Die Quellen Des Bösen
werden damit geboren und verstehen von Anfang an, damit umzugehen. Vielleicht kann unsere Magie nur heilen, vielleicht vermag deine Kraft viel zu viel. Doch es gibt niemanden, der dir helfen kann. Du musst selbst herausfinden, wie du Unheil verhinderst.«
»Ich traue mich schon nicht mehr, sie einzusetzen«, gestand er dem Stadtoberhaupt. »Bei der kleinsten Anwendung fürchte ich, ich könnte jemanden zerstören oder verletzen.« Er drückte die Hand seiner Frau. »Was ist das für eine Magie?«
»Keine cerêlische. Und das ist die einzige, die ich kenne, Seskahin.«
Lorin stand enttäuscht auf, selbst dieser kleine Strohhalm brach. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als mich neuerlich in Waljakovs Schule zu begeben. »Trotzdem danke, Kalfaffel.«
Sie verließen das Haus und gingen durch die Straßen der Stadt. Lorin half seiner jungen Gemahlin noch schnell ein paar Besorgungen zu machen, anschließend besuchten sie Arnarvaten, dem die Angreifer mehrere Rippen gebrochen hatten, was ihm arge Schmerzen bereitete. Seinen Dank für die Rettung Fatjas nahm Lorin nicht an, zu groß waren seine Selbstvorwürfe, der Auslöser für das vermutlich schlimmste Hochzeitsfest in der Geschichte Bardhasdrondas gewesen zu sein.
Unter dem Vorwand, noch schnell bei der Miliz vorbeischauen zu wollen, setzte er sich von Jarevrån ab und begab sich über Umwege zum Tempel der Bleichen Göttin. Mit voller Absicht hatte er den Hinweis auf die wahre Auftraggeberin Soinis, was die Jagd auf den Schwarzwolf betraf, nicht aufgegriffen. Er wollte es mit Kiurikka unter vier Augen besprechen. Die Anfeindungen müssen ein für alle Mal ein Ende haben, nahm er sich vor.
Als er um die Ecke bog und den Fuß auf die Stufe setzen wollte, sprang er wie von der Schneespinne gestochen zurück und drückte sich in eine Ecke. Um ein Haar wäre er in Waljakov hineingerannt, der sich in Begleitung einer Kalisstrapriesterin befand.
Beide gingen zusammen die Stufen hinab und verschwanden in einer Seitengasse, nachdem der Leibwächter einen wachsamen Blick in die Umgebung geworfen hatte. Was hat denn das zu bedeuten? Hat er etwa eine Geliebte?
Lorin ließ das Rätsel auf sich beruhen, ging mit pochendem Herzen die Treppen zum Eingang hinauf und ließ sich von einer Aspirantin zu der Hohepriesterin bringen. Sie stiegen die vielen Stufen in den Eiskeller des Tempels hinab. Bald verwandelte sich der Atem in weiße Wölkchen, die Kälte nahm zu. Endlich gelangten sie in ein gemauertes, fünf Meter hohes Gewölbe.
Kiurikka verharrte andächtig vor einem grob behauenen Eisblock, in den Händen hielt sie Hammer und Meißel. Ihre Gewandung war von oben bis unten mit feinem Reif bedeckt, die Temperaturen schienen ihr nichts anhaben zu können.
»Seskahin ist hier«, sagte die Anwärterin scheu.
Die Hohepriesterin hob nur die Hand mit dem Meißel, das Mädchen zog sich hastig zurück. »Was verschafft mir die Ehre, Seskahin?«
Lorin betrachtete das begonnene Kunstwerk. »Wird das Kalisstra?«
»Ich weiß nicht, was es wird. Die Göttin führt mir die Hand«, erklärte Kiurikka und setzte die Spitze des Werkzeugs auf den Block. Mit kurzen, schnellen Schlägen trieb sie das Metall ins Eis. »Es sieht aus, als würde es eine Gottheit werden. Aber du wirst kaum gekommen sein, um mit mir darüber zu sprechen.«
»Es wird Euch nicht gefallen«, warnte er die Frau vor.
»Es gefällt mir vieles nicht, so wie der Bau des Ulldrael-Heiligtums«, gab sie gleichgültig zurück. »Sprich!«
»Warum wolltet Ihr einen Schwarzwolf von Soini?«
Der nächste Hieb fiel fester aus, als die Hohepriesterin beabsichtigte. Der Hammerkopf rutschte von der Fläche des Meißels ab und jagte ihn leicht schräg in das Eis. Kiurikka hielt den Atem an. Doch der Block hielt.
Ich habe sie tatsächlich erwischt, freute sich der junge Mann und trat näher. »Bevor er starb, hat er es mir gesagt. Die anderen sind Zeugen.«
Die Hohepriesterin bewegte sich nicht. »Soini war ein Lügner und ein schlechter Mensch. Er wollte damit nur erreichen, dass die alte Feindschaft wieder aufbricht«, erklärte sie langsam. »Ich wäre die Letzte, die das heilige Tier Kalisstras fangen ließe. Und was sollte ich damit?«
»Der Pelzjäger war verdorben, ja. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass er in diesem Augenblick log.« Lorin wünschte sich, die Gedanken der Frau lesen zu können. Dort würde er die Wahrheit finden, die sie niemals, vermutlich nicht einmal bei ihrem Tod, preisgeben
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