Die Prophezeiung von Tandoran - Verwundete Welt - Yoga/Fantasy-Roman: 1 (German Edition)
über die spitzen Zacken des Bandes. Damit müsste man ...
Noch einmal atmete Callum tief ein und aus. Im Schutz der Büsche robbte er sich näher zum Kombi und versuchte durch das Fahrerfenster zu erkennen, wohin der Dicke schaute. Er hatte Glück, der Fremde richtete seinen Blick nach rechts auf den Innenspiegel. Dieser zeigte auf die andere Straßenseite, sodass Callum sich unbemerkt hinter das Auto schleichen konnte. Vorsichtig schob er das Schlagband unter den linken Hinterreifen und drückte es in die Rillen des Reifenprofils. Dann zog er sich hastig auf seine Beobachterposition zurück und wartete. Er hatte keine Ahnung, ob sein Plan gelingen würde.
Nach einer Viertelstunde kam Jason erneut aus dem Haus. Er holte ein Fahrrad aus einem kurz vor dem Zusammenbruch stehenden Bretterschuppen. Die Schuppentür quietschte klagend, als er sie wieder verschloss. Er fuhr die Straße runter, an dem Gehilfen des dunklen Kaisers vorbei, ohne diesen zur Kenntnis zu nehmen, und bog rechts ein.
Callum schlich ebenfalls zu seinem Rad, dass er sich gestern Abend vom Hotel geliehen hatte, und nahm die Verfolgung von Jason auf. Den Blick starr geradeaus gerichtet, radelte er gleichfalls an dem Dicken im Kombi vorüber.
Hinter sich hörte er den Anlasser starten. Das Auto fuhr los und folgte ihm langsam. Callum schmunzelte, als er das regelmäßige Poltern des im Reifen steckenden Schlagbandes vernahm.
Sein Trick funktionierte. Der Dicke stoppte den Wagen und stieg aus. Callum linste zurück und sah, wie sich Mandratans Vasall zum platten Reifen hinunter beugte.
Jason war bereits aus seinem Sichtfeld verschwunden und Callum musste sich anstrengen, um nicht abgehängt zu werden. Sorgenvoll hetzte er um die Ecke. Seine Sabotage dürfte seinen Widersacher nicht lange aufhalten. Hoffentlich würde der Meister bald kommen.
***
Ihr Weg führte nur kurz durch die Straßen von Sanguinet und verlief danach über Felder mit wogendem Getreide. Die Vögel sangen ihr Morgenkonzert, Callum atmete würzigen Lavendelduft ein. Jason wirkte in sich versunken, zumindest drehte er sich nie um. Er konnte ihm unbemerkt folgen. Nach etwa zehn Minuten strammer Fahrt bog Jason in eine Toreinfahrt ein, die von zwei riesigen Pferdeköpfen begrenzt wurde. Kein Auto war ihnen auf dem einsamen Wirtschaftsweg begegnet.
Callums Blick fiel auf großräumige Stallungen, weiß gestrichene Zäune, eine Reithalle und ein herrschaftliches Wohnhaus. Jason lehnte sein Fahrrad an die Wand des größten Stalles und öffnete dessen imposantes, grün angemaltes Tor. Im Inneren erkannte Callum einen breiten Gang, der sich bis zum entgegengesetzten Ende des Gebäudes erstreckte. Rechts und links säumten abgeteilte Boxen den lichtdurchfluteten, von vereinzelt herumliegendem Stroh bedeckten Korridor. Callum entdeckte nirgends andere Menschen. Kurz blickte er die Straße zurück, auf der sie hergekommen waren. Kein Auto zu sehen.
Er seufzte erleichtert auf und bog mit seinem Fahrrad in das dem Gestüt gegenüberliegende Waldstück ein. Dort kletterte er auf eine günstig stehende Buche mit breiten, ausladenden Ästen. Mit dem Fernglas aus seinem Rucksack spähte er ins Innere des Stalles, in dem Jason verschwunden war.
Einige Pferde streckten bei der Ankunft von Jason ihre Köpfe aus den Boxen und begrüßten ihn wiehernd. Jason schritt auf einen schwarzen Hengst zu und hielt ihm seine Hand vor die Nüstern. Den Kopf gegen die Stirn des Pferdes gelegt verharrte er eine Weile mit geschlossenen Augen.
Im ersten Moment war Callum verwirrt von diesem Anblick, dann beeindruckte ihn das stille Bild. Als ob sie Gedanken austauschen und sich von ihren Träumen erzählen , dachte er. Die schwarze, im morgendlichen Sonnenlicht glitzernde Mähne des Rappen erinnerte ihn an das hüftlange Haar von Nickala.
Er spürte einen Stich im Herzen. Wie gerne würde er auch so dicht bei ihr sein. Kopf an Kopf. Aber er war einfach zu feige gewesen, und jetzt war sie mit diesem Isut zusammen. Ein angeberischer Frauenheld, der ihr alles versprach, was ein weibliches Wesen hören will. Mit dem Einhalten dieser Versprechungen nahm er es allerdings nicht so genau, wie man hörte. Callum hasste sich dafür, Nickala nie seine Gefühle für sie gestanden zu haben. Sicher, er hatte klug vor ihr dahergeredet. Wollte Eindruck bei ihr erwecken. Er, der erste Schüler des Großmeisters, so jung und schon in die wichtigsten Beratungen mit einbezogen. Er, der an einer Gegenschrift zu den Lehren des
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