Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
Weiblicher Single aller Zeiten war quasi zementiert – zum großen Kummer hunderttausender männlicher Normalos, die alle der festen Überzeugung waren, der Richtige für sie zu sein. Und dann stand auf dem roten Teppich auf einmal genau so ein Typ an ihrer Seite … ein Normalo. Man konnte ihn aufpolieren und über ihn fabulieren, soviel man wollte – Clint Sever, studierter Ingenieur und passionierter Webdesigner, war und blieb der nette Kerl von nebenan. Als die beiden sich im Vorjahr unter nebulösen Umständen kennengelernt hatten (darüber mehr in Erfahrung zu bringen war das eigentliche Ziel von Andys Interview), lebte Clint noch in Louisville, Kentucky, Lichtjahre entfernt von der Glitzerwelt Hollywoods und kannte Olive Chase bis dahin anscheinend nur aus einem Weihnachtsfilm, in dem sie zwanzig Jahre zuvor die Hauptrolle gespielt hatte. Er war neunundzwanzig, in puncto Größe, Gewicht und Aussehen absoluter Durchschnitt, und wirkte in sämtlichen Interviews, die Andy sich angesehen hatte, nicht im Mindesten geplättet von seinem neuen Leben und seiner megaberühmten Verlobten. Er hatte bereitwillig einen Ehevertrag unterschrieben, laut dem ihm im Fall einer Scheidung null Komma null zustand, ganz gleich, wie lange die Ehe hielt, wie viel Olive währenddessen verdiente und wie viele Kinder sie möglicherweise hätten. Er ließ Interviews über sich ergehen, lief über rote Teppiche und nahm pflichtgemäß an A-Listen-Partys teil, schien aber von alldem weder beeindruckt, eingeschüchtert noch überwältigt zu sein, ja offenbar interessierte es ihn nicht einmal sonderlich. Olive hingegen schwärmte in einem fort von ihrem »neuen Mann«, »dem neuen sexy Typen« in ihrem Leben, und erklärte, er sei »der Mensch, der mich glücklicher macht, als ich es je für möglich gehalten hätte«. Obwohl sie nicht zuletzt dank ihrer zehn Jahre Altersvorsprung bis dahin praktisch schon mit sämtlichen lebenden und berühmten Schauspielern, Sportlern und Musikern das Bett geteilt hatte (mit einer angeblich sehr ausbalancierten Männer- und Frauenquote), war sie den Berichten zufolge bis über beide Ohren in ihren 08/15-Knaben verknallt und kannte nichts Schöneres, als sich darüber auszulassen.
»Gut! Ich finde es einfach super hier.« Olive machte es sich auf der Liege neben Andy bequem und faltete ihre Giraffenbeine unter sich zusammen. »Die anderen brauchen wohl alle noch eine Weile, darum habe ich mir gedacht, wir könnten uns doch jetzt ein bisschen unterhalten.«
»Perfekt«, sagte Andy und nahm ihr Notizbuch heraus, doch Olive hatte es offenbar nicht allzu eilig, mit dem Interview zu starten.
Sie winkte eine Hotelangestellte herbei, die unauffällig an der Tür stand, und sagte: »Schätzchen, meinen Sie, Sie können die Regeln ausnahmsweise vergessen und uns was Anständiges zu trinken bringen? Ich glaube, Tee ist heute nicht so der Brüller.«
Die Frau strahlte Olive an. »Aber natürlich, Miss Chase. Was hätten Sie gern?«
»Eine Margarita Patrón ohne Salz.« Sie überlegte kurz und schüttelte den Kopf. »Nein, mit extra viel Salz. Aufgedunsen hin, aufgebläht her.« Sie sah zu Andy. »Möchten Sie einen Shirley Temple? Ach nein, wahrscheinlich nicht, der hat ja so viele künstliche rote Farbstoffe und chemische Zusätze. Kriegt man von Maraschino-Kirschen nicht quasi automatisch Krebs? Dann also Pellegrino für Sie?«
Andy war hin und weg.
»Ich bin Daphne ausgebüxt, meinem PR -Mädel«, sagte Olive im Verschwörerton und beugte sich vor. »Sie wird stinksauer sein! Aber mein Gott, was soll schon groß passieren? Sie schreiben doch für ein Hochzeitsmagazin! Das hier ist ja schließlich kein Interview für 60 Minutes oder so.«
»Das stimmt allerdings«, sagte Andy sehr erleichtert über ein paar unbewachte Momente allein mit Olive. Wenn sie die Frau dazu brachte, fleißig weiterzutrinken, würde sie ihr nach Herzenslust Fragen stellen können. Zwar hatte sich US Magazine bereits die Rechte an den ersten Hochzeitsfotos gesichert, doch Andy hoffte darauf, dass sie die umfangreichste Story zusammenbekommen und mit Dutzenden zusätzlicher Bilder aller Art garnieren würde – weit mehr als die zwei Doppelseiten, die US in wilder Hast binnen sechsunddreißig Stunden nach dem großen Ereignis veröffentlichen musste.
»Wann ist es denn bei Ihnen so weit? Dem äußeren Anschein nach jede Sekunde.«
Andy lachte. »Dem Gefühl nach auch. Aber es dauert wohl noch ein paar Wochen.«
Olive schmachtete
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