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Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
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aussucht. Im Sommer braun gebrannt in Khaki und weißen T-Shirts, in pastellfarbenen und dunkelblauen Blazern. An den Herbstabenden in langen Mänteln, die seine breiten Schultern und die schmalen Hüften betonten. Er war ein Einzelgänger und schämte sich nicht, das zu zeigen.
    In einer der Nächte, in denen er verreist gewesen war, wie sie wusste, hatte sie den Garten betreten. Es war im Frühling; Regen, Geruch von Erde und Lehm. Das Haus lag dunkel da, nur über der blau angestrichenen Haustür brannte eine Lampe. Sie war auf die Rückseite gegangen und hatte ihr Gesicht gegen das Küchenfenster gepresst. Ein abgebeizter Tisch aus Kiefernholz mit einem Leuchter aus Messing. Auf der Anrichte ein Mixgerät und eine Kaffeemaschine. Ein Satz Messer in einem Marmorblock. Keine Junggesellenunordnung, alles perfekt, sie sah ihn vor sich – wie er Krümel vom Holzbrettchen wischte, wie er Besteck, Gläser und Teller in die Spülmaschine einsortierte, sie hörte das Geräusch, mit dem der Rasierer die widerspenstigen Bartstoppeln entfernte, im Hintergrund die Neun-Uhr-Nachrichten, sie hörte ihn einen Schlager singen, während unter der Dusche das Wasser über ihn dahin strömte, sie hörte Frottee auf sonnendunkler Haut und das Knistern gestärkter Hemden.
    Das Wohnzimmer. Schieferkamin. Sie hatte auf der Veranda gestanden und den grauen Kamin im grauen Licht gesehen, das schwarze Ledersofa, den Tisch mit der Glasplatte, die Stereoanlage, die alte Kommode und das Bücherregal. Es war ein gut gefülltes Bücherregal, aber die Titel blieben im Dunkeln; der Druck von Widerberg an der Wand über der Seekiste überraschte sie, sie wusste nicht genau, warum.
    Später war sie nach Hause gefahren und hatte gesagt, es sei ein guter Film gewesen.
    Der Nebel wurde dichter. Zehn vor neun. Sie nahm sich noch eine Zigarette, drückte sie aber sofort wieder aus. Der Anblick des überfüllten Aschenbechers war ihr zuwider, sie riss ihn heraus und leerte ihn in eine vergessene Plastiktüte, die sie im Handschuhfach entdeckt hatte. Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite sah sie im Lichtkegel unter dem Mast einen Papierkorb; sie fühlte sich besser, sowie sie den Wagen verlassen hatte und ihre Lunge mit Luft füllen und den Wind im Gesicht fühlen konnte.
    Sie hatte auf den roten Toyota gewartet.
    Und dann kam er zu Fuß. Sie entdeckte ihn ein Stück weiter unten in der Straße, als sie gerade die Plastiktüte in den Mülleimer steckte, sie ging zum Auto zurück, drehte den Zündschlüssel. Und während der Motor unter der Motorhaube knurrte und die Auspuffgase sich mit dem Nebel vermischten, sah sie ihn auf sich zukommen, wie sie das so oft gesehen hatte, die Hände in den Manteltaschen, sorglos, ganz glatt und unschuldig.
    Damals war sie davon überrascht gewesen. Dass ihm nichts anzusehen war. Dass es dieser Mann aus der Hugo-Boss-Reklame war, der breitbeinig dagestanden und behauptet hatte, gar nichts zu begreifen. Keine Ahnung zu haben, wovon hier die Rede war. Es war diese sorglose Normalität, mit der sie nicht leben konnte, die sie nicht länger ertragen wollte.
    Er lief, mit einer braunen Aktentasche unter dem Arm, die letzten Stufen vor der Haustür hoch und war verschwunden.
    Sie hatte ihn vor mehr als zwei Jahren zuletzt gesehen. Er war noch immer derselbe.
    Sie fuhr zum Stjernesti hinaus. Die Straßenarbeiten waren noch immer nicht abgeschlossen, sie geriet im glitschigen Matsch ins Schlingern. Das rote Haus auf halber Hanghöhe strahlte eine verschlafene Ruhe aus, die Harmonie der Bausparkasse, dachte sie, das muss ich auseinander reißen. Das hier werde ich zerstören. Fünfzig Meter weiter fand sie zwischen zwei Autos eine Parklücke und hielt.
    Warten. Ich habe das Warten so verdammt gut gelernt. Als ich jung war … da habe ich die Leute mit meiner Ungeduld in den Wahnsinn getrieben.
    Der Wagen stand wie beim letzten Mal in der Auffahrt. Hatte er den Bus genommen? Oder hatte sie ihn gefahren? Sie musste sich mit seinem täglichen Verhaltensmuster vertraut machen, musste sich darüber informieren, wie damals, als er noch in Asker wohnte.
    Der gelbe Bus fuhr auf dem Weg zum Aussichtspunkt und zur Wendestelle an ihr vorbei. Jetzt sah sie, dass es nur zwanzig Meter unterhalb des Hauses eine Haltestelle gab. Es stimmte also. Er war ein moderner Mann, ohne Sinn für Pausenbrote, er aß mittags auswärts, gerne zu einem Glas Wein, oder mehreren. Wo? Vielleicht im Fønix. Leicht zu überprüfen.
    Sie wartete eine

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