Die Rache Der Wache
Gewohnheit geworden und hielt an, bis sie wieder in der Stadt waren. Seltsamerweise brach der Alte Mann es. , »Du bist so ruhig, Junge«, sagte er.
»Wie sollte ich es nicht sein!« brauste Hort auf. »Es gibt nichts zu sagen. Du bestellst Zeug, das wir nicht bezahlen können, verkaufst dein Lebenswerk an den größten Halunken in Freistatt, und dann fragst du mich, warum ich ruhig bin. Ich weiß, daß du dich mir nicht anvertraust - aber Jubal! Von allen in der Stadt ... Und dieses Gerede über Bedingungen! Wieso glaubst du, daß er auch bloß eine einhalten wird? Den Soldaten traust du nicht, Jubal aber wohl!«
»Ihm kann man auch trauen«, antwortete der Alte Mann sanft. »Er ist ein harter Mann, wenn er die Oberhand hat — aber er steht zu seinem Wort.«
»Du hast schon früher mit ihm zu tun gehabt? Jetzt kann mich nichts mehr überraschen«, brummte Hort.
»Gut.« Sein Vater nickte. »Dann bringst du mich jetzt zum Wilden Einhorn.«
»Zum Wilden Einhorn?« Das überraschte Hort entgegen seiner Behauptung allerdings doch.
»Du hast richtig gehört. Weißt du denn nicht, wo es ist?«
»Es ist irgendwo im Labyrinth, aber ich war noch nie dort.«
»Gehen wir.«
»Willst du wirklich ins Wilde Einhorn, Alter Mann?« fragte Hort eindringlich. »Ich glaube nicht, daß je ein Fischer es betreten hat. Die Gäste des Einhorns sind Söldner, Totschläger und kleine Gauner.«
»Das habe ich gehört.« Der Alte Mann nickte. »Wenn es nicht so wäre, würde ich auch nicht dorthingehen. Nun, kommst du oder nicht?«
Sämtliche Unterhaltungen verstummten, als sie die berüchtigte Schenke betraten. Während er sich anstrengte, etwas in der Düsternis zu sehen, bis seine Augen sich an sie gewöhnt hatten, spürte Hort, daß alle Anwesenden sie anstarrten, abschätzten und sich überlegten, ob sie ein leichtes Opfer oder eine Herausforderung wären.
»Suchen die Herren jemanden?« Die Stimme des Wirtes klang, als hielte er es für besser, wenn sie nicht auf ein Bier blieben.
»Ich brauche ein paar gute Kämpfer«, erklärte der Alte Mann. »Man sagte mir, ich wäre hier richtig.«
»Da habt Ihr recht gehört.« Der Wirt war gleich ein bißchen aufmerksamer. »Wenn Ihr nicht genau wißt, wen Ihr wollt, könnte ich Euch als Vermittler helfen — gegen eine bescheidene Gebühr.«
Panit sprach zu dem Mann wie zu den Fischern: »Ich wähle die Männer selbst aus — kehrt Ihr zu Euren Fässern zurück.«
Der Wirt ballte wütend die Fäuste, zog sich jedoch in das hintere Ende des Schanktisches zurück, als der Alte Mann sich den Gästen zuwandte.
»Ich brauche zwei oder drei Männer für einen halben Tag«, rief er laut. »Ein Kupfer jetzt und ein Silber, wenn die Arbeit getan ist. Keine Schwerter oder Bogen, nur Äxte oder Lanzen und Speere. Ich warte draußen.«
»Warum reden wir draußen mit ihnen?« fragte Hort, während er seinem Vater ins Freie folgte.
»Ich möchte wissen, wen ich kriege«, erklärte der Alte Mann. »Ich konnte ja da drinnen nichts sehen.«
Sie brauchten fast den ganzen Nachmittag, aber schließlich hatten sie aus der kleinen Meute, die Panits Aufruf gefolgt war, drei kräftige Burschen ausgewählt. Die Sonne ging bereits am Horizont unter, als der Alte Mann dem letzten sein Handgeld gab und sich seinem Sohn zuwandte.
»Das ist so ziemlich alles, was wir heute tun können«, sagte er. »Lauf jetzt ruhig zu deinen Freunden. Ich kümmere mich um die Falle.«
»Willst du mich denn nicht in deinen Plan einweihen?« bat Hort.
»Ich habe ihn selbst noch nicht ganz ausgearbeitet«, gestand der Alte Mann. »Aber wenn du sehen willst, was geschieht, dann sei morgen im ersten Tageslicht am Pier. Wir werden feststellen, wie schlau dieses Ungeheuer ist.«
Ganz im Gegensatz zum vergangenen Tag war Hort schon vor dem Morgengrauen am Pier. Als der Himmel allmählich heller wurde, stapfte er ungeduldig hin und her und schlang die Hände um die Brust, um sich vor der feuchten Kälte zu schützen.
Der Nebel hing tief über dem Wasser. Es sah gespenstisch, übernatürlich aus, was nicht dazu beitrug, Horts Furcht zu vertreiben, während er abwechselnd fluchte und sich Sorgen um seinen Vater machte. Verrückter Alter Mann! Warum konnte er nicht wie die anderen Fischer sein? Warum mußte er das Rätsel des Meeresungeheuers auf eigene Faust lösen? Kälte ließ sich am besten durch Bewegung bekämpfen, so beschloß er, einstweilen schon das Boot ins Wasser zu bringen. Diesmal würde er bereits etwas
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