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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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unter Wasser die Nüstern dicht abzuschließen, und schon strömte das kalte Nass in Kanuras Nebenhöhlen und von dort weiter. Er versuchte verzweifelt, wieder nach oben zu kommen. Der Fluss war doch gar nicht tief gewesen! Kanura war auf dem Hinweg einfach an einer flacheren Stelle hindurchgelaufen.
    Das Gewicht der Uruschge lag nun schwer auf ihm. Sie drückten ihn mit Gewalt unter Wasser. Kanura wand sich und schlug aus. Doch das Wasser bremste seine Bewegungen, und mit den Uruschge zusammen sank er tiefer und tiefer. Ihre gespaltenen Hufe traten nach ihm, zwölf scharfe Waffen, die sich in seine Seite und seinen Bauch bohrten. Er versuchte, sich zu drehen, doch es gelang ihm nicht. Sie zogen und drückten ihn in den Abgrund, und er würde ertrinken und schließlich gefressen werden.
    Kanura zappelte, doch sosehr er es auch versuchte, er konnte sich nicht befreien, er war zu groß und im Wasser nicht wendig genug. Er war seinen Feinden unterlegen: Dunkel waren die Fluten über ihm, und die Feinde schwarze Schemen.
    Wandeln! Er musste sich wandeln. Als Mensch würde er schwächer sein, aber auch wendiger. Er versuchte es, doch was ihm normalerweise so selbstverständlich erschien wie das Atmen, gelang ihm nicht. Schon mangelte es ihm an Luft und an Kraft. Blasen stiegen ihm aus dem Maul.
    Und weiter drückte ihn die Last, tiefer und tiefer. Ihm wurde bewusst, dass die Tiefe keine geografische Eigenheit des Flusses war, sondern eine magische Falle seiner Feinde. In ihre ureigenste Welt schleppten sie ihn, den Fürstensohn. Vielleicht war er inzwischen sogar schon der Hra, sollte sein Vater bereits im Kampf gefallen sein. Es war nicht mehr von Bedeutung. Im Abgrund würden sie wieder vereint sein.
    Kanura wand sich erneut, wollte sich herumreißen, stach mit dem Horn nach oben, merkte, wie unkoordiniert seine Gegenwehr war. Im nächsten Moment war sein Horn verschwunden, seine Hände versuchten Schwimmbewegungen, sein schlanker Männerkörper wand sich gleichsam um nichts, seine Beine strampelten. Plötzlich war er zwischen den Uruschge und nicht mehr unter ihnen.
    Sein Arm wich einem Hornstoß aus und verfing sich in seiner Kleidung, die an ihm klebte und ihn weit mehr behinderte, als sein Fell das getan hatte. Seine Hand riss sich von dem Stoff los, und etwas Kleines, Blaues trudelte schimmernd durch die Fluten.
    Die Seele Ssenyissas.
    Seine Lunge drohte zu bersten, als er mit letzter Kraft danach griff.
    Ssenyissa, dachte er. Vielleicht sehen wir uns jetzt wieder?
    Dann wurde die nasse Welt um ihn herum blau. So hatte er sich den Tod nicht vorgestellt. Nicht so ungeheuer blau und schmerzhaft.

Kapitel 12
    Das Wasser schmeckte klar und frisch. Una wusste, dass manche der heiligen Quellen zugleich Heilquellen waren, und sie hatte sich automatisch auf einen Geschmack irgendwo zwischen Jod und Elend eingestellt. Jetzt erinnerte der Geschmack sie eher an ein gutes Mineralwasser.
    Das Wasser rann ihr durch die Finger. Sie hätte einen Becher mitnehmen sollen, aber sie war ja schließlich nicht campen gefahren, und in B&Bs bekam man Getränke gemeinhin in Tassen oder Gläsern. In ihre Satteltaschen hatte sie für Notfälle auch immer einen Schlafsack und ein Einmannzelt gestopft, nur falls sie irgendwann keine Pension fand. Außerdem hatte sie ihre Wasserflasche dabei, die allerdings leer war. Nun hielt sie diese in die Quelle und sah zu, wie sich das transparente Plastik langsam füllte.
    Sie fragte sich, ob es in den Augen eines sehr gläubigen Katholiken ein Frevel war, dass sie das Wasser nicht als Weihwasser, sondern einfach nur als Proviant benutzte. Doch letztlich war es ihr egal. Allzu fromme Katholiken, und die gab es in diesem Land noch zuhauf, waren ihr bestenfalls etwas unheimlich – wie alle Leute, die vom Kuchen der Frömmigkeit ein kleines, schmales Stück abschnitten und dann behaupteten, den Rest des Kuchens gebe es nicht oder er sei irgendwie giftig.
    Der Vergleich war auf dem Mist ihrer Mutter gewachsen, und Una verdrängte den Gedanken, obgleich sie gerne zugab, dass ihre Mutter Dinge sehr anschaulich darstellen konnte.
    Ein Geräusch ließ sie herumfahren. Da stand es wieder, das Pferd, als wäre es nie weg gewesen. Es hatte eine ganz eigentümliche Farbe, scheckig wie ein Indianerpony. Von der Statur her wirkte es eher wie ein Connemara-Pony, aber die waren meist nicht so bunt.
    » Da bist du ja wieder « , murmelte Una, nun doch bereit, sich mit dem einzigen Lebewesen, das in der Nähe war, zu

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