Die Rache der Werwölfe!
verwirrt.
„Ich bin Lucy of Phellan“, verkündete sie. Ihr Mund verzog sich leicht in den Winkeln nach unten. „Wir hatten sie schon früher erwartet.“
In ihrer Stimme lag ein leicht spöttischer Unterton.
Sie drehte sich um und die gesamte Gruppe folgte ihr gehorsam durch die Diele in den Salon, der mit der Heiterkeit des Empfangsraumes eines Begräbnisinstitutes ausgestattet war. Die Farbgestaltung war vorwiegend in braun und schwarz gehalten. Drei Kronleuchter unternahmen den hoffnungslosen Versuch, genügend Licht zu spenden, aber sie schafften es nicht einmal halbwegs, die Düsterkeit zu vertreiben.
Linda sank in den nächsten Sessel und zündete sich eine Zigarette an. David setzte sich neben Clément auf eine unbequeme Couch, während die anderen wartend umherstanden. Die dunkelhaarige Frau ließ sich auf einer Art Thronsessel am anderen Ende des Raumes nieder.
„Haben sie große Mühe gehabt, das Schloss zu finden?“, fragte die Hausherrin wahllos in die Runde.
„Nein, vielen Dank. Wir hatten auf der Autobahn nur etwas Stau. Daher haben wir uns verspätet“, antwortete Clément. Die Hausherrin nickte mit dem Kopf, als hätte sie das so erwartet.
„Schloss Willburg“, sagte Valentina mit gepresster Stimme. „Woher kommt eigentlich dieser Name? Ich habe bei Wikipedia nachgesehen, aber auch dort steht nichts darüber.“
„Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, antwortete David auf die Frage.
Er blickte auf die im Halbdunkel sitzende dunkelhaarige Frau, deren staubgraues Gewand mit dem Schatten verschmolz.
„Vielleicht kann uns Miss Phellan aufklären?“
„Das ist eine lange Geschichte“, antwortete Lucy of Phellan ruhig. „Ursprünglich hieß das Schloss Mörnsburg, aber nachdem der Schwarze Ritter Will von Blankfels seinen Fluch ausgesprochen hatte, begannen die Bauern es Willburg zu nennen.“
„Nein, so was!“ Clément war völlig begeistert. „Das klingt nach dem Inhalt unseres Theaterstückes. Der Fluch von Schloss Willburg!“
„Es geht in die Zeit der Kreuzzüge zurück“, sprach Lucy weiter. „Einer unserer Vorfahren stand im Ruf, der Bastard des Königs zu sein. Er war unter dem Namen Sir Wilhelm der Bastard bekannt. Er zog mit auf die Kreuzzüge und es geht die Sage um, dass er auf dem Heimweg zusammen mit Will von Blankfels, genannt der Schwarze Ritter, reiste. Wie sie wahrscheinlich wissen, kämpfte etwa die Hälfte der Kreuzritter wirklich für die Erhaltung des Christentums. Die andere Hälfte lediglich zur eigenen Bereicherung. Der Schwarze Ritter hatte erfolgreich einen Sarazenenpalast geplündert. Auf dem Heimweg kam die Reisegruppe durch ein Gebirge in Rumänien. Dort wurden die Reisenden in einem dunklen Wald von wolfsähnlichen Wesen überfallen. Alle, bis auf meinen Urahn Sir Wilhelm of Phellan, starben dort. Kurz bevor der Schwarze Ritter starb, belegte er Sir Wilhelm und seine Nachkommen mit einem Fluch. Er gab meinem Urahn die Verantwortung für seinen Tod. Warum genau er dies glaubte, ist nicht bekannt.“
„Was für einen Fluch?“, fragte Valentina neugierig.
Lucy schwieg ein paar Sekunden lang, es schien, als rückte sie innerlich die Geschichte in ein anderes Licht.
„Nun, grundlegend besagte der Fluch, dass Sir Wilhelm nicht in den Genuss des Schatzes aus dem Sarazenenpalastes kommen würde. Er würde eines elenden Todes sterben und der Fluch würde den erstgeborenen Sohn jeder Generation betreffen. Der Schatz sollte verloren sein, aber gleichzeitig auch nicht verloren sein. Der Fluch besteht solange, bis Sir Wilhelm of Phellan in einer anderen Gestalt wieder aufersteht und wiederkommt. Dann soll er hier im Schloss etwas erledigen. Was er genau tun soll, ist auch nicht bekannt.“
„Das klingt sehr chaotisch“, sagte David mit zutiefst nachdenklicher Stimme. „Ich meine, es ergibt keinen Sinn.“
„In gewisser Weise doch“, sagte Lucy leise. „Seit Generationen ist der erstgeborene Sohn eines frühen und jeweils nicht natürlichen Todes gestorben. Vor etwa zehn Jahren ist der letzte Herr dieses Schlosses, Dastan of Phellan, verschwunden. Er nahm seine Gefährtin Beliar und seine beiden Söhne Marzo und Ragun mit. Vielleicht wollte er durch sein Verschwinden das Leben seines Erstgeborenen schützen.“
„Der Fluch ist jetzt also erloschen?“, sagte Clément mit seiner hohlen Grabesstimme. „Das freut mich zu hören.“
„Onkel Melchior glaubt das nicht. Mit den Jahren ist diese Vorstellung bei ihm zur
Weitere Kostenlose Bücher