Die Prophezeiung von Umbria
Fackel zu löschen, ging sie von selber aus. “Es kann aber auch eine Gefahr enthalten. Ich habe mich dir als dein Ritter angeboten, und du hast mein Angebot angenommen. Lass mich also meine Pflicht tun.”
“Nun gut denn.” Maura schien von der Idee nicht sehr begeistert zu sein.
Sie nahm seine Hand und umklammerte sie mit aller Kraft. “Dann schau.”
Rath beugte sich über die Schale. Einen Moment lang sah er nichts als Dunkelheit. Dann hatten sich seine Augen an das Fehlen des Fackellichts gewöhnt. Vielleicht strahlte aber auch der Mond mit einem Mal heller.
Und er erblickte etwas, das ihn verwirrte und staunen ließ.
“Rath.” Maura zog an seiner Hand. “Ist alles in Ordnung? Siehst du etwas?”
“Ich – sehe etwas”, murmelte er, “aber ich weiß nicht, was es bedeuten soll.”
“Lass mich sehen.”
Mauras Gesicht erschien neben seinem auf dem schimmernden Wasserspiegel des Beckens. Das Licht des Sommersonnwendmondes glitzerte auf ihren Stirnen wie zwei strahlende Kronen.
Überrascht sog Maura die Luft ein, als sie verstand, was der Allgeber ihnen damit sagte.
“Verstehst du, was das heißt?”, flüsterte sie.
Rath schüttete den Kopf.
“Das Wasser zeigt uns den König, der erweckt wurde.” Sie wandte sich um und schlang die Arme um seinen Hals. “Dich, Rath Talward.”
“Elzaban.”
“Wie?”
“Elzaban”, wiederholte er benommen. “Das war einmal mein Name. Wegen ihm habe ich durch die anderen Jungen im Dorf so viel Kummer erfahren, dass ich nach Gannys Tod einen anderen Namen annahm.”
“Das hast du mir nie erzählt.”
“Ich habe nie daran gedacht.” Er sank ins Gras und zog sie mit sich. “Seit Jahren war er für mich nicht mehr mein Name gewesen. Bis der Allgeber mich so nannte, als ich ihn auf dem Kahn um deine Befreiung anflehte.”
“Als ich dein Spiegelbild im Wasser sah, von Sternen gekrönt, wusste ich, was es zu bedeuten hatte. Ich brauchte keinen weiteren Beweis mehr. Doch da ist etwas, das ich nicht verstehe. Mir wurde gesagt, ich müsste den Wartenden König aufwecken. Ich habe dich aber nicht aufgeweckt.”
“Doch, das hast du.” Er schloss sie noch enger in die Arme, und Maura dachte, das Herz müsste ihr zerspringen vor Glück. “Du hast mich auf die verschiedensten Arten aufgeweckt. Wie ein Schlafwandler ging ich durchs Leben, kümmerte mich um nichts als um mein eigenes Überleben, glaubte nichts als das, was ich sah. Ich war blind und taub allen Dingen gegenüber, die Umbrien betrafen.
Du hast mein Herz erweckt.” Er drückte einen zarten Kuss auf ihre Hand und legte sie auf seine Brust. “Du hast meinen Geist und meine Ehre erweckt.”
Und Maura wusste, dass es wahr war.
“Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich vielleicht einmal König sein werde.” Rath streichelte ihr Haar. “Doch wenn ich es sein werde, dann nur wegen dir.”
“Was werden wir jetzt tun?” Maura ließ den Blick über den von Mondlicht übergossenen Ort schweifen und wünschte sich, sie könnten hier ihren Palast errichten und alle Probleme der Welt einfach aussperren. Doch das hieße, ihren Auftrag zu verraten.
“Ich weiß es nicht.” Rath schüttelte den Kopf. “Um das Wohl unseres Volkes willen hätte ich gewünscht, dass der Wartende König wirklich ein großer, wiedergeborener Held gewesen wäre. Ich habe keine Ahnung, wo wir anfangen sollen.”
Er hob ihren schweren Zopf und begann das Band, das ihn zusammenhielt, aufzuknüpfen. Dabei drückte er ihr einen zarten, aber sehr erregenden Kuss auf den Nacken. “Lass uns morgen darüber nachdenken. Für den Rest der Nacht lass uns nur an eines denken.”
“Und was wäre das, Eure Majestät?”, fragte Maura, als hätte sie es nicht schon längst erraten.
Rath ordnete ihr Haar, so dass es ihr wie ein königlicher Schleier über die Schultern fiel. “Nur daran, dass ich König deines Herzens bin und du meine Königin”, flüsterte er zärtlich.
Seine Küsse waren die Funken, die ihr bis jetzt verbotenes Begehren entzündeten. Maura erinnerte sich daran, wie er sie das erste Mal umarmt hatte, damals im Betchwood-Wald, inmitten der Gefahr. Auch wenn sie es nicht hatte wahrhaben wollen, damals keimte bereits ihre Liebe zu ihm. Mit der Zeit war sie groß und stark geworden, und es war Maura nicht gelungen sie zu unterdrücken, auch wenn sie es versucht hatte.
“Ich liebe meinen Lord Elzaban von ganzem Herzen.” Sie genoss es, endlich sein Gesicht und Haar streicheln zu dürfen. “Aber Rath, der
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