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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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die Umgebung mit dem Licht der Taschenlampe. Hier und da waren die Blätter mit etwas Dunklem bespritzt. Meine Kehle wurde trocken. Ich nahm allen Mut zusammen und folgte der Spur umgeknickter Sträucher. Je weiter ich vordrang, desto übler wurde mir, als wisse mein Körper, was ihn erwarte, und als versuche er, mich davon fernzuhalten.
    Als ich Großvater fand, war ich davon überzeugt, dass er tot war. Er lag mit dem Gesicht nach unten auf einem Bett aus Kriechgewächsen, die Beine gespreizt und einen Arm seltsam verrenkt, als wäre er aus großer Höhe gestürzt. Sein Unterhemd war blutdurchtränkt, die Hose zerrissen, und er hatte einen Schuh verloren. Eine scheinbare Ewigkeit lang starrte ich ihn einfach nur an. Das kalte weiße Licht der Taschenlampe zitterte über seinem Körper. Als ich wieder Luft bekam, sagte ich seinen Namen, aber er rührte sich nicht.
    Kraftlos sank ich auf die Knie und presste meine flache Hand auf seinen Rücken. Das Blut, das durch den Stoff sickerte, war warm. Ich spürte, dass Großvater schwach atmete. Ich schob die Arme unter ihn und drehte ihn auf den Rücken. Er lebte noch, so gerade eben. Die Augen waren glasig, das Gesicht eingefallen und schneeweiß. Dann sah ich die Schnittwunden an seinem Bauch und wurde beinahe ohnmächtig. Sie waren lang und tief, schmutzverschmiert, und der Boden, auf dem er gelegen hatte, war matschig von all dem Blut. Ich kniff die Augen zu und zog die Fetzen seines T-Shirts über die Wunden.
    Ich hörte Ricky vom Garten aus rufen. »Ich bin hier!«, schrie ich und hätte vielleicht so etwas wie Gefahr oder Blut hinzufügen sollen, aber ich schaffte es einfach nicht, die Wörter zu bilden. Alles, woran ich denken konnte, war, dass Großvater im Bett hätte sterben sollen, in einem ruhigen weißen Zimmer, umgeben von piependen Apparaturen, und nicht zerstückelt auf dem weichen, stinkenden Boden, während Ameisen über ihn krabbelten und er einen Brieföffner aus Messing in der Hand hielt.
    Ein Brieföffner. Das war alles, was er gehabt hatte, um sich zu verteidigen. Ich zog ihn vorsichtig aus der Umklammerung von Großvaters Fingern. Sofort griff er hilflos in die Luft, also nahm ich seine Hand und hielt sie. Meine Hand mit den abgekauten Nägeln verschränkte sich mit seiner, blass und von purpurnen Venen durchzogen.
    »Ich muss dich hier wegbringen«, sagte ich, schob einen Arm unter seinen Rücken und den anderen unter seine Beine. Aber er stöhnte und versteifte sich. Sofort ließ ich davon ab, da ich es nicht ertragen konnte, ihm weh zu tun. Aber ich vermochte ihn auch nicht allein dort liegen zu lassen, also blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Vorsichtig strich ich ihm lose Dreckklumpen von den Armen, aus dem Gesicht und dem dünnen Haar. Da sah ich, dass sich seine Lippen bewegten.
    Seine Stimme war kaum hörbar, weniger als ein Flüstern. Ich beugte mich vor und hielt mein Ohr nahe an seinen Mund. Er murmelte, mal mehr, mal weniger deutlich in einem Durcheinander aus Englisch und Polnisch.
    »Ich verstehe dich nicht«, flüsterte ich. Dann wiederholte ich so lange seinen Namen, bis sich seine Augen auf mich hefteten. Er sog scharf die Luft ein und sagte leise, aber deutlich: »Geh auf die Insel, Yakob. Hier ist es nicht sicher.«
    Es war der alte Verfolgungswahn. Ich drückte seine Hand und versicherte ihm, dass wir uns keine Sorgen machen müssten, dass alles wieder in Ordnung käme. Es war das zweite Mal an einem Tag, dass ich ihn anlog.
    Ich fragte ihn, was passiert sei, welches Tier ihn angegriffen habe, aber er hörte mir nicht zu. »Geh auf die Insel«, wiederholte er. »Dort bist du sicher. Versprich es mir.«
    »Das mache ich«, sagte ich. »Versprochen.« Was hätte ich sonst sagen sollen?
    »Ich dachte, ich könnte dich beschützen«, flüsterte er. »Ich hätte es dir schon vor langer Zeit erzählen sollen …« Er verstummte. Ich sah, wie das Leben aus seinem Körper wich.
    »Was hättest du mir erzählen sollen?«, fragte ich und würgte an den Tränen.
    »Keine Zeit mehr«, flüsterte er. Dann hob er den Kopf vom Boden, zitternd vor Anstrengung, und wisperte in mein Ohr: »Finde den Vogel. In der Schleife. Auf der anderen Seite vom Grab des alten Mannes. 3. September 1940.« Ich nickte, aber er sah mir offenbar an, dass ich nichts verstand. Mit letzter Kraft fügte er hinzu: »Emerson – der Brief. Erzähl ihnen, was passiert ist, Yakob.«
    Damit sank er zurück, erschöpft und schwächer werdend. Ich schluchzte,

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