Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
Glück gehabt.« Sie mussten alle drei lachen.
»Eines müsst ihr mir versprechen. Wenn es so weit ist, will ich gerne zur Hochzeit kommen«, sagte er. »Und damit ihr nicht vergesst, mich auch rechtzeitig einzuladen, nehmt das zur Erinnerung an mich und daran, dass wir auf ewig in eurer Schuld stehen. Wir, das sind das Reich, der Kaiser und ich.«
Er war jetzt nicht mehr an sein Bett gefesselt, sondern bewegte sich auf den Rat der Medica hin so viel wie möglich. In seinen königlichen Gewändern erinnerte er so gar nicht mehr an den sterbenskranken Jungen, den die Medica angetroffen hatte, als sie unter Lebensgefahr durch das Fenster in dessen Kammer geklettert war. Als Chassim diese Geschichte von Bruder Thomas hörte, Anna hatte sie ihm wohlweislich verschwiegen, wurde er beim bloßen Gedanken daran jetzt noch blass um die Nase. Der König war zu seiner Schmuckschatulle gegangen und hatte zwei kostbare Ringe herausgefischt. Er steckte Anna und Chassim jeweils einen an und umarmte und küsste sie. Die beiden gaben ihm das verlangte Versprechen, und dann holte er noch ein in ein Tuch eingehülltes Kästchen hervor, ein Geschenk für Ambros, das sie ihm aber erst überreichen sollten, wenn sie auf Burg Greifenklau angekommen waren.
Von Ambros und Bruder Thomas verabschiedete er sich ebenfalls einzeln, für jeden von ihnen hatte er ein wertvolles Schmuckstück, eine herzliche Umarmung und ebensolche Worte. Konrad wusste sehr wohl, was sie für ihn getan hatten und dass seine Worte nicht ausreichen konnten, ihnen den gebührenden Dank abzustatten.
Dann hatte er noch eine längere Unterredung mit Bruder Thomas allein. Es ging darin um ein großzügiges Geschenk, das der König Anna machen wollte. Aber sie durfte vorerst nichts davon erfahren, es sollte eine Überraschung für sie sein. Bruder Thomas versprach, alles dafür Notwendige im Auftrag des Königs in die Wege zu leiten.
Der König hatte darauf bestanden, dass sie von einer Eskorte der königlichen Wachsoldaten begleitet wurden, es waren zehn Mann, die ihnen auf dem langen, winterlichen Heimweg Geleit gaben. Die ersten zwei Tage verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Es gab keine unerwarteten Wetterkapriolen, es hatte aufgehört zu schneien, eine fahle Wintersonne stand kraftlos am grauen Himmel. So weit das Auge reichte, lag eine weiße, glitzernde Schneedecke über dem Land. Eine bleierne Stille hatte sich über die hügelige, zuweilen bewaldete Landschaft gestülpt, nur der hohe, schrille Greifvogelschrei eines kreisenden Falken am Firmament und das gelegentliche Schnauben eines ihrer Pferde waren neben dem Knirschen der Hufe im verkrusteten Schnee zu hören. Der Weg war zwar beschwerlich, immer wieder mussten sie hüfthohe Schneeverwehungen überwinden oder umreiten, aber das war weitaus weniger anstrengend, als wenn es getaut hätte und die Landstraßen schlammig und matschig gewesen wären. Da alle zu Pferd waren und sich nicht mit einem Wagen durch Schnee und Eis quälen mussten, kamen sie trotz der beißenden Kälte gut voran. Ein stetiger, steifer Ostwind blies unangenehm von der Seite, doch sie waren dick vermummt, hatten genügend Proviant dabei und nächtigten bei Bauern in der Scheune. Die Bauern boten der Gräfin und Chassim an, bei ihnen in der Stube zu schlafen, aber die beiden zogen es vor, wie alle anderen auch bei ihren Tieren zu bleiben. Sie wollten keine Sonderbehandlung, und genau das hatte sie schon immer ausgezeichnet und ihre Beliebtheit ausgemacht. Gesprochen wurde nur das Notwendigste, beim Reiten hatten sie alle ihr Gesicht mit Tüchern vor der Kälte geschützt, und am Abend waren sie viel zu müde, um noch lange wach zu bleiben, der Aufbruch erfolgte wie stets bei Morgengrauen. Die Vorfreude auf Burg Greifenklau, auf Chassims Vater, Graf Claus, und ein Gespräch am warmen Kaminfeuer wuchs mit jeder Meile, die sie zurücklegten, und bald konnten sie am Horizont die Anhöhe ausmachen, die von Burg Greifenklau gekrönt wurde.
Da hob Chassim, der an der Spitze des Trupps ritt, die rechte Hand, und alle hielten an. Anna, die hinter ihm ritt, folgte mit den Augen seiner ausgestreckten Hand, die nun in Richtung Nordosten wies, und für einen Moment fuhr ihr der Schreck durch alle Glieder. Sie fühlte sich mit einem Schlag an den letzten warmen Herbsttag erinnert, an dem sie mit Chassim auf dem vierrädrigen Wagen über Land gefahren war und in der Ferne die Rauchsäule erspäht hatte, die über einem brennenden Dorf namens Wesling
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