Die Rache des glücklichen Mannes
den zierlichen Knien, auslaufend schließlich in schlanken Waden und zarten Knöcheln, die Füße steckten in eleganten Schuhen… ein wirklich schöner Mensch!
Jaatinen vergaß sein eigentliches Anliegen, so als hät te er nie eines gehabt. Er blieb am Empfangstresen stehen und betrachtete die schöne Frau, die bald be merkte, dass sie Gegenstand seines Interesses war. Sie wurde ein wenig verlegen, kein Wunder, denn Jaatinens Augen waren so starr auf sie gerichtet wie eine Filmka mera, die eine erregende Szene aufnimmt.
Um sich aus Jaatinens starren Blicken zu lösen, kam die Frau an den Empfangstresen und fragte ihn nach seinem Anliegen. Jaatinen war außerstande, auf die Frage zu antworten, seine großen Pranken pressten sich um die Kante des Tresens, sodass in der grünen Kunst stofffläche Schrammen entstanden; dann wurde er knallrot, drehte sich um und marschierte hinaus. In der Tür brummte er verwirrt, jedoch mit hörbarer Stimme::
»Na, so was!«
Jaatinens Gemütsbewegung war so gewaltig, dass ihm erst draußen einfiel, was er von Jäminki und Kum panen gewollt hatte. Er mochte jedoch nicht noch ein mal ins Büro zurückkehren, sondern schnappte sich sein Fahrrad und trampelte zum Fluss, dass die Kette knirschte. Erst als er auf der Baustelle angekommen war, war die Röte von seinem Gesicht verschwunden. Für den Rest des Tages schloss er sich in seiner Baubu de ein, um über das, was er erlebt hatte, nachzudenken.
Am nächsten Tag erkundigte er sich unauffällig, wen er da am Vortag im Gemeindebüro gesehen hatte. Pyö rähtälä erzählte, wenn die Frau auffallend schön gewe sen sei, so handle es sich ganz offensichtlich um Irene
Koponen. Fräulein, und Gemeindesekretärin von Kuus mäki.
Die Gemeindesekretärin also. Jaatinen bemerkte, dass er eifersüchtig auf die Männer von Kuusmäki wurde. Hier fand sich also die Erklärung, warum zum Beispiel Gemeindevorsteher Jäminki die dörflichen Angelegenheiten so eifrig vom Gemeindeamt aus regelte, obwohl er gar kein kommunaler Beamter war, sondern ein Ehrenamt innehatte. Jetzt war klar, warum dieser vierschrötige alte Bauer im Gemeindebüro herumhockte, in der Nähe seiner wundervollen Sekretärin. Und Bau meister Kainulainen, ein farbloser Mann mittleren Al ters? Es war einfach unverdientes Glück, dass so ein Kerl täglich die bildschöne Gemeindesekretärin anse hen, ja sogar mit ihr sprechen konnte…
Mit diesen Gedanken ging Jaatinen ins Mittsommer fest. Er zog sich am Abend gebügelte Hosen an, putzte seine Schuhe, schlüpfte in sein neues buntes Hemd, rasierte sich sorgfältig und stieg aufs Fahrrad. Dann radelte er langsam ins Kirchdorf. Ein warmer Sommer-wind ließ sein Hemd flattern, die Vögel sangen, es roch nach Saunaquasten. Oh lieblicher Sommer, oh Ingeni eur Jaatinen, frisch verliebter Hüne, der da seiner Mitt sommerfeier entgegenstrebt, in seinem großen Herzen die Hoffnung eines sehnsuchtsvollen Mannes, eine scheue Erwartung, die Vorahnung von Glück. Der ver liebte Brückenbauingenieur wirkte in dieser Umgebung und in diesem Gemütszustand nicht anders als jeder verliebte finnische Mann: Das Gesicht hat einen unbe schreiblich dümmlichen Ausdruck, die Lippen sind gespitzt, eine Andeutung von Gesang ist zu hören, der Blick irrt über das Gebüsch neben der Straße und er fährt mit seinem Fahrrad am linken Straßenrand.
Jaatinen fuhr ins Motel, bestellte sich kaltes Bier, aß gut. Im Restaurant des Motels war viel Betrieb. Männer von der Baustelle kamen zu Jaatinen an den Tisch, Manssila, Pyörähtälä und ein paar andere. Jaatinen trank nicht viel, es war noch nicht der geeignete Zeit punkt für einen Rausch, ein Mittsommerabend ist lang.
Irgendwann im Verlaufe des Abends kamen Jäminki und Kainulainen ins Restaurant. Als sie Jaatinen ent deckten, verzogen sie sich in den Rotary-Salon. Bald sah man auch Kommissar Kavonkulma durch dieselbe Tür verschwinden, und hinter ihm tappte vorsichtig Propst Roivas in den Salon.
»Die haben irgendwas vor«, sagte Pyörähtälä. »Mich wundert ja, dass diese Oberen von Kuusmäki
uns dermaßen hassen«, äußerte Jaatinen. »Ich habe auch in Österbotten Brücken gebaut, und dort ist man mir wenigstens nicht gleich mit Hass begegnet.«
»Die hier sind einfach so«, sagte Manssila. »Man braucht ihnen gar keinen besonderen Anlass zu geben, sie haben einfach einen Grundhass gegen alle neuen Leute im Ort. Auch Lehrer sind schwer herzukriegen,
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