Die Psi-Agenten
einen Schluck Tee«, erwiderte er, ohne mich anzusehen. »Machst du mit?«
»Danke.« Ich musterte ihn unauffällig. Wenn er eine Frau hatte, dann langweilte sie sich wahrscheinlich mit ihm – aber zumindest gehörte er nicht zu der Sorte, die sich betranken und dann gewalttätig wurden.
Er steuerte den Laster im Schrittempo in einen Parkstreifen neben der Straße. Eine dichte Hecke schirmte den Rastplatz ab.
Er schaltete die Scheinwerfer aus. In der Kabine war es ganz still. Von der Straße her hörte man das Dröhnen der Autos.
»Na, dann laß dich mal anschauen.« Die Innenbeleuchtung klickte. Er zog eine verknautschte Zigarettenpackung aus der Tasche. »Auch eine?«
»Nein, danke.«
»Was – keine schlechten Gewohnheiten?« meinte er. Grinsend nahm er einen Stengel für sich und zündete ihn an. »Ausgerissen, stimmt’s?«
»Nein … ich sagte Ihnen doch, daß ich meine Schwester besuchen möchte. Sie lebt in Ealing …«
»Ach, hör doch auf!« Er holte eine Thermosflasche unter dem Sitz hervor, schraubte den Deckel ab und goß die dampfende braune Flüssigkeit in seinen Becher. »Du bist nicht die erste, die ich von diesem Heim aufgelesen habe – Caston, oder wie es heißt.«
Er trank seinen Tee und sah mich über den Rand des Bechers hinweg an.
»Sie bringen mich doch nicht zur Polizei?« fragte ich. Jetzt kam er mir mit einem Mal nicht mehr so nett und harmlos vor. Ich merkte, daß er rotumränderte Augen hatte und irgendwie gierig wirkte. Kratzige helle Bartstoppeln bedeckten sein Kinn und seine Wangen. Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
»Trinkst du einen Schluck?«
»Ja, danke.«
Er schenkte seinen Becher noch einmal voll und reichte ihn mir. Der Tee war stark und sehr süß. Ich verbrannte mir die Zunge daran.
»Das kommt ganz auf dich an«, sagte er schließlich.
»Auf mich?«
»Du weißt genau, was ich meine.« Er stellte die Thermosflasche auf den Boden. »Wenn du nett zu mir bist, bringe ich dich vor den Bullen in Sicherheit. Klingt doch fair, oder?« Er rutschte näher.
Oh ja, ich wußte, was er meinte. Junge, so konnte man sich täuschen! Und ich in meiner Einfalt hatte geglaubt, er würde mich aus reiner Menschenfreundlichkeit mitnehmen. Wenn man es genau bedachte, gab es Schlimmeres als einen Saufbold. Dieser Dreckskerl!
Ich beschloß, mich dumm zu stellen. Während ich ganz in die Ecke rutschte, sagte ich: »Wann müssen Sie denn in London sein?«
»Oh, auf eine halbe Stunde kommt es nicht an, Schätzchen …«
Ich umklammerte den Becher mit der Rechten. Meine Linke tastete unauffällig nach dem Türgriff. Der Kerl kam immer näher, und seine Hand legte sich auf meinen Schenkel. Er atmete schwer. Jetzt erst merkte ich, wie er nach Schweiß stank.
»Willst du nicht ein bißchen nett zu mir sein?« Seine Augen brannten.
»Bitte – nicht!« sagte ich zähneklappernd.
»Stell dich nicht an! Am Ende behauptest du noch, daß du Jungfrau bist. Ihr seid doch alle die gleichen kleinen Schlampen.«
Netter, anständiger Kerl … Reizend! Um es offen zu sagen, ich war tatsächlich noch unschuldig, aber ich hätte mir lieber die Zunge abgebissen, als das vor den Mädchen im Heim einzugestehen. Mit sechzehn noch Jungfrau! Die hätten sich über mich lustig gemacht. Irgendwie ist es komisch. Heutzutage scheinen sie schon mit zehn Jahren darauf aus zu sein. Oh, keine Angst, Gelegenheiten hatte ich genug gehabt, aber ich verabscheute die dämlichen Kerle. Und nach einiger Zeit wurde es zur Gewohnheit, nein zu sagen – besonders, als ich miterlebte, was für ein verpfuschtes Leben manche Mädchen danach führten. Vielleicht versäumte ich etwas, aber ich hatte das Gefühl, daß ich irgendwann schon den Richtigen treffen würde.
»Komm schon!« Seine Stimme klang rauh und ungeduldig.
Meine Finger hatten endlich den Türgriff gefunden, und ich drückte ihn nach unten. Natürlich hörte er das Klicken.
»He, Schätzchen – so haben wir nicht gewettet!« Er wollte sich auf mich werfen.
Ich schwappte ihm den restlichen Tee ins Gesicht und rüttelte mit der freien Hand verzweifelt an der Klinke. Der Kerl hatte völlig die Beherrschung verloren. Er zerrte mich zu sich heran und versuchte mir den Arm um den Hals zu legen. Als ich ihm auswich, verlor ich das Gleichgewicht. Ich rollte zu Boden. Die Nähte meines Pullovers krachten unter seinen Fingern. Und dann spürte ich seine ekligen Hände an meinen Hüften. Ich schrie, was ich konnte.
Das brachte ihn einen Moment zur
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