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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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nur die Münzen von Jacquard, und ich weiß nicht, ob das genug Geld ist, um meine Überfahrt zu bezahlen. Es erscheint mir ziemlich hoffnungslos.«
    Sein Blick schien in weite Ferne gerichtet, als er sagte: »Ihr irrt. Es gibt Hoffnung.«

Kapitel 48
    Nostradamus und ich brachen nach Calais auf. Zwar war es richtig, dass die Stadt keine hundert Meilen von Gent entfernt war, doch es war inzwischen November geworden. Ich sah ungläubigzum kalten, grauen Himmel, als ich aus der steinernen Burg ins Freie trat. Ich war beinahe drei Monate gefangen gewesen.
    Die Straßen nach Gravelines, der kleinen französischen Küstenstadt, waren schlammig – nahezu unwegsam. Wann immer möglich mieteten wir einen Wagen, doch wenn der Morast zu tief war für Pferdehufe, marschierten wir. Brachliegende Äcker und Weiden begleiteten unseren Weg, und hin und wieder kamen wir durch ein Dorf. Wir übernachteten in Gasthäusern, soweit wir welche fanden, oder bezahlten einen Bauern dafür, dass er uns ein Zimmer zur Verfügung stellte. Wir gaben uns als Bruder und Schwester aus, wie Edmund und ich das auf unseren Reisen getan hatten. Das Sprechen überließ ich Nostradamus, mein Französisch mit dem englischen Akzent hätte nur unnötig Verdacht erregt. In den ersten Tagen schaute ich mich immer wieder um, aus Angst, Jacquard könnte uns auf den Fersen sein. Doch ich sah nie etwas. Entweder war er hinter der abgesperrten Tür gestorben, oder er war auf dem Weg nach Antwerpen.
    Überall in den Gasthäusern redete man von König Karls Marsch durch Frankreich. Fünftausend bewaffnete Soldaten begleiteten ihn, dazu der Herzog von Alba und die Edlen seines Reichs und, ja, die Dominikanerbrüder, die die Inquisition vertraten. Man war sich weithin einig, dass die Bewohner von Gent nichts Gutes zu erwarten hatten.
    Nostradamus fragte mich nicht, warum ich so schnell wie möglich Calais erreichen wollte. An dem Abend, an dem wir in Gravelines ankamen, stiegen wir in einem großen Gasthof ab. Der Wirt erklärte sich bereit, uns eine Fischsuppe zu servieren, bevor wir uns zurückzogen, und wir ließen uns müde in einer stillen Ecke nieder. In einträchtigem Schweigen saßen wir beieinander, bis ich schließlich sagte: »Ich muss den englischen Königshof erreichen, bevor es geschieht.«
    Durch die Dampfwolken, die von seiner Suppe aufstiegen, betrachtete Nostradamus mich. »Dann wollt Ihr versuchen, es zu verhindern?«, fragte er. »Wie wollt Ihr das anstellen?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Leicht wird es nicht werden,an den Hof vorzudringen. Aber ich weiß jetzt mit Gewissheit, dass das die Tat ist, die ich vollbringen muss. Das erste Mal habe ich es in meiner Zelle im Gravensteen gespürt, als Jacquard mir erklärte, was sie vorhatten – wenn ich nicht bereit wäre, den Becher zu reichen, würde eine andere Person es tun, die schon bereitstünde. Es wird kurz vor der Hochzeit passieren, und irgendwie wird ein Bär eine Rolle spielen.«
    Er blies in seine Suppe, um sie zu kühlen. Ich beobachtete ihn, um zu sehen, wie er meine Enthüllung aufnahm. Doch er blieb unbewegt. Und dann erkannte ich auch, warum.
    »Ihr habt gewusst, dass es sich so entwickeln würde«, sagte ich voll Ehrfurcht.
    »Nicht genau«, antwortete er. »Es ist schwer zu erklären.«
    »Warum bin ich auserwählt worden?«, fragte ich. »Wann hat die Prophezeiung sich herausgebildet? An dem Tag, an dem ich bei Schwester Elizabeth Barton war?«
    Nostradamus schüttelte den Kopf. »Die Zukunft ist nicht unabänderlich. Doch es gibt – Fixpunkte, die lange bekannt sind. Wie lange, kann ich Euch nicht sagen.«
    »Was haben diese Fixpunkte mit mir zu tun?«, fragte ich verblüfft.
    »Alles«, antwortete er schlicht.
    Ich sah mich um und vergewisserte mich, dass niemand uns belauschen konnte. »Ich weiß«, sagte ich dann, »dass ich durch mein Eingreifen den Weg dafür freimachen werde, dass der König und seine vierte Frau einen Sohn bekommen. Und ich weiß auch, dass dieser Sohn den wahren Glauben bekämpfen wird. Das ist eine schwere Last, doch die andere Möglichkeit – dem Kaiser und dem König von Frankreich den Weg zu ebnen, damit sie das Land in Chaos stürzen und dann zerstückeln können – ist nicht besser, Nostradamus.«
    Mir schossen die Tränen in die Augen bei diesem Geständnis vor dem dritten Seher.
    Am nächsten Morgen hellte sich das trübe Wetter endlich auf. Neue Entschlossenheit beflügelte mich auf dem Weg in jenen Teilvon Gravelines, der die

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