Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Reisen im Herrschaftsgebiet von Kaiser Karl. Ich glaube, Ihr würdet sehr viel tun, um Schaden von dieser Person abzuwenden.«
»Nein«, rief ich verzweifelt. »Nein, das kann nicht sein. Das kann nicht sein.«
»Doch, wir bemühen uns, Edmund Sommervilles habhaft zu werden und ihn zu Euch zu bringen. Freut Ihr Euch nicht, Euren Ordensbruder noch einmal zu sehen?«
Ich sprang von der Bank auf und stürzte mich wie eine Rasende auf ihn, krallte die Hände um seinen Hals und drückte mit aller Kraft. »Wenn Ihr Edmund etwas antut, töte ich Euch, Jacquard«, schrie ich. »Ich schwöre es.«
Jacquard riss meine Hände von seinem Hals und schleuderte mich durch die Zelle. Stolpernd stürzte ich ins Stroh. »So sehe ich Euch gern«, sagte er.
Dann ging er zur Tür meiner Zelle und öffnete sie. »Mich werdet Ihr nicht töten, Joanna Stafford«, sagte er, bevor er hinausging. »Ihr werdet Heinrich VIII. töten.«
Kapitel 47
Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrichen war – ich glaube, es waren drei Tage –, als ich von draußen das laute Geschrei der Wärter vom Gravensteen hörte. Nach einer Weile wurde es still, und ich hörte nichts mehr. Einen ganzen Tag lang kam niemand, um mir zu essen oder zu trinken zu bringen. Ich hatte mich am Vortag nicht wohl genug gefühlt, um das übel riechende Fleisch und das saure Bier zu mir zu nehmen, das man mir auftischte, dies war also der zweite Tag ohne Nahrung. Ich hatte die letzte Kerze angezündet. Vielleicht war die Belagerung aufgehoben worden und alle hatten die Burg verlassen. Ich hielt es allerdings für unwahrscheinlich, dass Jacquard ohne einen letzten Versuch, mich gefügig zu machen, das Feld geräumt hatte. Es war jedoch auch möglich, dass die Burg gestürmt und Jacquard gefangen genommen oder getötet worden war.
Meine Zellentür hatte wie die von Nostradamus oben eine vergitterte Öffnung, durch die schwaches Licht eindrang. Ich drückte mich an die Tür und schrie, zu dem kleinen Fenster emporgereckt, so laut ich konnte: »Ist jemand da? Kann mich jemand hören? Bitte, kann mich jemand hören?« Nichts rührte sich.
Obwohl ich mit beinahe immerwährendem Gebet versucht hatte, mich auf den Tod vorzubereiten, schauderte mich bei der Vorstellung, ein solches Ende zu nehmen – in einer finsteren Zelle langsam zu verhungern. Und ich wütete gegen Jacquard, dass er mir das Recht einer Katholikin verweigerte, vor dem Tod die Beichte abzulegen.
Halb betäubt vor Hunger schlief ich auf meinem Strohlager ein – ich hatte keine Ahnung, ob es Tag oder Nacht war. Als ich irgendwann wieder erwachte, stand auf dem Boden, neben einer Reihe brennender Kerzen, ein Teller mit einer Mahlzeit aus Brot, Käse und Fleisch. Auch einen Krug Bier hatte man mir gebracht, und anderes mehr: ein Kleid, das über der Bank lag; eine Schale frisches Wasser und Laugenseife.
Ich wusste sofort, woher das Kleid aus Brokatstoff kam. Jacquard hatte es mir bringen lassen. Er lebte, und dies war sein neuester Schachzug in einem Spiel, das er nicht verloren geben wollte.
Legt das Kleid an und folgt mir aus der Burg an einen anderen Ort, in ein anderes Königreich. Wir werden planen und töten und nochmals töten .
Ein letztes Gefecht zwischen Jacquard Rolin und Joanna Stafford würde es noch geben, entschied ich. Und dann keines mehr.
Ich aß und trank. Dann legte ich mein schmutziges Kleid ab, wusch mich, so gut es ging, und schlüpfte in das Brokatgewand. Es war gelbbraun und rot und hatte ein Mieder mit viereckigem Ausschnitt. Es war aus edlem Stoff gemacht, doch es war nicht das Kleid einer Dame. Und es roch modrig. Ich fragte mich, wo er es gefunden hatte.
Später holte mich einer der Wärter aus meiner Zelle und führte mich nach oben zu Jacquards Zimmer, wo dieser mich mit zwei vollen Bechern Wein auf einem schweren Silbertablett erwartete.
»Oh«, sagte er erfreut, »Ihr habt es angezogen.« Doch dann schüttelte er den Kopf. »Es ist nicht richtig geschnürt«, erklärte er. »Dreht Euch um.«
Seine Finger flogen meinen Rücken hinauf und hinunter, als er mit Routine das Mieder neu schnürte. Zu meiner Verlegenheit saß es danach so eng, als wäre es mir auf den Körper geschneidert, und enthüllte viel zu viel von meinem Busen.
Jacquard flüsterte mir ins Ohr: »Wie schön, dass Ihr jetzt so willig seid.«
Ich sagte nichts.
Betont langsam legte er seine Hände auf meine Schultern und drehte mich zu sich herum. »Der letzte Burgverwalter hat sich hier seine Hure gehalten.
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