Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
Wurden tatsächlich vor dem Essen keine Cocktails gereicht? Wenn das so weiterging, waren sie in einer Stunde wieder zu Hause – was Andy nur recht sein sollte.
Im Speisezimmer sah Andy zu ihrer Erleichterung, dass der große Tisch für fünf gedeckt war. Also kamen noch zwei Leute dazu! Das ergab zwar keinen größeren Kreis, in dem man sich verstecken konnte, aber es war allemal besser, als zu zweit den ganzen Abend Mirandas geballte Aufmerksamkeit zu genießen.
Als sie Platz nahmen, erschien Cassidy wieder auf der Bildfläche.
»Wo ist denn Jonas? Isst er heute Abend nicht mit?«, fragte Miranda mit missbillig gekräuselten Lippen. Jonas nahm auf Mirandas Favoritenliste eindeutig keinen Spitzenplatz ein.
»Nein, Mutter. Und ich auch nicht. Ich habe gerade aus der Küche gehört, dass es schon wieder Steak gibt? Im Ernst?« Cassidy fischte ein Mehrkornbrötchen aus der Holzschüssel, die auf dem Tisch stand, und biss herzhaft hinein wie in einen Apfel. Ihre Halbrasur wirkte aggressiv und cool zugleich.
Mirandas Blick war mörderisch. »Setz dich hin, Cassidy«, fuhr sie ihre Tochter an – ein geknurrter Befehl, eine Stimme wie aus Stahl. »Du benimmst dich unhöflich gegenüber unseren Gästen.«
Zum ersten Mal seit ihrem Eintreffen blickte Cassidy zu Andy und Emily hin. »’tschuldigung«, sagte sie unbestimmt und dann sehr bestimmt zu Miranda: »Ich bin jetzt seit einem Jahr Vegetarierin, und dass du das nicht zur Kenntnis nehmen willst, ist echt …«
Mirandas Hand schoss in die Höhe. »Schön. Ich sage Damien, er soll euch etwas aufs Zimmer bringen. Das wäre alles.«
Dem Blick nach war das Mädchen kurz vor einer heftigen Erwiderung, doch dann schnappte es sich lediglich noch ein zweites Brötchen und war wie der Blitz aus dem Zimmer.
Da saßen sie nun, zu dritt allein. Zu Andys großem Erstaunen erholte Miranda sich jedoch rasch und war wieder so reizend wie zuvor. Während der Vorspeise – Ceviche aus rohem Thunfisch mit Avocado und Grapefruit – unterhielt Miranda sie mit amüsanten Anekdoten von sämtlichen Missgeschicken, Pannen und Katastrophen der Herbstmodewoche.
»Wir waren also alle versammelt, es herrschte das übliche aufgeregte Geschnatter, und auf einmal fällt der Strom aus. Bumm. Alles schwarz. Ich möchte gar nicht näher erläutern, was ein Rudel Models im Stockfinsteren so alles tut und treibt. Können Sie sich das vorstellen?« Miranda lachte, und Emily stimmte mit ein, während Andy sich fragte, was die Models denn nun genau getrieben haben mochten.
Als die Bediensteten große Platten mit zarten Steakscheiben vom Wagyu-Rind brachten, wandte Miranda sich Andy zu. »Haben Sie in nächster Zeit irgendwelche Reisepläne?«, fragte sie allem Anschein nach mit wachem Interesse.
»Nur für das Magazin«, sagte Andy, säbelte vorsichtig einen Bissen von ihrem Steak ab und ließ es dann aber vorerst liegen; sie war zu nervös, um gleichzeitig zu essen und zu reden. »Kommenden Monat werde ich wohl nach Hawaii fliegen, um über die Hochzeit der Miraflores zu berichten.«
Miranda nippte an ihrem Weißwein und nickte beifällig. »Mhm, es hätte mich immer schon interessiert, wie es auf Big Island in der Zwischensaison so ist«, sagte sie. »Sie müssen mir unbedingt davon erzählen.« Und dann: »Erinnern Sie mich daran, dass ich Ihnen den Namen unseres Fahrers in Maui aufschreibe, falls Sie dorthin wollen. Er ist hervorragend.«
Andy bedankte sich und sah zu Emily hinüber, die ihr unverzüglich einen Blick Marke Na, siehst du? zuwarf. Dem hatte Andy nichts entgegenzusetzen. Auch wenn sie es nie für möglich gehalten hätte – vielleicht war Miranda im Lauf der vergangenen zehn Jahre ja tatsächlich umgänglicher geworden.
Eben empfahl ihre Gastgeberin ihnen eine bestimmte Villa auf Jamaika, die sie dringend mal für den Urlaub buchen müssten, da war aus dem Eingangsbereich etwas zu hören. Niemand reagierte. Miranda schwärmte weiter von der Villa mit dem traumhaften Infinity Pool, den hypermodernen Schlafzimmern und dem atemberaubenden Meerblick. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Andy zu und erkundigte sich nach Clementine.
»Was für ein entzückender Name«, flötete sie. »Haben Sie Bilder von ihr dabei?«
Haben Sie Bilder von ihr dabei? Andy hütete sich wohlweislich, ihr Handy zu zücken, und schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid«, sagte sie, »ich habe keine Fotos mitgebracht.« Gerade wollte sie sich im Gegenzug bei Miranda nach Caroline und Cassidy
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