Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
ich hier einfach hereinplatze, aber ich brauche dringend ein paar Informationen von Ihnen.«
»Die Kripo?«
»Hmm.«
»Möchten Sie einen Wodka?«
Er lehnte dankend ab.
»Ist auch gut gekühlt.«
Gertrude Pranowski nahm die Flasche aus einem Eisbehälter und schenkte sich randvoll ein.
»Verraten Sie der Heimleitung bitte nichts von meiner kleinen Schwäche. Hochprozentiges ist eigentlich nicht gestattet.«
Trojan zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu ihr.
Sie deutete auf den Bildschirm ihres Laptops. »Kennen Sie dieses Ballerspiel? Ist eigentlich ganz nett, man muss die Aliens abknallen, diese eklig schleimigen Viecher da. Ich bin schon im fünften Level angelangt. Irgendwie muss man sich den Aufenthalt hier ja erträglich machen.«
Trojan betrachtete kurz die außerirdische Kampfmaschine auf dem computeranimierten Schlachtfeld. Merkwürdiger Zeitvertreib für eine alte Dame, dachte er.
»Hören Sie, eine junge Frau ist verschleppt worden, und wir haben den Verdacht, dass der Täter jemand aus dem Umfeld des verstorbenen Karl Junker ist. Sie waren doch mal seine Nachbarin, stimmt’s?«
Sie wiegte den Kopf.
»Karl Junker?«
»Ja.«
Sie wandte sich wieder ihrem Computerspiel zu, hämmerte auf die Tasten ein.
»Erinnern Sie sich an ihn?«
»Der Junker, ja, das war ein komischer Kerl.«
Es gab eine Detonation, ein Höllenwesen jaulte auf.
Trojan klappte den Laptop zu.
»Oh, jetzt bin ich aber tot.«
»Antworten Sie bitte auf meine Fragen!«
Sie blickte ihn zerstreut an.
»Was wollen Sie wissen?«
»Bekam er regelmäßig Besuch? Konnten Sie irgendetwas Verdächtiges beobachten?«
Sie schmatzte mit ihrem künstlichen Gebiss.
»Also, das regt mich ja heute noch auf, wenn ich an diese Geschichte von damals denke. Er hatte doch diese junge Frau in seinem Keller.«
»Ja.«
»Der Junker war zwar ziemlich verschroben, aber das hätte ich ihm dann doch nicht zugetraut.«
Sie nahm einen Schluck Wodka.
»Als mir meine Tochter davon erzählt hat, war es wie ein Schock für mich. Gleich nebenan, Tür an Tür mit einem Unhold. Ich wohnte ja schon hier im Heim, als es passierte, aber meine Tochter –. Mein Gott, die Arme war vielleicht fertig mit ihren Nerven!«
Trojan bemühte sich um Beherrschung, die alte Dame war einfach zu redselig, wahrscheinlich ließ man sie zu oft allein.
»Zurück zu meiner Frage, kam zu Karl Junker gelegentlich jemand ins Haus?«
»Eigentlich nicht. Er lebte sehr zurückgezogen.«
»Waren Sie selbst einmal dort?«
»Nein, wo denken Sie hin! Zu dem Junker hätte ich mich niemals auf die Couch getraut.«
Sie beugte sich zu ihm und senkte die Stimme.
»Aber wissen Sie was, ich war auf seiner Beerdigung.«
Ein strahlendes Lächeln zog über ihre Lippen.
»Ich liebe es, auf Beerdigungen zu gehen.«
Hier komme ich auch nicht weiter, dachte Trojan, es ist zwecklos.
»Seitdem mein Gatte den Löffel abgeben hat, ist das zu einer Art Hobby von mir geworden. Es gibt ja so wunderschöne Friedhöfe in Berlin.«
Er seufzte.
»Und ich hab immer meine Kamera dabei, wenn mal wieder jemand unter die Erde kommt.« Sie legte die Hand auf seinen Unterarm. »Was mögen Sie lieber, Urne oder Sarg?«
»Bitte, Frau Pranowski –.«
»Ich persönlich mag die Särge lieber. Irgendwie feierlicher, finden Sie nicht?«
Er sah sie bloß an.
»Warten Sie, ich hab auch von Junkers Grab ein Foto gemacht.«
Sie erhob sich umständlich, zuckelte ihren Rollator heran und schlurfte, auf ihn gestützt, hinüber zur Schrankwand.
»Ich hab mir gedacht, nun gut, wenn er wirklich dieses Verbrechen begangen haben sollte und ein«, sie drehte sich zu ihm um und ließ das Wort genüsslich auf der Zunge zergehen, »Sexgangster ist, dann war sein tödlicher Autounfall die gerechte Strafe für ihn.«
Sie nahm eine Schatulle aus einer Schublade und kam zum Tisch zurück.
»Ich habe Fotos von den Gräbern meiner beiden Schwestern, meines Schwagers, eines Vetters zweiten Grades, einer ehemaligen Arbeitskollegin, natürlich auch von meinem Gatten, damit hat ja alles angefangen. Neulich war ich bei der Beisetzung meiner Zimmernachbarin.« Sie hob den Kopf. »Ganz schwerer Fall von Herzinsuffizienz, die Gute hatte Beine, so dick wie Kanonenrohre. Die Pfleger holen die Todkranken vorher ab, wissen Sie, damit uns das nicht zu sehr aufgeregt. Ich war sogar bei dem Kerl unten im zweiten Stock, Magenkrebs, das war vielleicht ein blasierter Affe, aber sein Begräbnis konnte ich mir nicht entgehen
Weitere Kostenlose Bücher