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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Augenblick lang in der Luft über der Quelle zu verharren, wie eine Cartoon-Figur über dem Abgrund. Dann stürzte es zur Seite, noch bevor Una begriff, was sie da gesehen hatte.
    Stattdessen nahm sie die Bugwelle wahr, die ganz ohne dazugehöriges Schiff spitzwinklig durchs Wasser bachaufwärts lief und dann plötzlich verschwand.
    Was zum Teufel …?
    Weglaufen!, schoss es Una durch den Kopf. Doch ihre Satteltaschen und die Kamera lagen noch an der Quelle, und sie hatte keine Lust, darauf zu verzichten. Also schnell jetzt, ganz schnell: hinrennen, Zeug packen und dann den Weg hoch zum Fahrrad.
    Ein Ferrari wäre ihr lieber gewesen.

Kapitel 13
    Erde wirbelte unter Enygmes Hufen auf, als sie über die weite Ebene Talunys’ galoppierte. Die Sorge trieb sie zu höherer Geschwindigkeit an, als sie jemals für möglich gehalten hatte. Hinter ihr donnerten die Hufe von dreißig der stärksten Tyrrfholyn der Ra-Yurich, Stuten und Hengste.
    Sie hatte gespürt, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Magie ihres Horns hatte sie vor der Gefahr gewarnt und alles andere ausgeblendet, noch bevor sie den Hilferuf ihres Gatten in sich widerhallen hörte.
    Jeder der Ra-Yurich kannte Enygmes außerordentliche Fähigkeiten. Ihre Ahnungen waren keine grundlosen Angstausbrüche. Wenn sie sich sorgte, dann immer mit gutem Grund.
    Und sie hatte sich gesorgt. Seit sie vor Kerr-Dywwen geweidet hatten, hatte sie das Gefühl, dass Unheil sich zusammenbraute, nicht mehr verlassen. Nur ungern hatte sie Esteron und Perjanu ziehen lassen, die sich nach Kanura umsehen wollten. Mehr als eine vage Ahnung war es nicht gewesen, eher ein diffuses Unbehagen, das von den Bergen herabrollte wie eine weit entfernte Lawine. Nichts war wirklich greifbar gewesen.
    Dann plötzlich, ihr fürstlicher Gatte und der oberste Schanchoyi hatten Kerr-Dywwen schon vor geraumer Zeit verlassen, wurde die vage Vorahnung zur grauenvollen Gewissheit. Enygme war auf die Hinterbeine gestiegen und hatte geschrien. Die engen Mitglieder ihrer Sippe hatten sich sofort um sie versammelt.
    » Der Fürst ist in Gefahr! « , hatte sie gesagt und still für sich ergänzt: und Kanura und Perjanu. » Wir müssen los. Sofort. « Dennoch hatte es eine Weile gedauert, bis sich ein Trupp formiert hatte. Alle am Hof wollten wissen, was geschehen war, doch Enygme konnte es ihnen nicht sagen. Sie wusste nichts Genaues, nur dass Hra-Esteron in tödlicher Gefahr schwebte. Vielleicht war er sogar schon tot. Vielleicht war aber auch noch nichts geschehen, und ein Unglück konnte noch verhindert werden, wenn sie nur schnell genug wären.
    Sonntal. Esteron und Perjanu hatten nach Sonntal reiten wollen, weil sie Kanura dort vermuteten.
    » Wenn ihr nicht mitkommt, mache ich mich allein auf den Weg! « , hatte sie den säumigen Sippenmitgliedern aufgebracht zugerufen. » Ich muss sie retten. «
    » Wenn Gefahr droht, so ist nichts gewonnen, wenn Ihr Euch allein dorthin begebt « , hatte Tenderyn gemahnt. Auch er war ein Schanchoyi, gehörte aber zur Sippe der Re-Gyurim. » Wir sollten eine Hörung anberaumen. So etwas will sorgsam vorbereitet sein. «
    Eine Hörung war ein gemeinsames meditatives Versinken in die Möglichkeiten der Welt. Mit genug entsprechend seherisch begabten Tyrrfholyn brachte diese mentale Übung des gemeinsamen Erfühlens in die Tiefen des Seins oft ein weitaus präziseres Ergebnis zutage als die unscharfen Visionen und Ahnungen eines Einzelnen. Das Prozedere bündelte die magische Wahrnehmung, stimmte die Fähigkeiten der Hörner aufeinander ein, polte sie gleichsam auf eine Schwingungsebene. Die Macht des Begreifens wuchs in dieser Gemeinsamkeit um ein Vielfaches.
    Eine Hörung war eine gute Sache, doch sie brauchte Zeit, und die hatten sie nicht.
    » Wir müssen los! « , drängte die Fürstin nur, ohne weiter auf Tenderyns Einwand einzugehen. Sie wollte ihn nicht brüskieren. Er war empfindlich, und dass er nicht der führende Kopf der Schanchoyi war und wohl auch nie sein würde, egal, wie viel Wissen, wie viele Lieder und Gesänge er anhäufen und zitieren konnte, nagte an ihm. In Kerr-Dywwen regierte die Sippe der Ra-Yurich. Sippenpolitik mochte unbequem und unlogisch sein, doch so war sie überliefert, und die Tyrrfholyn änderten so schnell nichts, was den Traditionen heilig war.
    Vielleicht war das falsch?
    Enygme schüttelte ihre hellblonde Mähne, musste unwillkürlich an ihren Sohn denken, der ihr so ungeheuer ähnlich in der Färbung war. Wie ein Stich durchfuhr

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