Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
das nun einmal bei Runway .
»Ich muss das glücklichste Girl der Welt sein«, säuselte Nigel. »Andrea Sachs, setz dich zu mir.«
Er trug eine Mischung aus Gewand und Kleid, ganz in Weiß, darunter eine Hose, die eine Röhrenjeans hätte sein können, aber eher an Leggings erinnerte. Ein seidener Fransenschal, der Länge nach – und nicht gerade sehr dezent – mit dem Louis-Vuitton-Logo bedruckt, hing ihm bis auf die Knie. Trotz der Tropenhitze hatte Nigel es sich nicht nehmen lassen, das Ensemble oben mit einer Nerzmütze im Kosakenstil und unten mit violetten Samtschuhen abzurunden.
Andy blieb nichts anderes übrig, als neben ihm Platz zu nehmen. Er grinste sie breit, aber nicht unbedingt freundlich an. »Ich werde kein Wort darüber verlieren, wie du mich im Stich gelassen hast! War das der Dank dafür, dass ich dich unter meine Fittiche genommen habe?« Er zupfte an Andys Tunika und verzog das Gesicht. »Dass du mich sitzen lässt? Ohne ein Wort des Abschieds?«
Nach dem Debakel in Paris hatte Andy keinen Fuß mehr in die Runway -Redaktion gesetzt, nicht einmal, um noch einen Bleistift zu holen, aber sie hatte Nigel einen langen, persönlichen Brief geschrieben, in dem sie sich für ihre Respektlosigkeit gegenüber Miranda entschuldigte und ihm für seine Hilfe und Unterstützung dankte. Keine Reaktion. In den folgenden Monaten hatte sie ihm eine Kopie des Briefs und mehrere »Du-fehlst-mir«-Mails geschickt und einmal sogar einen Kommentar auf seinem Modeblog hinterlassen. Funkstille. Emily erging es nicht anders. Als sie sich nach der Kündigung bei ihm Trost holen wollte, war er für sie nicht zu sprechen und hatte sie von seiner Assistentin abwimmeln lassen. Auch Emily hatte ihm diverse Mails geschickt und ihn sogar zu einer Dinnerparty von Harper’s Bazaar eingeladen, aber nicht einmal eine Absage von ihm bekommen.
Andy räusperte sich. »Es tut mir so leid, aber ich habe wirklich versucht …«
»Ich bitte dich!« Nigel fuchtelte abwehrend mit der Hand. »Wir wollen doch auf einer Party nicht über die Arbeit reden. Mädels, ihr erinnert euch sicher noch an Andrea Sachs?«
Serena und Jessica würdigten sie weder eines Kopfnickens, noch schenkten sie ihr ein gleichgültiges Lächeln. Die eine musterte Andys Outfit mit eisiger Verachtung, die andere starrte Andy nur stumm über den Rand ihres Weinglases hinweg an. Während Andy ihr San Pellegrino trank, ließ sie sich von Nigel mit Bemerkungen über Harpers Kleid und Macks Jackett zudröhnen. Er war ein Spinner, keine Frage, aber die alte Andy hatte trotzdem noch immer eine kleine Schwäche für ihn. Mit einem vielsagenden Lächeln wandte er sich schließlich von ihr ab und dem Model zu seiner Linken zu. Serena und Jessica mischten sich unter die Gäste, und Andy wusste, dass auch sie sich ins Getümmel stürzen müsste. Seit einer Ewigkeit hatte sie sich bei einem solchen Anlass nicht mehr so unbeholfen gefühlt. Seit genau zehn Jahren, um genau zu sein. Sie knabberte eine Scheibe Maisbrot und hielt sich an ihrem Wasser fest, unter dem Tisch immer eine Hand auf ihrem Bauch. Waren es die alten Runway -Schwingungen, die ihr auf den Magen schlugen, oder lag es nicht womöglich doch an der Schwangerschaft, von der noch nicht einmal ihr Mann etwas wusste?
Die Tischreden fingen an. Harpers beste Freundin, eine Stylistin, die nicht nur für ihre genialen Haarkreationen, sondern auch als tatkräftige Unterstützerin der Transgenderbewegung bekannt war, stimmte einen rührenden, wenn auch etwas langweiligen Lobgesang auf das glückliche Paar an. Nach ihr war ein Bruder von Mack an der Reihe, ein Basketballprofi, der zahlreiche Vergleiche zwischen Mack und Magic Johnson anstellte, von denen nicht ein einziger passte. Nigel stand als Nächster auf. Er erzählte die Geschichte von Harpers wundersamer Verwandlung – wie aus dem linkischen Teenager ein schwanengleicher Star wurde, dem die ganze Welt zu Füßen lag –, ein Wunder, das nur ein Mensch bewirken konnte: Nigel. Er erntete schallendes Gelächter.
Als endlich alle beim Dessert saßen, stand Andy mit einer Entschuldigung auf und verließ das Zelt. Sie kramte das Handy aus der Clutch und wählte – horrende Roaming-Tarife hin oder her. Schließlich handelte es sich um einen Notruf.
Emily ging nach dem ersten Klingeln ran. »Na, alles im Lack? Bitte sag mir jetzt nicht, dass sie die Hochzeit abgeblasen haben.«
»Alles läuft wie am Schnürchen«, antwortete Andy. Es tat ihr gut, die Stimme ihrer
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