Die Quelle
in sechs ärgerlich unklare Abschnitte gliedern. Alte hebräische Quellen erwähnen es nur einmal anläßlich der Landzuteilung an die zwölf Stämme. Makor erscheint hier als eine Stadt ohne jede Bedeutung, an der Grenze zwischen dem Gebiet von Asser, das am Meer lag, und dem von Naphtali landeinwärts. Es war nie eine Hauptstadt wie Hazor, nicht einmal eine Bezirksstadt wie Megiddo. Dann gibt es in den in Ägypten gefundenen Amarna-Briefen, die bis auf etwa 1400 v. Chr. zurückgehen, einen Hinweis: >Auf meinem Bauche kriechend, mein Haupt mit der Asche der Schande beladen, meine Augen von deiner göttlichen Erscheinung abgewendet, tue ich siebenmal sieben Male Abbitte und berichte dem König des Himmels und des Nils: Makor wurde verbrannt.< Ein Kommentar zu Flavius Josephus enthält eine dunkle Stelle: Jüdischer Überlieferung zufolge ist Josephus bei Nacht aus Makor entwichen.< In einem berühmten Kommentar zum Talmud finden wir eine ganze Reihe vergnüglicher Aussprüche des Rabbi Ascher, des Grützenmachers, der das tägliche Leben in dieser Landschaft hier beschreibt. In den nächsten siebenhundert Jahren herrscht Schweigen, mit Ausnahme eines kurzen Satzes im Bericht eines arabischen Händlers, der aus Damaskus schrieb: >Und viel Gewinn aus den Oliven von Makor. < Die Haine, die wir drüben auf der andern Seite der Straße sehen, können mehrere Tausend Jahre alt sein. Während der Zeit der Kreuzzüge stoßen wir dann aber auf ausführlichere Hinweise. Ich hoffe sehr, daß Sie alle die Chronik des Wezel von Trier lesen werden. Sie finden drei Fotokopien in der Bibliothek. Kurz gesagt, Wezel berichtet, daß Makor im Jahre 1099 von den Kreuzrittern eingenommen wurde und etwa zweihundert Jahre lang der Sitz mehrerer Grafen Volkmar von
Gretsch war. Wir sind überzeugt, daß wir in der entsprechenden Schicht einiges von Bedeutung finden werden. Nach 1291, als Makor von den Mamelucken gestürmt wurde, verschwindet die Stätte aus der Geschichte. Nicht einmal Händler erwähnen sie; wir müssen annehmen, daß sie aufgegeben worden ist. Von der untersten Schicht des Tell, soweit wir sie identifizieren können, bis oben sind es jedoch über zwanzig Meter. Wir dürfen mit Recht vermuten, daß in dieser enormen Schuttartsammlung vieles Wichtige verborgen liegt. John wird Ihnen nun erklären, was wir zu tun haben.«
»Bevor er damit beginnt«, unterbrach der englische Fotograf, »was bedeutet der Name Makor?«
»Ach«, sagte Tabari, »es ist ein altes hebräisches Wort. Makor, die Quelle.«
»Sagt uns das etwas?« fragte der Engländer.
»Wir haben immer angenommen, daß es sich auf die Versorgung mit Wasser bezieht«, antwortete Tabari. »Es gibt aber keinerlei Hinweis, wo sich das Wasser befunden hat. Falls jemand von Ihnen einen gescheiten Einfall haben sollte, wird uns das freuen.«
»Könnte die Quelle nicht unter dem Tell liegen?« meinte der Kameramann. »Das haben wir uns schon oft gefragt. Jetzt bist du dran, John.« Cullinane heftete eine in großem Maßstab gezeichnete Karte des Tell an die Wandtafel. »Wo soll man anfangen?« fragte er. »Wir werden zwei Gräben ziehen. Es fragt sich nur, wo.« Er betrachtete die Karte eine Weile und wendete sich dann an sein Team. »Jede Ausgrabung hat ihre besonderen Schwierigkeiten. Aber eine wie die unsrige ist mir noch nicht begegnet. Wie Sie wissen, habe ich einige Jahre erfolglos versucht, die Gelder zusammenzubringen. Eines Abends, während eines Essens, erwähnte ich ganz beiläufig, daß in dem Tell, an den ich dächte, auch eine Kreuzritterburg stecken müsse. Der Mann zu meiner Rechten wiederholte: >Eine Burg?< Als ich nickte, sagte er: >Das wäre doch eine großartige Sache, so eine Burg auszugraben.< Ich erklärte ihm vorsichtig, daß mit >Burg< eine Burgruine gemeint sei. Dies faszinierte ihn offenbar nur noch mehr. >Kannst du dir das vorstellen?< fragte er seine Frau. >Eine Burgruine ausgraben!< Bevor die Woche zu Ende ging, hatte er bereits das Geld zur Verfügung gestellt. Dreimal habe ich ihm erklärt, es sei ja gut und schön, daß er sich nur für die Burg interessiere - ich selbst wolle noch viel mehr wissen, das nämlich, was darunter liegt. Ganz bestimmt hat er mir überhaupt nicht zugehört. In Makor also.«
»Hoffentlich finden wir nun auch eine Burg«, meinte Tabari. »Und wenn wir es tun, bin ich sicher, daß wir den Herrn auch mit unserer sonstigen Arbeit bei guter Laune halten werden. Jetzt aber« - er drehte sich zu der Karte -, »wo
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