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Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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schrecklich für euch beide
ausgegangen!“
    Nico meinte das ernst. Selbst wenn sie einen leisen Stich
der Unsicherheit im Herzen spürte, weil sie nicht glauben konnte, für Damon
attraktiv genug zu sein. Er hatte selbst gesagt, dass es ihr Blut gewesen war,
das ihn an ihr angezogen hatte. Er hatte gut reden. Sie konnte nicht einfach
hingehen und ihre Vorzüge hervorheben, das passte eben nicht zu ihr. Sie hatte
Bescheidenheit und Keuschheit gelobt… Und es war ihr nie schwer gefallen.
    Sie lief zum Fenster, das leicht offen stand und
stellte sich in den warmen Sonnenschein, den sie bisher nie bewusst gesucht
hatte. Aber nun wurde ihr schmerzhaft klar, was Lost Souls aufgaben, wenn sie
wiedergeboren wurden. Sie waren Kinder der Nacht. Verdammt in ewiger
Finsternis. Nico ließ den Kopf traurig hängen, weil sie daran denken musste,
dass nicht nur Valerie dieses Leben nicht hatte annehmen wollen sondern
vielleicht auch ihr Vater. Sie kamen von einer sonnigen Insel und hatten später
im Sonnenstaat Florida gelebt.
Was hatte sie ihm nur angetan? Nur weil ihre Mutter und ihr Vater sie hatten
auf die Welt kommen lassen, war dieses Unglück passiert. Das war eine Tatsache,
die man nicht verleugnen konnte. Heiße Tränen liefen über ihre Wangen. Ihre
Eltern hatten sie vollen Herzens angenommen. Und Babu liebte sie wie seine
eigene Tochter. Er hatte sie niemals spüren lassen, dass er seine Entscheidung
vielleicht bedauerte. Nicht ein einziges Mal.
     
    Hitze schoss bei ihrer Berührung seiner Schulter durch
seinen gesamten Körper. Mit groß gewordenen Augen starrte Damon zu Nico auf, um
gleich darauf wieder fortzublicken, weil die Hitze seine Wangen erreichte und
er sich geradezu danach verzehrte, sie in seine Arme zu schließen.
    „Es muss dir nicht leid tun.“ Damon folgte ihren
Schritten zum Fenster mit seinem Blick.
Nico wieder auf den Beinen zu sehen, beruhigte ihn ungemein. Um Valerie musste
sie sich nicht sorgen. Die Lost Soul hatte ihren Platz in der Gesellschaft der
Immaculates gefunden, indem sie deren Kinder unterrichtete. Die Kinder der
Krieger weltweit im Besonderen. Wer wusste schon, ob nicht in einem von ihnen
die zukünftige Generation schlummerte und das erforderte eine besondere
Ausbildung von klein auf. Verloren war Valerie auch nicht. Genauso wenig wie
allein. Unter den Lost Souls genoss sie erhebliches Ansehen, da sie wie so
viele ihr Leid und Schicksal gemeistert hatte, ohne sich davon unterkriegen zu
lassen. Alles war gut so, wie es war. Doch Nico hatte Recht, einfach war es
nicht gewesen.
Er bedauerte nicht, wie die Beziehung zwischen ihm und Valerie ausgegangen war.
Es hätte wahrscheinlich nicht einmal gehalten, wenn sie eine Immaculate gewesen
wäre. Solange er ihr nachgab, waren die Unterschiede zwischen ihnen kaum
merklich oder gravierend gewesen, aber die Nacht, in der er den Aryaner getötet
und sie ihm heimlich dabei zugesehen hatte und es offensichtlich war, dass sie
ihn wohl selbst dann nicht verstand, wenn er sich erklärte, hatte den
Schlussakt eingeläutet.
     
    Nico lächelte wehmütig, weil sie es niemals fertig
bringen würde, nicht mit
jemandem mitzuempfinden, der ein hartes Schicksal erfahren hatte. Das war kein
Mitleid. Vielmehr eine Art Einfühlungsvermögen, die manchmal sogar bis zur
Selbsterfahrung reichte. Nur deswegen konnte sie anderen beratend zur Seite
stehen, obwohl sie selbst eigentlich nur auf der Sonnenseite des Lebens
gestanden hatte.
Ihre Visionen bedeuteten nicht nur zu sehen, sie fühlte sie auch. Schmerzen,
Freude, Qualen, Tränen, Unglück, Erlösung…
    Für ihren Vater war es trotz aller spiritueller
Erfahrung ein ziemlicher Schock gewesen, als er feststellen musste, dass sein
kleines Mädchen die Kommunikation mit Geistern beherrschte und das mit kaum
drei Jahren.
Sie hatte keine Angst vor dem Tod, dafür hatte sie zu viele Seelen auf dem Weg
der Erlösung begleitet. Wenn Dinge noch unverrichtet wären, dann vielleicht.
Damon verlassen zu müssen, ohne die Dinge zwischen ihnen geklärt zu wissen,
wäre unerträglich gewesen.
    „Ich fühle mich nicht bedrängt… Du wirst mich nicht
ändern können, Damon. Selbst wenn ich in den Augen der Immaculate noch sehr
jung bin, ist mein Charakter gefestigt. Vielleicht schaffe ich es irgendwann,
mich selbst mit den Augen der anderen zu sehen. Es fällt mir nur gerade schwer…
Ich… habe euch alle gern, ich tue nichts, um irgendwie besser da zu stehen. Ich
sollte Sterlings Worte vielleicht nicht ernst nehmen, aber

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