Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
in seinem Rucksack. Er hatte sich ein Buch über die Theorie der Marktwirtschaft am Flughafen gekauft. Vielleicht konnte er die darin stehenden Erkenntnisse für sein Traktat gegen die Lehren des Mansils gebrauchen. Die Konzentration auf den trockenen Text fiel ihm schwer. Sein Blick glitt auf die kleine Reiseflöte. Ein wenig Musik würde ihm guttun, doch das wäre zu auffällig. Er griff nach dem Bild von Nickala, das er heimlich in Auftrag gegeben hatte. Es war dreidimensional geformt, immer wenn er sich in das Gemälde versenkte, fühlte er sich der schwarzhaarigen Luftbeschwörerin ganz nahe. Wieder überkam ihn diese Mischung aus Wut über sich selbst und tiefer Traurigkeit. Vielleicht sollte er das Bild lieber wegwerfen.
Er schüttelte sich und verdrängte seine düsteren Gedanken, indem er von seinem Ast heruntersprang und den Waldboden erkundete. Jeden Stein dreht er um, jeden Ast nahm er in die Hand, jede Vogelstimme versuchte er zwischen den Ästen zu entdecken. Hin und wieder machte er sich Notizen in seinem Tagebuch. So vieles auf diesem Planeten war neu für ihn. Regelmäßig blickte er zwischendurch abwechselnd zur Straße und zum Hügel, hinter dem Jason verschwunden war.
***
Erik bemühte sich, flach zu atmen. Aus Angst vor Aran del Mark hatte er sich zu stark an seinem Flachmann bedient. Der Hüne hatte ihm den Wodka verboten.
„Beim Mansil, wie kann man denn nicht merken, dass einem jemand etwas unter den Reifen schiebt?“
Aran baute sich dicht vor dem verängstigten Erik auf. Mit den letzten Worten bekam er einige Speicheltropfen ins Gesicht geschleudert.
Ängstlich blickte der Kaukasier zu Aran auf. Er bereute nicht zum ersten Mal, sich auf den Fremden eingelassen zu haben. Zwar war Erik Skrupellosigkeit gewohnt und Aran bezahlte ihn, als würde Geld keine Rolle spielen. In Gold sogar, wie auch vor einem halben Jahr, als sie die Mutter von dem Jungen entführen wollten. Leider war sie, statt wie geplant abzubremsen, in einen Abgrund gerast. Erik hatte es mit einem Schulterzucken abgetan.
Doch Aran umgab etwas Unheimliches, Unbekanntes. Er hatte Arans Kraft in Aktion gesehen, als dieser einen kniehohen Felsblock scheinbar mühelos mehrere Meter weit in einen Fluss warf. Nur weil er wütend über die missglückte Entführung dieser Frau gewesen war. Auch seine Kleidung deutete auf einen Verrückten hin, wer sonst trug immer ein Schwert mit sich rum. Normalerweise störten Erik die Marotten seiner Auftraggeber nicht, schließlich wurde er hierfür fürstlich entlohnt, aber im Moment stand ihm die Furcht in Form von runden Schweißflecken unter die Achseln geschrieben. Arans Knöchel traten spitz hervor, so fest umklammerte er den Griff seines Schwertes.
„Bestimmt lag dieses Teil schon vorher dort“, versuchte Erik seinen Fehler zu entschuldigen. Die Reparatur des Platten hatte er in einer Viertelstunde erledigt, aber da war Jason nicht mehr zu finden.
Aran blickte auf das Glanzstück der Schmiedekunst in seiner Hand. Erik konnte sich keinen Reim auf dessen gemurmelte Worte bilden: „Ein Schlagband aus den Südlanden, ganz zufällig dort verloren, natürlich.“
Er starrte Erik verärgert ins Gesicht. „Idiot“, sagte er lauter und trat ans Fenster. Sein Blick strich über die frühmorgendlich belebte Hauptstraße von Sanguinet, Jasons Heimatort.
Der gefährliche Hüne stützte seine Hände in die Hüften und bog seinen Rücken zurück. Erik wusste, dass ihm die lange Autofahrt von Kasachstan bis nach Frankreich starke Schmerzen verursacht hatte. Der kleine Lada-Kombi zwang Aran die komplette Strecke über in eine verkrampfte Sitzposition, aber er schien das Autofahren ohnehin nicht gewohnt zu sein. Einen Führerschein besaß er jedenfalls nicht. Erik war vom Baikalsee bis hierher durchgefahren. Aran musste sich den gesamten gestrigen Tag in der Pension erholen. Das hatte seine schlechte Laune noch gesteigert. Wären die Rückenschmerzen nicht gewesen, hätte Aran bereits gestern einen Entführungsversuch gestartet.
„Die anderen sind also auch schon eingetroffen“, sagte Aran, mehr zu sich selbst.
Erik fragte sich, wer mit „die anderen“ gemeint war, wagte es aber nicht, Aran darauf anzusprechen.
„Wir müssen sofort zuschlagen. Wo treibt sich der Junge jetzt rum?“, wollte Aran wissen.
„Vielleicht ist er joggen.“
„Was heißt das?“
Wieder wunderte sich Erik darüber, was Aran alles nicht wusste. „Laufen. Er läuft, um fit zu werden.“
„Wie kommst du
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