Die Qualen der Sophora
wichtig, welchen Platz du in der Riege einnimmst, solange du alles
Menschenmögliche tust, um deine Aufgaben zu erfüllen? Vielleicht musste ich der
Stolperstein sein, der dich zu Fall bringt… Du wärest nicht der Erste, den ich
auf den richtigen Weg zurückbringen musste. Aber der Erste der Immaculate. Ich
dachte nicht, dass es in diesen Kreisen auch passieren würde… Jedenfalls nicht
bevor ich…“
Nico sprach das Wort nicht aus. Umwandlung.
Sie lächelte traurig und strich zärtlich über den
Schwung seiner Wange, um dann mit der Spitze ihres Zeigefingers die kleine
Furche in seinem Kinn nachzufahren. Früher hatte man gesagt, dass dies der
Abdruck eines göttlichen Daumens und das Kind damit besonders gesegnet wäre.
Sie zog die Hand zurück und verschränkte die Hände in ihrem Schoß. Sie kniete
auf dem Bett wie er vor dem Boden und konnte nicht anders, als sein Gesicht
voller Liebe zu betrachten, die niemand zum Erlöschen bringen würde. Sie würde
vielleicht einschlafen, um nicht mehr so weh zu tun, aber sie würde immer ein
Teil ihres Herzens bleiben.
„Du hast Recht, ich wollte nicht wirklich davon
laufen… Jedenfalls nicht meinetwegen. Ich dachte… Du wärest gestorben. Ich
hatte am Freitag eine Vision… Ich wollte nicht mehr dafür verantwortlich sein,
dich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ich kann meine Gefühle für dich nicht
verleugnen, sie würden immer wieder durchbrechen, solange wir uns zwangsläufig
sehen… Ich kann solche Dinge nicht verbergen, egal wie sehr ich mich darum
bemühe. Ich wollte einfach, dass du sicher bist und so frei, wie du es dir
gewünscht hast. Ich habe es nicht ganz verstanden und verstehe es immer noch
nicht, aber etwas an mir schien dich zu provozieren...“
Nico nahm einen tiefen Atemzug und suchte nach den richtigen Worten. Dieses
Gespräch kostete sie sehr viel Überwindung, aber sie konnte auf keinen Fall
einfach akzeptieren, was er gesagt hatte. Nicht nach allem, was passiert war.
„Wenn das von deiner Seite aus eine Wiedergutmachung
sein soll, dann kann ich das nicht annehmen! Ich verstehe, dass du dich
entschuldigen möchtest, dazu ist nicht nötig, dein Leben in eine Richtung zu
zwingen, die du nicht wünschen kannst. Für Catalina, Romana und Awendela gab es
Prophezeiungen, die ihre Verbindungen betrafen… Niemand hat dich an meiner
Seite gesehen. Nicht einmal ich selbst, obwohl ich dich ganz am Anfang kurz
gesehen habe… Es war aber nur ein Bild von dem Krieger in Montur. Kein Hinweis
darauf, dass du für mich bestimmt bist… Auch wenn ich es gern so gesehen hätte.
Ich habe noch etwas anderes….jemand anderes gesehen…“
Nico senkte den Blick auf ihre Hände, weil sie nicht sehen wollte, wie die
Erleichterung ihn erfasste, dass sie ihn frei gab. Frei von seiner Schuld und
von seinen wahrscheinlich unbedacht ausgesprochenen Worte.
„Das war am Freitag nach der Besprechung… Ich war zu
durcheinander, um wirklich viel zu erkennen, aber ich sah ihr Gesicht. Ich weiß
nicht genau, wie ich es beschreiben soll… Sie sah aus wie ein Engel…
Wunderschön. Blonde Locken rahmten ein Gesicht ein, das einen unglaublich
traurigen Ausdruck hatte. Das einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann, ist,
dass ich spürte, dass sie zu dir gehört. Dann hat sich die Vision auch schon in
Nebel aufgelöst.“
So wie meine Hoffnungen, doch endlich...
Nein, keine solchen Gedanken mehr. Sie musste auf die Tatsachen hören und sich
nicht von Wünschen, Hoffnungen und Bildern in die Irre führen lassen. Sie
sollte auf seine Worte lauschen und seine Entscheidung mit Fassung tragen. Sie
hätte schon viel früher offen zu ihm sprechen sollen, dann hätte er diesen Hieb
nicht erdulden müssen. Für sie stand immer noch fest, dass er unnötig grausam
gewesen war. Gefühle konnte man nicht erzwingen, auch nicht mit Gewalt.
„Valerie war meine Frau.“
Damon wusste selbst nicht genau, warum er das gleich offen zugab. Nico hatte
wohl ein Recht darauf, zu wissen, wer sie war und dass es sie noch immer gab,
wenngleich nicht mehr in seiner Nähe und schon gar nicht in einer Beziehung mit
ihm.
„Sie war die erste und einzige Frau, bei der ich je den Versuch gemacht habe,
sie umzuwandeln. Es gelang mir nicht. Mein Vater hat sie gerettet. Ich hatte zu
viel von ihrem Blut in mir, das meines verseucht hat.“
Sein Blick wurde traurig und es erforderte einiges,
Nico standzuhalten und sich nicht schon wieder zu entziehen.
„Sie war sehr krank. Ich wollte sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher