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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Müller
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nichts mehr erzählen; ich hatte eine große Scheu, ihm überhaupt etwas zu sagen. Kurti würde es wehtun und ich wollte nicht, dass dieser Mensch sich jemals wieder zwischen uns drängte. Die halbe Nacht lag ich wach. Mal sah ich den jugendlichen Jochen vor mir, charmant und witzig, dann den todkranken Mark, dann das Wrack im Krankenhausbett, das einmal Jochen gewesen war.
     
    Bedrückt ging ich am nächsten Morgen zur Arbeit. Als ich an 324 vorbeikam, krampfte sich mein Magen zusammen. Frau Fischer hatte gebeten, dass nicht jede Schwester und jeder Pfleger das Zimmer betreten möge. Ihr Mann brauche in seinem Zustand bekannte Gesichter um sich herum. Er könne sich nicht jeden Tag an neue gewöhnen. Sie erwarte daher, dass ausschließlich die Oberschwester sich um ihn kümmere, und wenn die unabkömmlich sei, dann höchstens noch eine andere kompetente Person, aber nicht die, die gestern gekommen sei, als ihr Mann einen Kollaps hatte.
    „Gott sei dank!“ dachte ich.
    Ich würde es auch nicht überstehen, wenn ich noch einmal da herein müsste.
     
    Gegen 10.00 Uhr sah ich, wie Andrea Fischer die Station verließ. Ihrem Mann ging es angeblich nach der gestrigen Attacke wieder besser. Brigitte traf mich auf dem Flur.
    „Du sollst nach 324 kommen,“ sagte sie. Als ich un gläubig guckte, fügte sie grinsend hinzu, „Die Alte ist nicht da.“
    Ich zögerte. Musste ich da rein? Was wollte er von mir? Ich sollte einfach nicht hingehen, schließlich gab es genaue Anweisun gen, wer das Zimmer betreten dürfe. Aber ganz mechanisch war ich bereits auf die Tür zugegangen. Ich öffnete. Der Kopfteil des Bettes war hochgestellt. Jochen saß und blickte mich neugierig an. Die Sonde aus der Nase war entfernt, sein Arm hing noch am Tropf. Ich erschrak über das verlebte faltige Gesicht und den gemeinen Zug um den Mund. Er betrachtete mich belustigt. Ich ging auf das Bett zu und umfasste am Fußende das Bettgestell.
    „Nun,“ fragte ich, „irgendein Mordauftrag für mich?“
    Für einen Moment flackerten seine Augenlieder.
    „Mark?“ fragte er.
    Ich antwortete nicht und zwang mich, seinen eiskalten Blick auszuhalten.
    „Wie wirst Du es machen?“ fragte er nach einer Weile.
    „Wie werde ich was machen?“
    Er lachte kurz auf.
    „Wie wirst Du mich umbringen?“
    Ich sah ihn sprach- und verständnislos an.
    „Rosemarie Krause,“ fuhr er herablassend fort,
    „Du willst mir doch nicht erzählen, dass Du noch nicht daran gedacht hast. Du hast mit Sicherheit einen Plan.“
    „Schon vergessen, Du bist der Mörder,“ gab ich zurück.
    Eine Weile schwieg er, aber ich sagte nichts weiter, sondern zwang mich, diesen Blick zu ertragen. Dann nickte er langsam.
    „Ja, Du wirst mich umbringen,“ meinte er versonnen.
    Er schien es zu sich selbst zu sagen, und dann mit plötzlich veränderter Stimme und bösem Blitzen in den Augen:
    „Aber ich werde Dich holen, denn ich habe schon immer mit Dir in der Hölle schmoren wollen. Du wolltest mir doch überall hin folgen. Ich schwöre Dir, das Versprechen wirst Du halten. Du entkommst mir nicht.“
    Ich trat erschrocken ein paar Schritte zurück. Die Wucht seines Angriffs traf mich völlig unerwartet. Dann drehte ich mich um und lief entsetzt aus dem Zimmer.
     
    Als ich die Zimmertür hinter mir zugemacht hatte, glaubte ich einen Moment lang, das Bewusstsein zu verlieren. Ich riss mich zusammen und schleppte mich zitternd ins Bade zimmer. Dort drehte ich einen Wasserhahn auf, ließ das Wasser in die hohle Hand laufen und trank hastig. Dann feuchtete ich ein Handtuch an, setzte mich auf die Toilette, stützte die Ellbogen auf meine Knie und presste mir das Tuch ins Gesicht.
    „Wie wirst Du es tun, wie wirst Du es tun?“ hämmerte es pausenlos in meinem Kopf.
    Hatte ich denn je darüber nachgedacht, Jochen umzubringen? Wusste er mehr von meinen Gedanken als ich selbst? Mir fiel seine Fähigkeit ein, sich so in andere Menschen hineinzuversetzen, dass er ihr Denken und Handeln voraussah. Stimmte das wirklich? Mir wurde plötzlich klar, dass er die Menschen so manipulierte, dass sie taten, was er dachte. Aber warum sollte er mich denn dazu bringen, dass ich ihn umbrachte? Ich verstand das nicht, und das versetzte mich in Panik. Wenn er aber nun derjenige wäre, der einen Schock erlitten hatte, als er mich erkannte? Hatte er ein so schlechtes Gewissen, dass er sich vor mir fürchtete, und wollte er mich mit seiner gehässigen Attacke einschüchtern? Ich war sicher, das war´s.

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