Die Quellen Des Bösen
»So durchdacht, dass man einen Vorstoß ohne die Anwesenheit unserer neuen Befehlshaberin durchaus riskieren kann.« Die ulldartischen Offiziere klopften mit den Fäusten gegen ihre Stuhllehnen, um ihren Beifall auszudrücken. »Ich werde also die Nachrichten an alle unsere Einheiten senden, dass sie in vier Tagen mit den Scheinangriffen beginnen sollen. Unsere Kavallerie verhält sich zum selben Zeitpunkt ruhig und wird einen Tag später mit dem Angriff beginnen, damit die Grünhaare von unserer Offensive überrascht werden. Meine Herren, Sie können wegtreten.«
Die Anführer standen auf, Stuhlbeine rutschten quietschend über das Parkett, Stoff raschelte.
»Ich bin damit nicht einverstanden.« Larúttar saß wie der Fels in der Brandung auf seinem Stuhl. »Die tzulandrischen Kontingente werden sich nicht an dem Angriff beteiligen, General. Ihr verstoßt gegen die Anweisungen des Kabcar.«
Malinek korrigierte den Sitz seiner Weißhaarperücke, stützte die Ellenbogen auf und blinzelte mit den Augenlidern. »Ich habe mich wohl verhört, Larúttar Selidan? Ihr erhieltet soeben einen Befehl.«
»Der nichts anderes ist als Verrat«, fügte der Tzulandrier unerschrocken hinzu.
Nun brach ein Tumult aus, der in ein Handgemenge auszuarten drohte. Schon hatten sich die Tzulandrier und Ulldarter am Kragen gepackt, die Hand des Selidan lag am Griff seines Beils.
»Hinsetzen!«, brüllte der General. »Wir sind kein Haufen undisziplinierter Wilder.«
»Jedenfalls nicht alle«, sagte Aritewic in Richtung Larúttars und richtete seine Uniform mit einem Ruck am Saum.
Malinek faltete die Hände zusammen. »Seht es doch einmal so, Larúttar Selidan. Wenn wir den Angriff nun durchführen, können wir der Tadca bereits erste Erfolge melden, wenn sie und ihr Stab hier eintreffen. Der Plan steht, er ist gut, wozu also warten?«
»Ihr werdet mich nicht überreden, General«, stellte der Tzulandrier ungerührt fest, an dem die Worte einfach abzuprallen schienen. »Und ich muss mich der Tadca gegenüber nicht erklären, sollte die Unternehmung schief gehen. Euch werden bei einem Angriff meine rund fünfzigtausend Mann fehlen.«
»Wir brauchen sie nicht«, giftete Aritewic. »Die anderen sorgen für genügend Ablenkung. Ich sage, wir schlagen zu und beweisen der Tadca und dem Kabcar, dass sein Heer besser als seine Flotte ist.«
Dem General war die Zwickmühle, in der er steckte, deutlich anzusehen. Die militärische Eitelkeit kämpfte gegen seinen Gehorsam an.
Es wird einfach. Wir haben dank der Gleiter einen ungefähren Überblick über das Gelände. »Es bleibt dabei«, kündigte er an. »In vier Tagen marschieren wir über die Grenze und in fünf fügen wir den Grünhaaren die ersten schlimmen Verluste zu, wenn ihnen unsere Bombarden überraschend in den Rücken fallen werden.«
Die Offiziere verließen einer nach dem anderen den Saal, manche rempelten absichtlich gegen die Tzulandrier. Schließlich saßen Larúttar und seine vier weiteren Selidan allein auf ihren Stühlen.
Sie warteten noch ein wenig, dann kehrten sie zu ihren Pferden zurück, um ihren Männern Bescheid zu geben. Die Ulldarter, die sie unterwegs trafen, würdigten sie keines Blickes.
Zum ersten Mal, nach einer langen Zeit des reibungslosen Miteinanders der unterschiedlichen Verbündeten, verlief eine Art Bruch durch das Heer des Kabcar.
Ein kräftiger Landregen war über dem Herzogtum Séràly niedergegangen, nun brachen die Sonnen aus den dunklen Wolken hervor und brachten die vielen Regentropfen und Pfützen zum Glitzern.
Ungeachtet des Schauers hatten die Bediensteten und das kleine Häuflein Militärs auf die Ankunft der mächtigsten Frau des Kontinents gewartet.
Die auffällig große, achtspännige Kutsche mit dem Wappen des Hauses Bardri¢ rollte am Haupteingang des kleinen Schlösschens vor, das einst König Perdór vor seiner Flucht ins kensustrianische Exil bewohnt hatte. Der Kies knirschte unter der Last, die Räder hinterließen tiefe Rillen.
Die Livrierten am Heck des Gefährts sprangen ab und breiteten den Ausstieg der hochrangigen Gäste aus. Als die große Tür aufgeklappt wurde, vernahm man doch den ein oder anderen lauten Atemzug.
Der missgestaltete Tadc des Großreiches Tarpol schob sich aus dem Innern heraus, faltete sich zu seiner wahren Größe auseinander und beeindruckte damit noch mehr. Gerade wegen seines für ungeübte Augen abstoßenden Äußeren empfanden es manche als Erleichterung, aus Etikettegründen den Blick zu
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