Die Quelle
er auf die Meißel, Hämmer und Keile, die er zur Vollendung des Stollens brauchte. Der Ladenbesitzer nickte zustimmend. Doch als Wiedehopf die Werkzeuge zusammentrug, ereignete sich ein lustiger Zwischenfall, auf den der Phönizier schon gewartet hatte. Und da Jabaals Anwesenheit auch bei den Inhabern der benachbarten Läden bekannt geworden war, hatten auch die sich für diesen Spaß eingefunden. Eisen war so kostbar, daß man es, sobald es geschmiedet und geschliffen war, mit Tierfett einrieb, um es nicht rosten zu lassen. Jetzt griff Wiedehopf nach dem ersten Stück. Das Fett klebte an seinen Fingern; er zog die Hand zurück und starrte auf die schmierige
Masse. »So ist’s recht«, sagte der Eisenhändler, »es ist vom Schwein.« Schon damals war es den Hebräern verboten, Schweinefleisch zu essen, denn schlimme Erfahrungen hatten sie gelehrt, daß es den Tod bringen konnte, wenn es nicht richtig zubereitet war. Deshalb galt für sie das Tier als unrein. Die Phönizier hingegen und andere Küstenvölker schätzten das schmackhafte Fleisch, und wo immer sie konnten, machten sie sich über die Hebräer und ihre Ablehnung des Schweins lustig, wie es jetzt der Eisenhändler tat.
»Es ist Schweinefett«, wiederholte er. Wiedehopf zuckte zurück. Aber dann sah er auf die Werkzeuge, die so wichtig für ihn waren. Er konnte einfach nicht widerstehen und legte ein Stück zum andern. Seine Hände waren voll Schweinefett. Er rümpfte die Nase und schmierte es wieder auf die Werkzeuge. Lachend sahen die Phönizier zu, aber schließlich packte der Händler selbst mit an und gab Wiedehopf ein Tuch zum Reinigen der Hände.
»Schweinefett hat noch keinem geschadet, der Eisen gern hat«, sagte er. »Ich gebe auf die Ware acht, bis du deine Esel holst.«
Aus dem Eisenladen ging Wiedehopf ins Stadtinnere. Dabei traf er einen Wächter seiner Karawane, der ihm zeigte, wo übernachtet werden sollte. Das war Wiedehopf sehr recht, denn er hatte es mit der Heimkehr nicht sonderlich eilig. Ein vernünftiger Mann allerdings hätte Makor am Morgen verlassen können, wäre in Akcho gegen Mittag angekommen, hätte seine Geschäfte erledigt und wäre bei Anbruch der Dunkelheit wieder zu Hause gewesen. Aber ein Hebräer hatte so selten Gelegenheit, eine phönizische Stadt zu besuchen, daß Wiedehopf beabsichtigte, so lange wie nur möglich zu bleiben.
In der Nähe des Hafens fand er ein Gasthaus. Hier machte er es sich behaglich. Er aß einen ihm unbekannten Fisch und sah mit wachsendem Durst einem ägyptischen Kaufmann zu, den zwei hübsche Mädchen mit Bier versorgten. Einiges von der braunen Flüssigkeit lief dem Mann an den Mundwinkeln herunter; wo sie auf den Tisch rann, bildeten sich Blasen. Diese Blasen weckten Wiedehopfs besondere Aufmerksamkeit: Sie gaben, so schien ihm, das wahre Wesen des Getränks wieder - kräftiges Wasser, verstärkt mit Wein.
Er erinnerte sich jedoch der Warnung, daß Hebräer kein Bier in Akcho trinken durften. So widmete er sich wieder seinem gebackenen Fisch, der jedoch so stark gesalzen war, daß sein Durst immer schlimmer wurde. Zum Unglück kam auch noch ein Aramäer in die Wirtsstube, der Bier bestellte und seinen Krug in vier riesigen Schlucken austrank, worauf er die Neige vor Wiedehopf auf den Steinboden schüttete.
»Sie sieben die Hülsen nicht heraus«, sagte der Aramäer und bestellte einen zweiten Krug.
»Nein, das tun sie nicht«, stimmte Wiedehopf zu, als verstehe er etwas davon. Er hob die Hülse eines Gerstenkorns auf und kostete sie. »Willst du ein Bier?« fragte der Aramäer.
»Ich denke schon«, sagte Wiedehopf, und sofort brachte ihm der phönizische Wirt einen großen Krug mit dem kühlen Getränk.
»Schmeckt’s gut zu dem Fisch?« fragte der Aramäer. Als Wiedehopf nickte, ohne den Krug abzusetzen, sagte der Mann: »Weißt du, in solchen Wirtshäusern salzen sie den Fisch besonders stark, damit man Bier bestellt.«
Um Mitternacht war Wiedehopf noch immer in dem Gasthaus, trank Bier und sang ägyptische Lieder mit irgendwelchen Seeleuten, laut, aber nicht zu laut, und die phönizischen Stadtwächter ließen ihn in Ruhe, obwohl sie wußten, daß er eigentlich um diese Stunde hier nichts zu suchen hatte. Warum sie ihn nicht verhafteten? Wohl hauptsächlich, weil er so vergnügt aussah und offensichtlich nichts Böses im Schilde führte. Wahrscheinlich, so dachten sie, hat er auf seinem Bauernhof schwer gearbeitet und gönnt sich nun eine Freude. Um ein Uhr sang er immer noch,
Weitere Kostenlose Bücher