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Die Rache des Samurai

Die Rache des Samurai

Titel: Die Rache des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Gewehrschießen und Sprengen, und die Hattori-Ninja, welche die metsuke gegründet hatten – die Garde der kaiserlichen Spione – und die einst im Palast von Edo als Befehlshaber der Sicherheitstruppe dienten. Und stets waren hinter den Kulissen die Frauen zu sehen – schattenhafte Gestalten, deren Namen in keiner geschichtlichen Abhandlung erschienen. Als Dienerinnen, Prostituierte und Unterhaltungskünstlerinnen getarnt – oder als Tempelwächterin, wie Aoi –, waren diese Frauen als Spione und Meuchelmörder tätig gewesen und hatten Feinde beseitigt oder enttarnt, indem sie Mittel benützten und Wege beschritten, welche männlichen Spionen verwehrt waren.
    Nun aber waren die Kriege vorüber. Die meisten überlebenden Ninja waren in ihre geheimen Bergdörfer zurückgekehrt. Einige waren zu Verbrechern geworden oder dienten als private Leibwächter und Wachposten in den Städten. Die lange Reihe der Ninja, die der herrschenden Kriegerkaste half, militärische und politische Pläne zu entwerfen und Ränke zu schmieden, endete mit ihr, Aoi. Sie war ein Anachronismus, von der geschichtlichen Entwicklung überholt, doch sie diente den Tokugawa, weil sie der gleichen Bedrohung ausgesetzt war wie ihre Ahnen: der brutalen Vernichtung. Falls sie den Gehorsam verweigerte, würden die Tokugawa sie töten lassen und Truppen in die Berge schicken, um ihre Familie und die anderen Klans niederzumetzeln, aus der Aois kleine Ninja-Volksgruppe bestand. Es war schon einmal geschehen, und es konnte wieder geschehen. In Japan wurde für den Verstoß eines einzelnen traditionsgemäß die ganze Familie bestraft.
    Aoi kämpfte ihre sinnlose Wut nieder und gemahnte sich selbst, daß boshafte Empfindungen zwar eine Quelle der Kraft und der Macht waren – aber nur dann, wenn man sie richtig einsetzte.
    »Sano hat keine Geliebte«, beendete sie ihren Bericht, »und er zwingt auch die Hausmädchen oder Stalljungen nicht dazu, ihm zu Willen zu sein. Soweit ich den Berichten meiner Zuträger entnehmen kann, ist Sano genau der Mann, der er zu sein scheint: All sein Denken und Streben ist allein auf seine Pflichten gerichtet. Ein vollkommener Samurai.«
    Im Unterschied zu Yanagisawa, der all jene Laster und Schwächen aufwies, die Sano nicht besaß. Was für eine verachtenswerte Kreatur der Kammerherr doch war!
    Yanagisawas seidene Umhänge glitten zischend über den Boden, als er sich umdrehte und Aoi anschaute. Seine Gestalt bildete einen schwarzen Schemen vor dem Hintergrund des hellen Fensters, und sein Gesicht lag im Schatten. Doch Aois Augen waren dermaßen scharf, daß sie erkannte, wie heißer Zorn Yanagisawas schöne, männliche Züge zu einer häßlichen Fratze verzerrte.
    »Ein vollkommener Samurai«, wiederholte er Aois Worte mit zusammengepreßten Zähnen und höhnischem Beiklang.
    Mit ihren geschärften Sinnen spürte Aoi die leichte Turbulenz in der Luft, die Yanagisawa umhüllte, und sie nahm den schwachen bitteren Geruch wahr, den sein Körper verströmte. Beides verriet seine maßlose Furcht vor Sano – und seinen unbändigen Haß auf diesen Mann. Aoi konzentrierte sich vollkommen auf Yanagisawa – es war eine Fähigkeit, die sie bis zur Perfektion entwickelt hatte – und tastete mit ihren geistigen Fühlern suchend nach dem Grund dafür, daß der Kammerherr soviel Energie und dermaßen starke Empfindungen scheinbar sinnlos an einen Untergebenen verschwendete. Yanagisawa stand in dem Ruf, schon frühzeitig die Karriere von Männern zu beenden, die vielleicht so hoch aufzusteigen vermochten, daß sie ihm sein Ansehen und seine Macht streitig machen konnten. Und Sano besaß eine hervorragende Ausgangsposition für einen so steilen Aufstieg, da er dem Shōgun das Leben gerettet hatte. Doch Yanagisawas nächste Worte ließen seine wahren Motive erkennen und erfüllten Aoi mit Furcht.
    »Zwei Monate Beobachtung, und es kommt nichts anderes dabei heraus als der Beweis dafür, daß Sano einen lauteren Charakter besitzt!« Er begann, mit raschen und ruhelosen Schritten im Zimmer auf und ab zu gehen. »Dabei ist es jetzt wichtiger als je zuvor, eine Waffe zu finden, die man gegen ihn einsetzen kann! Schließlich hat Seine Hoheit Sano damit beauftragt, im Mordfall Kaibara Tōju zu ermitteln!«
    Abrupt blieb Yanagisawa vor Aoi stehen. »Seid Ihr sicher, daß der tugendhafte Sano keine Schwäche hat, die man gegen ihn benützen könnte?«
    In Aoi keimte eine wachsende Sympathie für Sano auf, die vermutlich auf den Haß

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