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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Mädchen in engen Shorts kam an den Tisch, verteilte Tassen und Untertassen und goß Kaffee ein wie einer, der Beton gießt. Dann knallte sie die Kaffeekanne auf den Tisch, für den Fall, daß noch jemand nachnehmen wollte, und ging Zucker holen. Aber Schwartz kam bereits mit einer Zuckerschale, die er vor Cullinane hinstellte.
    »Die Amerikaner wollen ja alles süß haben«, lächelte er. Aber Cullinane konnte nur auf Schwartz’ linkes Handgelenk starren: Dort war blau S-13741 eintätowiert, die Nummer eines KZ-Häftlings. »Muttermal«, sagte Schwartz. »Sie sprechen wie ein Amerikaner.«
    »Nach dem Krieg habe ich es in Boston versucht, aber dann bin ich hierher: Mitkämpfen.«
    »Haben Sie Ihren Namen in Boston bekommen?« fragte Cullinane. Schwartz war sprachlos. »Wie haben Sie das erraten? Die Familie, bei der ich lebte, hieß so. Nette Leute, aber sie hatten keine Ahnung. Ich wollte dahin, wo gekämpft wurde.«
    Jetzt kam die Dralle mit der Zuckerschale. Sie wollte sie gerade auf den Tisch knallen, als sie sah, daß Schwartz ihr zuvorgekommen war. Also ging sie mit ihrer Schale zu einem anderen Tisch. Cullinane meinte: »Es ist so erfreulich, einmal ein Mädchen zu sehen, das keinen Lippenstift benutzt.«
    »Sie tut’s für die Verteidigung Israels«, sagte Schwartz. »Wieso?«
    »Kein Lippenstift. Keine modernen Tänze.«
    »Für die Verteidigung Israels«, wiederholte Cullinane. »Ja«, knurrte Schwartz. »Fragen Sie sie selbst. Komm mal her, Aviva.« Das stämmige Mädchen kam an den Tisch geschlendert und sagte verächtlich: »Ich bin keine von diesen Salonim.«
    »Salonim«, dolmetschte Schwartz, »sind Salondamen, Modedämchen.«
    »Ich und wir alle haben ein Gelöbnis abgelegt: Nie und nie moderne Tänze.« Sie blickte herausfordernd auf Cullinane und ging fort. Man sah es ihrem Gang an, daß sie Volkstänze liebte. Schwartz folgte ihr.
    »Ich kann bloß hoffen, daß Aviva nicht zu der Gruppe gehören wird, die mit Keramik zu tun hat«, sagte Cullinan nur. »Moment mal«, funkte Frau Dr. Vered Bar-El dazwischen. »Als ich siebzehn war, habe ich das gleiche Versprechen abgelegt. Wir haben damals genau wie Aviva gedacht. Israel brauchte Frauen, die bereit waren, Waffen zu tragen. an der Front zu sterben, wenn es sein mußte. Lippenstift und Modetanz waren nur etwas für die verwöhnten Damen in Frankreich und Amerika.« Sie stellte ihre Kaffeetasse hin. »Ich bin so froh, daß es diesen Geist heute noch gibt.«
    »Aber heute nimmst du einen Lippenstift«, sagte Cullinane leicht zurechtweisend. »Ich bin älter geworden«, sagte Frau Vered, »und heute kämpfe ich in anderen Schlachten für Israel.«
    Das war eine seltsame Bemerkung. Cullinane hielt es für geraten, jetzt nicht näher darauf einzugehen. »Ich denke, wir sollten zu unserer Besprechung gehen«, schlug er vor. Die vier Forscher wanderten den Weg zurück zu dem Steinhaus mit den Rundbögen, das nun ihr Hauptquartier war. Kurz davor blickte Cullinane zufällig nach Süden, und da sah er zum erstenmal die Ölbäume von Makor. Sie waren unvorstellbar alt, nicht Jahre oder Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte und Jahrtausende, die Stämme knorrig, die Zweige gekrümmt, viele innen ganz hohl. Das Alter hatte ihr Kernholz aufgezehrt und nur eine brüchige Hülle stehenlassen, die aber ausreichte, die bizarren Arme des Baumes am Leben zu erhalten. Im Spätfrühling waren sie mit graugrünen Blättern geschmückt. Wenn der
    Wind die alte Straße entlangfuhr, raschelten die Blätter und ließen die Farbe des Olivenhains von Grün zu Grau wechseln, manchmal auch in einem Zwischenton aufschimmern. Cullinane hatte schon früher Ölbäume gesehen, niemals aber einen Hain wie diesen. Als er gerade das Haus betreten wollte, hatte er das Gefühl, von einer unsichtbaren Hand festgehalten zu werden. Er überquerte den Weg, um einen besonders auffallenden Baum zu betrachten - einen wahren Patriarchen. Sein Stamm war nur noch eine Schale, durch die man in alle Himmelsrichtungen blicken konnte. Die wenigen Zweige waren beladen mit reifen Oliven. Hier, unter diesem uralten Zeugen vergangener Zeiten, fühlte John Cullinane sich dem Geheimnis um den Tell Makor ganz nahe. Angesichts dieses erhabenen Baumes erfüllte ihn Demut - genau das rechte Empfinden für die Arbeit, die ihm bevor stand. Schweigend begab er sich in den Raum, in dem sich seine Mitarbeiter und ihre neunzehn Helfer aus aller Welt versammelt hatten. Sie waren auf eine Anzeige hin gekommen, die er in

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