Die Quellen Des Bösen
nicht, und dagegen müssen wir uns etwas ausdenken.« Möglichst rasch. Govan wird toben, wenn er von der Niederlage erfährt.
Sie stand auf, alle Männer folgten ihrem Beispiel.
»Ihr habt Euch nichts zu Schulden kommen lassen, Larúttar Selidan«, beruhigte ihn die junge Frau und spazierte zum Ausgang. »Euch droht keine Strafe, da Ihr Euch nur an meine Anweisungen hieltet. Ich werde Euch und Eure Männer benachrichtigen, sobald ich mir ein eigenes Bild von der Lage verschafft habe.« Der kleine Tross bewegte sich zur großen Tür. »Mein Bruder und ich reisen augenblicklich ab, um ein Truppenlager zu begutachten. Mein Anblick sollte ein wenig aufbauend auf die Männer wirken.«
»Das wird er gewiss«, vergab der tzulandrische Offizier ein Kompliment, wofür er einen Augenaufschlag erhielt, der ihm Schmetterlinge im Bauch bescherte.
Sie stieg in die Kutsche ein, Krutor folgte ihr. Vorsichtshalber nahm er sich einen Laib Brot und eine Schüssel der Süßspeise als Wegzehrung mit. So schnell wie sie gekommen war, verschwand Zvatochna wieder aus dem Schloss.
»Heißt das, ich darf nicht gegen die Grünhaare kämpfen?«, erkundigte sich der Krüppel etwas enttäuscht. »Ich will Vaters Tod endlich rächen.«
Seine Schwester neigte sich nach vorn und strich ihm über das Gesicht. »Es ist leider nicht so verlaufen, wie wir uns das vorgestellt haben. Sie sind schlau. Aber du wirst schon noch zu deinem Recht kommen.« Dabei suchte sie ihre Dokumententasche heraus, nahm die Blätter hervor und überflog sie. »Ich muss mir nur etwas einfallen lassen. Diese Pläne hier«, sie hielt sie in die Höhe, »können wir vergessen.« Mit Schwung beförderte sie die Papiere aus dem Fenster. All die Mühe war umsonst.
Während sich die Kutsche mit ihren Leibwachen auf das nächstgelegene Feldlager zu bewegte, landeten die überholten Skizzen, Taktiken und Befehle zur Eroberung Kensustrias auf dem aufgeweichten Weg.
Rasch sog sich das Papier mit Wasser voll, die Tinte verwischte und trübte das klare Nass in den Schlaglöchern.
Den Eindruck, den Zvatochna von der ersten militärischen Zeltstadt erhielt, spiegelte die desolate Stimmung der Soldaten wider. Teilweise waren die dünnen Behausungen zusammengebrochen und wirkten ganz offensichtlich verwaist.
Die Truppen jubelten der verdreckten Kutsche zu, die zwischen den Leinwänden entlang fuhr, jedoch fehlte die echte Begeisterung der Kämpfer.
Die meisten, die hier lagerten, waren während der Regentschaft ihres Vaters nach Ilfaris ausgerückt, um gegen die Kensustrianer zu kämpfen. Bei den Kindern wusste man noch nicht so recht, was man von ihnen halten sollte. Der Geschmack der bitteren Niederlage gesellte sich hinzu.
Die Tadca und ihr Bruder begaben sich zu dem einzigen Holzhaus, in dem gewöhnlich General Malinek residierte, wenn er sich nicht im Schlösschen aufhielt.
Im Haus empfing sie ein völlig überraschter Unterfeldwebel, der es sich anscheinend in der Unterkunft bequem gemacht hatte. Seine Hand ruckte überschnell an den Säbelgriff, als fürchtete er einen Überfall. Allerdings ahnte er wohl bei der Menge an hoheitlichen Gardisten sowie der Konstellation von weiblicher Schönheit und entstelltem Riesen, wen er da vor sich sah, und entspannte sich etwas. Als er hinter dem Schreibtisch hervorhumpelte, sahen sie einen blutgetränkten Verband an seinem Oberschenkel.
»Ich … begrüße die hoheitliche Tadca und den hoheitlichen Tadc … auch im Namen von General Malinek im Lager Paledue«, stotterte der Unterfeldwebel und salutierte. »Ich bin Unterfeldwebel Warkinsk.«
»Und welche Aufgabe hast du?«, wollte Zvatochna wissen und setzte sich auf den nächstbesten Stuhl. Einem so niederen Dienstrang verwehrte sie eine gehobene Anrede.
»Ich wurde von den Männern gewählt, um das Lager zu koordinieren.«
»Du wurdest gewählt?«, lachte die Tadca ungläubig auf. »Ich glaube, dass dein Kommandant zurzeit Larúttar Selidan ist.«
Warkinsk begann vor Aufregung zu zittern, noch immer stand er vor der Frau stramm. »Er ist aber Tzulandrier, hoheitliche Tadca«, wagte er anzumerken. Sie warf ihm einen auffordernden Blick zu. »Die Tzulandrier haben uns bei unserem Angriff im Stich gelassen«, führte er weiter aus. »Sie sind schuld, dass wir so viele Leute verloren haben und etliche andere Freunde irgendwo in Kensustria verschwunden sind. Die übrig gebliebenen Offiziere liegen im Verwundetenlager.«
»Und vermutlich denkst du, dass unsere Verbündeten
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