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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Müller
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Knochen. Nun musste er zum Arbeitsamt. Seine Aussichten waren schlecht, eine leitende Stellung würde er nicht wieder bekommen. Wir beratschlagten, ob vielleicht ein Umzug in eine andere Stadt in Frage käme, verwarfen diesen Gedanken aber wieder. „Eigentlich bin ich ja auch Steuerberater,“ sagte Kurti,
    „obwohl das nicht so sehr meinen Neigungen entspricht. Aber wer weiß, wann ich wieder eine Stelle bekomme. Und bevor wir am Ende dies hier alles aufgeben und woanders hinziehen müssen....... Wenn ich mich in die neuesten Steuergesetze einarbeite, könnte ich mich selbständig machen.“
    Diese Idee gefiel mir sehr gut. Wir hatten im Souterrain die Einliegerwohnung mit separatem Eingang, die wir nie vermietet hatten. Das würde ein geeignetes Büro sein. Natürlich wollten wir die Arbeitslosenunterstützung ausnutzen. Der Sachbearbeiter beim Arbeitsamt hatte geraten, Kurti möge sich doch am Computer weiterbilden. Die Mittel für dieses Jahr waren verbraucht, aber ab Januar könne er noch an einem dreomonatigen Kurs teilnehmen.
    „Nicht, dass ich nicht noch etwas lernen könnte,“ meinte Kurti, „aber am Computer kenne ich mich nun wirklich aus. Tja, wenn er meint, es verlängert schließlich meinen Anspruch. Der Sozialstaat gießt seine Wohltaten über Gerechte und Ungerechte.
     
    Ich beschloss, mich um eine Halbtagsstelle in der Klinik zu bewerben, und dieses Mal hatte ich Glück. Ich konnte in der Kardiologie anfangen. Moppel ging vor mittags in den Kindergarten, Kurti konnte ihn hinbringen und abholen, nachmittags war ich wieder da, und Kurti konnte lernen. Im Bekanntenkreis begann er mit seiner Steuerberatung, allerdings ließ er sich sein Honorar „schwarz“ bezahlen. Schließlich wollte er seine „Stütze“ nicht aufs Spiel setzen. Er erhielt von Zeit zu Zeit Stellenangebote und musste sich vorstellen. Aber es wurden junge preiswerte Mitarbeiter gesucht. Kurti war für die angebotenen Stellen überqualifiziert, was im Klartext „zu alt“ bedeutete. Eines Tages, gab es jedoch ein vielversprechendes Angebot einer großen Kanzlei, und Kurti war völlig überrascht, dass einer der Mitinhaber ein alter Studienkollege war. Sie gingen miteinander essen, und es wurde vereinbart, dass Kurti als freier Mitarbeiter Aufträge von der Kanzlei erhalten solle, die ohne Rechnung bar vergütet würden. Auf die Art und Weise konnte auch Kurti seine volle Arbeitslosenunterstützung in Anspruch nehmen. Ich verdiente, Kurti hatte unversteuerte Einnahmen, es ging uns bestens. Dann meldete Kurti sein Gewerbe an. Die Mitarbeit in der Kanzlei wurde in gewohnter Weise weitergeführt, denn es galt, Steuern und Krankenversicherungs-Beiträge zu sparen. So fummelten wir uns durch.
     
    „Eigentlich sind wir kriminell,“ gab ich zu bedenken.
    „Kriminell?“ fragte Kurti.
    „Wer bestimmt das? Der Staat, der in unverantwortlicher Weise die sauerverdienten Gelder der Steuerzahler verbrät? Das ist reine Notwehr. Und wieso soll ich höhere Krankenkassenbeiträge bezahlen und dafür keine bessere Versorgung haben? Ein Arbeiter mit vier Kindern und einer Ehefrau zahlt weniger als ich und bekommt für seine ganze Familie denselben Versicherungsschutz. Scheißsolidaritätsprinzip! Wenn ich nach vielen Studien- und Ausbildungsjahren ein paar Mark mehr verdiene als jemand, der mit 15 Jahren eine Lehre macht und mit 18 schon verdient, werde ich durch die Progression dafür bestraft, dass ich strebsam bin. Nein, ich streike!“
     
    Inzwischen war Moppel 10 Jahre alt geworden und wollte ab sofort Moritz heißen. Sein Wechsel ins Gymnasium stand bevor. Ein zweites Kind war uns nach meiner Erkrankung trotz eifrigen Bemühens nicht mehr gelungen.  Kurtis Praxis lief bestens, und ich überlegte mir, ob ich bald aus dem Berufsleben ausscheiden sollte, denn von meinem Gehalt blieb durch die Steuer und eine eigene Krankenversicherung fast nichts übrig. Ich hatte die sogenannte „Halbbelegung“, was immer das heißen möge, in der Rentenversicherung erreicht. Ich war jetzt 43 Jahre alt und konnte dann mit 60 in Rente gehen. Das sollte mir aber nicht mehr vergönnt sein. Denn während ich noch schwankte, was ich tun solle, denn schließlich liebte ich meinen Job und den Kontakt zu den anderen, hatte mich das Schicksal bereits am Haken.
     
    Als ich eines Morgens  auf die Station kam, lag eine seltsame Unruhe in der Luft. Gerade sah ich, wie ein Sofa in unser einziges Vierbettzimmer geschleift wurde. Schwester Brigitte kam mir

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