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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Tyrus und Askalon übertroffen wurde. Über den Hafen von Akcho gelangten auch die Eisenwerkzeuge, geschmiedet in fernen Ländern, zu den Hebräern. Hier also gedachte Wiedehopf die Werkzeuge zu finden, die er brauchte. Am Stadttor wurde er zum drittenmal angehalten: Die Quittungen der Krieger und Zöllner mußte er hier für den Tag seiner Abreise hinterlegen. Man warnte ihn außerdem, sich nicht zu betrinken. Die Phönizier nämlich, so sagte man ihm, brauten gutes Bier und könnten erhebliche Mengen davon vertragen; Hebräer jedoch, die hierher kämen, seien erfahrungsgemäß schon nach ein paar Krügen aufsässig. Wiedehopf versprach feierlich, sich anständig zu betragen. Daraufhin gestattete man ihm endlich, die Stadt zu betreten.
    Zuerst ging er zum Hafen hinunter. Schon als Kind hatte er hier wie verzaubert die Schiffe ein- und ausfahren sehen, und auch jetzt noch, als erwachsener Mann, fragte er sich, wie so ein schwimmendes Haus seinen Weg über das offene Meer fand. Lächelnd dachte er daran, daß von hier sein Einfall mit den Fahnen stammte, und mit Vergnügen sah er, daß man aus einem Schiff Eisen lud. Und wie viele Menschen aus wie vielen fremden Völkern und Stämmen hier umherwimmelten! Unter denen, die da halbnackt vom Kai über die Laufstege zu den Schiffen und zurück liefen, erkannte er Ägypter,
    Afrikaner, Kanaaniter und Phönizier, aber es gab noch vielerlei andere starke Männer mit breiten Schultern, die er noch nie gesehen hatte. Sie mußten wohl aus Zypern kommen oder von fernen Inseln, denn er verstand ihre Sprache nicht.
    Wiedehopf verließ den Hafen und wanderte durch die Hauptstraßen, um die Läden zu betrachten. Welcher Reichtum, welche unbekannten Kostbarkeiten! Da bot ein Juwelier Türkis aus Arabien und Alabaster aus Kreta an, Amethyst und Karneol, von griechischen Händlern gebracht, und Chalzedon aus Punt, Fayencen und Email aus Ägypten. Und dort lag ein Schmuckstück, das schönste, das Wiedehopf je gesehen hatte: eine Kette, achtzehn Schnüre mit bunten, polierten Glasperlen so umeinander gewunden, daß die Perlen nach allen Seiten glitzerten. »Ich möchte das für mein Weib«, sagte er etwas zögernd zu dem Händler, denn er wußte nicht, ob der ihn verstand. Aber der Juwelier konnte ein halbes Dutzend Sprachen sprechen - nicht eben gut, aber fürs Geschäft reichte es -, und so begann das Handeln. Wiedehopf hatte befürchtet, daß die Kette teuer war, denn sie gefiel ihm viel besser als die Edelsteine, von denen er wußte, was sie kosteten. Deshalb war er freudig überrascht zu erfahren, wie wenig er zahlen sollte. »Wir machen solche Ketten hier selbst«, sagte der Juwelier und führte Wiedehopf in den Hof, wo Sklaven das farbige Glas schmolzen und schliffen.
    Endlich gelangte er zu den Eisenhändlern. Mit einiger Hochachtung betrat er den Laden. Denn Eisen, das war das Metall, aus dem man die besten Waffen und Werkzeuge schmiedete. Mit Eisenwaffen hatten die Phönizier und ihre südlichen Nachbarn Israel erobert. Das Eisen hatte König David verwenden gelernt, als er in der Fremde bei den Philistern gewesen war, und er hatte schließlich so viel von dem kostbaren Metall angehäuft, daß er es nun gegen die Feinde Israels benutzen und einen großen Teil des Landes zurückgewinnen konnte. Aber immer noch war das dunkle Eisen, in vielem geheimnisvoller als das Gold, Monopol von Städten wie Akcho geblieben und hatte so den Phöniziern ihre Macht an der Küste gesichert.
    Der Eisenhändler sah Wiedehopf mißtrauisch an, denn der Hebräer war offensichtlich ein Fremder, und es war verboten, Eisen unachtsam zu verkaufen. Aber Wiedehopf konnte ein Tontäfelchen vorweisen mit der Genehmigung, Eisenwerkzeuge zu kaufen, »vorausgesetzt, es sind keine Waffen, wie die Krieger sie brauchen«. Der phönizische Ladeninhaber konnte nicht lesen, aber er kannte die Bestimmungen. So deutete er auf den Teil seines Ladens, in dem der Fremde sich seine Waren aussuchen durfte. Dann aber stellte er sich mit ausgebreiteten Armen vor die Speerspitzen, Schwertklingen und anderen Waffen, von denen Wiedehopf sich nicht einmal vorstellen konnte, wie und wozu man sie benutzte. Das hatte seinen guten Grund: Die Phönizier zeigten Fremden mit Absicht, was alles sie an Vorräten hatten, damit diese daheim von den schrecklichen Waffen erzählten. Wiedehopf, tiefbeeindruckt, murmelte ein Gebet zu Baal: »Hilf uns den Brunnenstollen vollenden, bevor die Männer des Eisens uns wieder angreifen.« Dann zeigte

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