Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
eine gewaltige Strafpredigt werden. Oh, den Hütejungen hatte er ganz vergessen. Wie er da leichenblass an der Seite des Grafen saß und wacker vermied, zu Elisabeth hinüberzusehen. Vor lauter Aufregung konnte er kaum den Namen des Königs auf die Urkunde zittern. Es war eindeutig, der Junge musste des Schreibens unkundig sein. Er würde natürlich auch hingerichtet werden, damit dem Recht Genüge getan wurde. Aber vorher konnte man ihm noch auf der Streckbank alle Namen aus der Nase ziehen, die in diese schändliche Verschwörung verwickelt waren!
Jetzt war es so weit. Die Braut und ihre Eltern zogen sich zurück, und der Tisch auf dem Podium wurde freigemacht für den Erzbischof und seinen Schachzabelgegner, während Graf Georg alle Anwesenden aufforderte, noch zu bleiben, und ganz offiziell zu einem Spiel des Friedens und der Versöhnung zwischen dem Erzbischof und dem König bat. Eine Demonstration des guten Willens auf beiden Seiten, was allgemeines Gemurmel, Zustimmung und höflich aufbrandenden Beifall hervorrief.
Konrad von Hochstaden betrat das Podium wie eine Bühne, er war souverän und seiner Sache absolut sicher. Er verneigte sich kurz, reichte seinem Kontrahenten den Bischofsring zum Kuss und setzte sich dem jungen Burschen gegenüber. Er sah ihn sich genau an, bemerkte seine Unsicherheit, die Schweißtropfen auf der Stirn, den flackernden Blick und fragte sich unwillkürlich, wie irgendjemand jemals auf dieses Kuckucksei hatte hereinfallen können. Bruder Thomas brachte das Spielbrett und setzte die Spielfiguren. Der Erzbischof gewann die Wahl und zog Weiß, er durfte also den ersten Zug machen. Jetzt war er gespannt auf die Reaktion seines Gegenübers.
Die ließ überraschenderweise nicht lange auf sich warten, und der Erzbischof wunderte sich ein wenig, denn es war der richtige Gegenzug. Doch er dachte nicht weiter darüber nach. Er war ein hervorragender Schachzabelspieler, aber er war ungeduldig und wollte seinen Gegner so schnell als möglich niedermachen. Zug um Zug führte er aus, und Zug um Zug fand sein Gegner eine passende Antwort. Jetzt ging er sogar zum Gegenangriff über. Erstmals beschlich den Erzbischof ein unangenehmes, leises Gefühl des Zweifels, irgendwie ging das hier nicht mit rechten Dingen zu. Er versuchte, den Blick seines Gegners einzufangen, bisher hatte er nur an sein Spiel gedacht, an seine Strategie, den Gegner vernichtend zu schlagen, wenn er sich schon zur Wehr setzte. Die Hände!, an den Händen konnte er doch sehen, ob es Bauernhände waren, aber die Hände seines Gegenübers steckten in weißen Seidenhandschuhen. Plötzlich und unerwartet begegneten sich ihre Blicke, und Konrad von Hochstaden erschrak. Er sah in eisgraue Augen, die ihm nicht sofort wieder auswichen, und ihm fuhr ein Schauder über den Rücken, als er erkannte, dass dies nicht die schüchternen Augen eines ungebildeten und gewöhnlichen Bauernjungen waren, sondern befehlsgewohnte, forschende Augen, die ihn förmlich festnagelten. Das konnte nicht sein – er studierte wieder das Spielbrett und entdeckte, dass er mit einem Zug den Sieg sicher hatte. Ohne groß zu überlegen, schlug er die schwarze Dame mit seinem Turm und bedrohte damit den gegnerischen König. Er lehnte sich zufrieden zurück. »Schach«, sagte er im Überschwang des Triumphes. Er wusste nicht warum, der Bursche mit den schwarzen Spielfiguren schien das Spiel zu beherrschen, doch jetzt war er verloren.
Aber was fiel diesem Hütejungen ein – er rieb sich die Hände und führte einen völlig unerwarteten Zug aus. »Das war ein Fehler, Euer Eminenz. Schachmatt in drei Zügen.«
Bevor der perplexe Erzbischof auch nur einen Ton herausbrachte, demonstrierte sein Gegner mit unglaublicher Geschicklichkeit, wie er ihn schachmatt setzen würde, und sah ihn an. »Seht Ihr, was Ihr für einen Fehler gemacht habt? Seht Ihr?«
Als der Erzbischof immer noch fassungslos auf das Spielbrett starrte, um die Züge des Königs nachzuvollziehen, fragte der König: »Revanche?«
Als die Antwort ausblieb, wiederholte er überfreundlich seine Frage. »Euer Eminenz, wollt Ihr vielleicht noch ein Spiel?«
Konrad von Hochstaden hob langsam seinen Kopf, als würde er aus einem üblen Traum erwachen, und starrte ihn an. »Wer seid Ihr?«, brachte er schließlich heraus. »Wer in Gottes Namen seid Ihr?«
»Aber Eminenz, das seht Ihr doch«, lachte der König herzlich. »Ich bin Konrad von Hohenstaufen, Euer König!«
»Ja, das muss wohl so sein«,
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