Die purpurnen Flüsse
auf ei n Nebenglei s gerückt ; dennoc h wollt e Niéman s kein e einzige Schien e de r Ermittlunge n aufgeben.
»Di e Krip o überprüf t di e Bücher , di e vo n de n Studenten ausgeliehe n wurden« , erklärt e er . Barne s ho b di e Schultern.
»Ach so … Dafü r sin d wi r nich t zuständig , d a müsse n Si e Joisneau frage n …«
»W o is t er?«
»Kein e Ahnung.«
Niéman s wählt e di e Handy-Numme r de s Leutnants . Keine Antwort : abgeschaltet . »Un d Vermont? « fragt e e r mißmutig.
»Imme r noc h mi t seine r Trupp e i m Gebirge . Si e klapper n die Berghütte n ab . Meh r den n j e …«
Niéman s seufzte . »Si e müsse n i n Grenobl e neu e Leut e anfordern. Ic h wil l weiter e fünfzi g Männer . Mindestens . Si e solle n ihr e Suche au f de n Vallernes-Gletsche r un d di e Seilbahnstreck e ausdehnen , die z u ih m hinaufführt . Si e solle n de n ganze n Ber g durchkämmen , bis zu m Gipfel.«
»Ic h kümmer e mic h darum.«
»Wi e viel e Straßensperren?«
»Acht . Di e Mautstatio n au f de r Autobahn . Di e beiden Nationalstraße n un d fün f Landstraßen . Guerno n steh t unte r strengster Aufsicht . Abe r wi e ic h Ihne n scho n sagt e … « Niéman s starrte Barne s fes t an . »Capitaine , wi r habe n bi s jetz t nu r ein e einzige Gewißheit : De r Mörde r is t ei n erfahrene r Alpinist . Verhöre n Sie sämtlich e Personen , di e fähi g sind , sic h au f un d i n Gletscher n zu bewegen , i n Guerno n un d i n de r Umgebung.«
»Da s wir d abe r ziemlic h mühsam . Di e Klettere i is t hie r der Lokalsport , e s gib t kau m jemanden , de r sic h i n de n Berge n nicht auskenn t …«
»Ic h sprech e vo n eine m Experten , Barnes , eine m Profi , der imstand e ist , sic h mi t eine r Leich e au f de m Rücke n dreißi g Mete r tief i n ein e Gletscherspalt e abzuseilen . Dami t hab e ic h scho n Joisneau beauftragt . Finde n Si e ih n un d stelle n Si e fest , wi e wei t e r ist.« Barne s neigt e de n Kopf . »Jawohl . Trotzde m mu ß ic h Si e darauf aufmerksa m machen , da ß wi r ei n Vol k vo n Bergsteiger n sind . In jede m Dorf , i n jede m Weiler , au f jede m Felsmassi v werde n Sie erfahren e Alpiniste n finden . Da s is t ein e Traditio n be i uns : I n unserer Regio n gib t e s imme r noc h Kristallschleife r un d Berghirte n … Sie all e habe n sic h di e Lieb e z u de n Berge n bewahrt . Eigentlic h sin d nur di e Leut e vo n Guernon , de r Universitätsstadt , vo n de r Bergsteigerei abgekommen.«
»Wa s wolle n Si e dami t sagen?«
»Ic h wil l Ihne n nu r klarmachen , da ß ma n di e Such e erheblich erweiter n muß . Au f sämtlich e Bergdörfer . Un d da s wir d un s Tage kosten.«
»Forder n Si e noc h meh r Verstärkun g an . Richte n Si e i n jedem Marktflecke n eine n Stützpunk t ein . Überprüfe n Si e Entfernungen, Ausrüstunge n un d finde n Si e heraus , wa s di e Leut e i n de r fraglichen Zei t geta n haben . Bringe n Si e mi r ei n paa r Verdächtige , i n Gottes Namen!«
De r Kommissa r öffnet e di e Tü r un d sagt e abschließend : »Bringen
Si e mi r di e Mutte r her.«
»Welch e Mutter?«
»Di e Mutte r vo n Philipp e Sertys . Ic h wil l mi t ih r reden.«
26
Niéman s gin g hinunte r in s Erdgeschoß . De r Gendarmerieposten sa h au s wi e jed e ander e Polizeidienststell e i n Frankreic h und wahrscheinlic h au f de r ganze n Welt . Durc h di e Glasscheibe n i n den Zwischenwände n sa h Niéman s eisern e Aktenschränke , Schreibtische mi t Plastiküberzug , schmutzige s Linoleu m mi t Brandlöchern . Diese farblosen , neonbeleuchtete n Büroräum e gefiele n ihm . Wei l si e auf di e wahr e Natu r seine r Arbei t verwiesen : Ei n Polizis t gehör t au f die Straße , in s Freie . Dies e trostlose n Räum e ware n nu r da s Vorzimmer zu r eigentliche n Berufung , ih r graue r Vorhof , au s de m ma n mit heulende n Sirene n aufbricht . I n de m Augenblic k sa h e r si e i m Flur sitzen . Si e tru g eine n marineblaue n Gendarmenpullove r un d u m die Schulter n ein e Biwakdecke . I m Bruchtei l eine r Sekund e wa r er wiede r Gefangene r de s Gletschers , wa r nebe n ih r un d spürt e ihren warme n Ate m i m Nacken.
Hal b au s Nervosität , hal b au s Koketteri e rückt e e r sein e Brille zurecht . »Wies o sin d Si e nich t nac h Haus e gegangen? « Fanny Ferreir a richtet e ihr e helle n Auge n au f ihn . »Ic h mu ß mein e Aussage unterschreiben« , sagt e sie . »Allmählic h wir d e s zu r Gewohnheit . Bei de r
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