht, solange wir vorbereitet sind und glauben.

    Catherine entrollte behutsam den brüchigen Papyrus weiter, um ihn nicht zu beschädigen, und dachte dabei an die Frage, die sie Michael im Hotel Atlantis gestellt hatte: »Ist der Katholizismus der einzige wahre Glaube?«
    »Für mich ist er es«, hatte er geantwortet.
    »Alle diese Menschen, denen Sabina begegnet ist«, hatte sie gefragt, »alle die unterschiedlichen Glaubensvorstellungen… Ist es möglich, daß nur eine einzige richtig ist und alle anderen falsch?«
    Und Michael hatte geantwortet: »Ich glaube, die Antwort darauf können Sie nur in sich selbst finden.«
    Als Catherine jetzt begann, die letzte Seite zu lesen, verstand sie, was er gemeint hatte.
    »Also, was nun?« fragte Raphael. Sie betrachteten prüfend die Mauer und das Tor. Sie hörten Gesang. Das bedeutete, die Nonnen waren in der Kapelle und würden sie nicht stören. Er und Zeke zweifelten nicht daran, die ganze Sache würde nicht schwieriger sein, als einen Ameisenhaufen zu zerstören. Die alten Nonnen würden beim ersten Anzeichen von Gefahr die Flucht ergreifen. Und die Frau konnte sich nicht verteidigen. Wirklich komisch, dachte Rapahael, daß die letzte Schriftrolle schon die ganze Zeit hier ist. Hätten wir das von Anfang an gewußt, wäre uns viel Arbeit erspart geblieben. »Übrigens«, sagte er und beugte sich über das alte Schloß im Tor. Er sah mit einem Blick, daß jeder Dummkopf es mit einem Stück Draht öffnen konnte. »Havers hat mir dein Geld gegeben. Du sollst es bekommen, wenn der Job erledigt ist.«
    Zeke sah seinen Partner mit blassen, ausdruckslosen Augen an. »Havers hat dir mein Geld gegeben?«
    »Du warst nicht da, als der Geldbote kam. Mr. Havers möchte, daß wir von hier auf dem schnellsten Weg nach Borneo fliegen und diese Orchidee abholen. Hier«, Raphael zog einen großen Umschlag aus der In-nentasche seines dicken Mantels, »da hast du deinen Anteil…in bar, wie üblich.«
    Zeke zog das Stilett aus der Scheide am Bein. »Paß ein bißchen auf, während ich das Schloß aufmache.«
    »Habe ich dir eigentlich gesagt, daß Havers mir eine Prämie versprochen hat?« fragte Raphael und trat ein paar Schritte zurück. Zeke beugte sich vor und drehte die Spitze der Klinge im Schloß. »Stell dir vor«, fuhr Raphael unbekümmert fort, »genau so viel, wie hier in dem Umschlag ist. Wirklich komisch, findest du nicht?«
    Zeke drehte rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie sich der Schuß löste. Wegen des Schalldämpfers hörte man jedoch nur einen dumpfen Knall.
    »Ja, ja… wirklich komisch«, murmelte Raphael, bückte sich und nahm den Umschlag aus Zekes Tasche.
    An den Augen sah er, daß sein Partner noch lebte, obwohl die Kugel nahe dem Herzen stecken mußte. Er beugte sich vor und sagte: »Verstehst du, es hat Mr. Havers nicht gefallen, daß du eigene Wege gehst. Du hast ihn zum Beispiel über die Alexander nicht auf dem laufenden gehalten. Und mir hat es nicht gefallen, daß du mich an Silvester so einfach abgehängt hast. Also Junge, hier trennen sich unsere Wege endgültig.
    Ich fliege nach Borneo. Mr. Havers ist nicht mehr an den Schriftrollen interessiert. Er wollte nur, daß ich dich erledige. Glaubst du an die Hölle? Wenn ja, dann wäre es jetzt an der Zeit, ein paar Gebete zu sprechen, Kumpel. Du wirst bald vor deinem Richter stehen.«
    Zum ersten Mal im Leben hatte sich Raphael so etwas wie Gefühle erlaubt, weil er seinem Partner eine Erklärung schuldig zu sein glaubte. Aber er hätte sehr viel schneller zum zweiten Mal abdrücken müssen.
    Die Pistole fiel ihm aus der Hand. Er sank über dem toten Zeke zusammen.
    Zeke hatte gut gezielt. Das Stilett steckte Raphael direkt im Herzen.

    Ich erinnerte mich an die Worte des Predigers auf dem Marktplatz: »Suchet, und ihr werdet finden, klopfet an, und es wird euch aufgetan.« Aber jetzt erst verstand ich seine Botschaft richtig: Glaubet, und es wird so sein.
    Meine Mutter hatte sich geirrt. Sie glaubte, nur jene, die dem Weg des Gerechten folgen, könnten den Tod überwinden. Aber so ist es

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