Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
gleich, ob dort zwischen ihnen etwas vorgefallen war oder nicht: Sie musste es wissen.
»Wobei mir einfällt – hab ich Ihnen schon mal von der resoluten jungen Frau mit dem losen Mundwerk erzählt, die den Ölscheich aus Katar heiraten wollte? Sie hatten Necker Island gemietet, eine von den Jungferninseln, und knapp tausend Gäste einfliegen lassen. Also Folgendes: Vor der Hochzeit haben sie sich eine ganze Woche nur gestritten, und zwar über alles, angefangen von der Tischordnung bis hin zu der Frage, welche der beiden Mütter den ersten Tanz bekommen sollte. Die üblichen Kabbeleien eben. Bis zum Hochzeitsmorgen. Da unterhält sich nämlich die Braut, die als Nachrichtensprecherin beim Lokalfernsehen arbeitet, mit ihrer Cousine und lässt nebenbei die Bemerkung fallen: ›Mein Freund X meint, es dauert höchstens noch ein Jahr, bis ich ein Angebot von einem der ganz großen Sender bekomme.‹ Da ist der Scheich ausgeflippt. Er hat sie bitterböse angeknurrt, was das denn bitte schön zu bedeuten hätte. Ob sie sich nicht einig gewesen wären, dass sie nach der Hochzeit nicht mehr arbeiten geht? Und ich denke, Wahnsinn! So einen dicken Stolperstein hättet ihr mal lieber im Vorfeld ausräumen sollen.«
Andy konnte sich auf nichts konzentrieren, nur auf den dumpfen Druck hinter ihrer Stirn. Wenn Nina sie doch nur mit ihrem Geplapper verschonen würde …
»Nina, ich …«
»Warten Sie, jetzt wird’s erst richtig gut. Ich lasse die beiden erst mal allein, damit sie es ausdiskutieren können, und als ich eine halbe Stunde später zurückkomme, scheint alles wieder im grünen Bereich zu sein. Problem gelöst – denke ich zumindest. Die Hochzeit geht los. Der Bräutigam schreitet nach vorn, die Brautjungfern schreiten nach vorn, die Blumenmädchen schreiten nach vorn, und dann sind wir nur noch zu dritt: die Braut, ihr Vater und ich. Alles läuft wie am Schnürchen. Der Hochzeitsmarsch beginnt, aller Augen richten sich auf sie, da wendet sie sich mit einen strahlenden Lächeln zu mir und flüstert mir etwas ins Ohr. Wollen Sie wissen, was?«
Andy schüttelte den Kopf.
»Sie sagt: ›Danke, dass Sie alles so perfekt organisiert haben, Nina. Genau so habe ich es mir vorgestellt. Meine nächste Hochzeit lege ich wieder in Ihre Hände.‹ Damit hakt sie sich bei ihrem Vater unter und marschiert los! Nicht zu fassen, was? Sie hat es echt durchgezogen!«
Andy fröstelte, obwohl ihr fast fiebrig heiß war. »Und? Hat sie sich später tatsächlich noch mal gemeldet?«, fragte sie.
»Kann man wohl sagen. Nach zwei Monaten war sie geschieden, nach einem Jahr frisch verlobt. Die zweite Hochzeit war nicht ganz so groß, aber genauso schön. Man konnte sie gut verstehen. Es ist ja schon schwer genug, eine Verlobung oder auch eine Hochzeit abzublasen, nachdem die Einladungen verschickt sind. Aber am Hochzeitstag selbst? Da kneift man nicht mehr. Da heißt es: Augen zu und durch.« Nina lachte, und ihr Pferdeschwanz wippte neckisch.
Andy nickte stumm. Bei Emily und ihr war dieses Thema der Dauerbrenner. In den fast drei Jahren, die es The Plunge nun schon gab, war es wohl ein halbes Dutzend Mal vorgekommen, dass eine Hochzeit kurzfristig abgesagt wurde. Aber am Tag der Trauung? Nicht eine.
»So, am besten setzen Sie sich schon mal hin, legen das Cape um und warten auf Lydia. Sobald die Porträtaufnahmen gemacht sind, dimmt sie das Make-up wieder ein bisschen runter. Hach, ich bin ja schon so gespannt auf die Fotos. Man wird Ihnen das Heft regelrecht aus der Hand reißen.«
Taktvollerweise sprach Nina nicht aus, was in diesem Augenblick beide dachten: dass diese Ausgabe nicht etwa darum so begehrt sein würde, weil Andy die Mitbegründerin der Zeitschrift war oder weil Monique Lhuillier persönlich ihr Hochzeitskleid entworfen hatte, und noch nicht einmal, weil Barbara Harrison mit sicherer Hand die beste Hochzeitsplanerin und die fähigsten Floristen und Caterer beauftragt hatte, die für Geld zu bekommen waren, sondern einzig und allein deswegen, weil Max in dritter Generation einen der erfolgreichsten Medienkonzerne der Vereinigten Staaten leitete. Da fiel es auch nicht weiter ins Gewicht, dass die Harrison Media Holding weiter um das wirtschaftliche Überleben kämpfte. Man hielt die Harrisons für wesentlich wohlhabender, als sie es in Wirklichkeit waren. Dafür sorgten allein schon ihr guter Name, das blendende Aussehen, die tadellosen Manieren und die vorzügliche Bildung. Obwohl sie schon seit Jahren nicht mehr
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