Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
violettem Gefieder erhob sich aus den leuchtenden Flammen seines Nests, auf der Schwelle zur Wiedergeburt.
Als es draußen klopfte, war ich versucht, nicht zu öffnen. Ich fühlte mich jetzt zu keinem Gespräch bereit.
Dann aber freute ich mich doch, als ich Agatha Gwinn sah, meine frühere Novizinnenmeisterin. In der Dreifaltigkeitskirche hatte sie gehört, dass jemand mich ins Haus hatte gehen sehen.
»Wo seid Ihr nur so lange gewesen?«, rief sie.
»Auf Reisen.«
»Oh, hat es mit Edmund zu tun – kommt er nach Hause?«, fragte sie. »Alle in Dartford vermissen ihn.«
»Ich weiß es nicht.« Ich senkte den Kopf.
Agatha berichtete mir, dass ihr Mann mit Mr Hancocks Hilfe eine Petition eingereicht und endlich Bescheid erhalten hatte, dass seine Ehe mit ihr anerkannt werde, auch wenn sie früher Nonne gewesen war.
»Das freut mich für Euch«, sagte ich, und schon klopfte es wieder. Als sollte ich heute keine Ruhe bekommen.
Diesmal war es ein königlicher Bote. »Ihre Majestät Königin Anna schickt mich aus London. Sie möchte die Tapisserie von Miss Joanna Stafford erwerben.«
»Sie möchte meine Tapisserie haben?« Ich konnte es nicht glauben.
Der Bote bestätigte es mit einem Nicken. »Sie möchte sie dem König zum Geschenk machen und lässt Euch ausrichten, Ihr möchtet ihr Euren Preis nennen.«
»Was für eine ungeheuere Ehre!«, rief Agatha. »Gleich Euer erstes Werk wird im Königspalast hängen? Da wird gewiss eine Flut von Bestellungen folgen.«
»Ja.« Ich senkte den Kopf tiefer, um meine Tränen zu verbergen. Ich sah wieder das zarte, offene Gesicht Annas von Kleve vor mir. So entschlossen, eine gute Ehefrau und Königin zu werden.
»Die Tapisserie ist noch nicht ganz fertig«, sagte ich. »Die Details sind noch nicht alle so, wie sie sein sollten.«
Nachdem ich mit dem Boten vereinbart hatte, die Tapisserie zu gegebener Zeit an die Königin zu schicken, verabschiedete ich mich von Agatha und ging die High Street hinauf zur Hauptstraße. Bis zum Friedhof war es nicht mehr weit.
Der Gedenkstein für Beatrice Scovill und ihr Kind stand unter einer jungen Eiche. Ich kniete auf dem beinhart gefrorenen Boden nieder, um zu beten.
»Ich wusste gar nicht, dass Ihr zurück seid«, sagte eine Stimme neben mir.
Ich blickte zu Geoffrey Scovill hinauf. Seine blauen Augen waren glanzlos und tief umschattet.
»Es tut mir so leid, Geoffrey, mit Worten kann ich es gar nicht ausdrücken«, sagte ich.
»Ich finde mich nicht mehr zurecht, Joanna«, sagte er. »Alles ist so sinnlos.«
Ich nickte. »Ich weiß, wie das ist.«
»Ich weiß nicht, wie ich damit leben soll – mit den Schuldgefühlen«, sagte er mit erstickter Stimme. »Ich habe ihr nie die Liebe geschenkt, auf die sie ein Anrecht hatte.«
»Ihr wart ein guter Ehemann«, versuchte ich ihn zu trösten.
Er schauderte. »Nein, das war ich nicht«, widersprach er. »Ich habe immer nur an Euch gedacht. Es ist nicht zu verstehen. Es war wie ein Fieber in diesen letzten zwei Jahren. Ich habe es versucht, aber ich konnte mich nicht von Euch befreien, Joanna. Erst jetzt erkenne ich, was Gott mir geschenkt hatte, eine schöne und liebevolle Frau, der ich mehr bedeutet habe als jedem anderen Menschen auf der Welt.«
Ich weinte, als ich das hörte.
»Ich habe auch gelitten, Geoffrey«, sagte ich unter Tränen.
»Das weiß ich.« Er hielt ein Buch in der Hand und nickte, als er bemerkte, dass es mir aufgefallen war. »Es ist die Bibel von William Tyndale«, sagte er. »Ihr werdet es nicht verstehen, Joanna, wie könntet Ihr auch? Doch es ist das Einzige, was mir einen Moment der Tröstung bringt.«
Ich holte tief Atem. »Wenn es Euch hilft, dann macht mich das froh.«
Ich faltete die Hände und fuhr in meinem Gebet fort. Nach einer kleinen Weile hörte ich einen dumpfen Aufprall. Ich blickte zum Boden hinunter. Geoffrey hatte den kleinen Beutel mit dem schwarzen Opal, den er »Schwarzes Feuer« genannt hatte, neben mir niedergeworfen.
»Ich schwöre zu Gott, ich würde alles geben, wenn ich Beatrice nur ein paar Augenblicke wiederhaben könnte.« Seine Stimme brach. »Ich möchte ihr sagen, wie leid es mir tut.«
Ich schloss die Augen. Ich betete um Frieden für Beatrice und Trost und innere Gelassenheit für Geoffrey. Er sprach nichts mehr. Ich hörte seine Schritte auf dem harten Boden, als er um die Grabsteine herumging, und dann nur noch den Wind in den Bäumen.
Ich spürte eine leichte Berührung auf meinem Kopf und meinen Armen. Als ich
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