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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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erfahren, wer Sano war, und die Leute wollten ihm bei der Arbeit zuschauen.
    »Platz da!« Neben Sano hob Hirata seine jitte . »Macht Platz für den sōsakan-sama! «
    Obwohl Hirata und seine Helfer eine so große Menschenmenge unmöglich auseinandertreiben konnten, hielten sie die Leute immerhin in Schach, so daß Sano ungehindert bis zum Turm gelangen konnte. Sano erkannte, daß der junge dōshin ihm bessere Dienste leistete als erwartet und daß er es mit Sicherheit bereitwilliger tat, als es bei Tsuda oder Hayashi der Fall gewesen wäre.
    Sano stieg die Leiter des Feuerwachturms hinauf. Die Sprossen fühlten sich feucht an; deshalb war Sano zwar enttäuscht, aber nicht erstaunt, als er feststellte, daß die Plattform des Turmes saubergewischt war; in der Mitte befand sich eine kleine Wasserpfütze. Eine körnige Substanz knirschte unter Sanos Füßen: Salz. Die Stadtbewohner hatten den Turm bereits gewaschen und gereinigt, um die spirituelle Verschmutzung zu beseitigen, die durch die Berührung mit dem Tod entstanden war, und dabei hatten sie sämtliche Spuren beseitigt, die der Mörder und seine Trophäe hinterlassen hatten.
    Sano lehnte sich gegen einen der Pfähle, die das Dach des Turmes trugen, und ließ den Blick über das Häusermeer Edos schweifen. In einer Stadt aus Holz, deren Einwohner Kohlebecken zum Heizen und Kochen benützten, stellte eine Feuersbrunst eine ständige Bedrohung dar. Kaum ein Monat verging ohne einen Häuserbrand. Vor zweiunddreißig Jahren hatte das Große Feuer von Meireki den größten Teil Edos verschlungen und Hunderttausende von Menschenleben gefordert. Deshalb hielten die Einwohner der Stadt auf Türmen wie diesem ständig Feuerwache und läuteten beim ersten Anblick von Rauch oder einer offenen Flamme sofort die Glocken, die von den Dächern hingen. Heute war die Luft in allen Richtungen klar. Letzte Nacht aber hatte der Nebel eine Feuerwache auf dem Turm überflüssig gemacht. Der Mörder hatte sich einen günstigen Zeitpunkt gewählt und war von der Bildfläche verschwunden, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Bedrückt schüttelte Sano den Kopf und schaute in die Tiefe.
    Die wimmelnden Straßen erinnerten ihn daran, daß Edo sich einer Million Einwohner rühmte; davon waren etwa fünfzigtausend Samurai. Er, Sano, hatte erst in einem einzigen Mordfall ermittelt, der überdies von ganz anderer Natur gewesen war als dieser hier. Wie sollte er den Mörder jemals finden? Angesichts der Wahrscheinlichkeit, zu versagen und so Schande auf sich zu laden, wünschte Sano sich beinahe, er hätte den Rat Noguchis befolgt. Doch der bushidō verlangte von einem Samurai, seinem Herrn bedingungslos und klaglos zu dienen. In Sanos Fall kam hinzu, daß er das Versprechen halten mußte, das er seinem Vater gegeben hatte. Mehr als je zuvor wünschte sich Sano, er könnte sich von der Klugheit und Erfahrung seines Vaters leiten lassen.
    »Was soll ich tun, chichiue? « flüsterte er.
    Doch falls der Geist seines Vaters die Frage gehört hatte, antwortete er nicht. Sano kletterte die Leiter hinunter und empfand das Gefühl des Verlustes so stark wie nie zuvor. Am Fuße des Turmes wurde er von Hirata erwartet.
    »Befrage jeden Bewohner dieses Viertels und stelle fest, ob jemand in der vergangenen Nacht oder heute morgen etwas Verdächtiges bemerkt hat«, sagte Sano. »Achte auf Männer mit Schwertwunden. Gehe mit deinen Helfern von Tür zu Tür, und durchsuche jedes Gebäude. Fange mit der Apotheke und dem Feuerwachturm an und arbeite dich dann durchs ganze Viertel.«
    Er erklärte Hirata, worauf er achten sollte; dann hielt er inne. Es widerstrebte Sano, diesen jungen, fremden Burschen mit diesen Aufgaben zu betrauen, doch er mußte sich um eine wichtige Sache kümmern.
    »In der Stunde des Hundes erstattest du mir am Haupttor des Palastes Bericht«, endete Sano und wandte sich zum Gehen.
    » Sōsakan-sama .«
    Sano, der bereits zehn Schritte die Straße hinuntergegangen war, wandte sich um und schaute Hirata an, der noch immer an der Leiter des Feuerwachturms stand.
    »Ja?«
    » Sumimasen – es tut mir leid, verzeiht mir.« Hiratas Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er unruhig schluckte, doch seine Stimme war fest. »Ihr werdet nicht bereuen, daß ich für Euch arbeite«, sagte er, und auf beiden Wangen Hiratas erblühten rote Flecken.
    Erstaunt schaute Sano ihn an. Im Auftreten des jungen dōshin vermischte sich die Entschlossenheit des reifen Erwachsenen mit der forschen Art der

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