Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
unter Miranda Priestly bei Runway ins Spiel, worauf Mrs Harrison sich gespannt vorbeugte und in den Verhörmodus überging. Ob es Andy dort gefallen habe? Ob die Arbeit für Ms Priestly nicht eine unschätzbare Erfahrung gewesen sei? Sie betonte, dass sämtliche jungen Frauen aus Max’ engerem Bekanntenkreis für diese Stelle über Leichen gegangen wären, weil sie Miranda verehrten und davon träumten, eines Tages selbst in ihrem Magazin verewigt zu werden. Bei der Frage, ob Andy schon einmal eine Rückkehr zur Runway in Betracht gezogen habe, falls sie mit ihrem »kleinem Start-up-Projekt« scheitern sollte, schien sie regelrecht aufzublühen. Andy hatte tapfer lächelnd das Verhör durchgehalten und freudig nickend Rede und Antwort gestanden.
»Ich glaube, sie war begeistert von dir, Andy«, sagte Max, als sie den Abend, noch ganz aufgedreht von dem Event, in einem Diner an der Upper East Side Revue passieren ließen.
»Meinst du wirklich?« Andy nippte an ihrem Schokoladenshake.
» Alle waren begeistert von dir. Mein Finanzchef konnte sich gar nicht mehr einkriegen, wie witzig du bist. Was hast du ihm denn erzählt?«
»Ach, nur einen kleinen Schwank aus meiner Jugend.«
»Und die Sekretärinnen haben davon geschwärmt, wie gut du aussiehst und wie lieb du dich mit ihnen unterhalten hast. Wahrscheinlich macht sich auf solch einer Party sonst kaum einmal jemand die Mühe, sie mit einzubeziehen. Danke dafür.« Max bot ihr seine in Ketchup getränkten Pommes an. Als sie abwinkte, verputzte er sie selbst.
»Sie waren aber auch alle so nett. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht, mit ihnen zu reden«, sagte sie, und sie meinte es auch so. Nur auf die Bekanntschaft mit Max’ Mutter hätte sie gern verzichten können. Außerdem war sie heilfroh, dass Miranda sich nicht hatte blicken lassen. Aber aufgeschoben war nicht aufgehoben. Vermutlich war es nur eine Frage der Zeit. Schließlich verkehrte sie jetzt in den feinen Kreisen der Familie Harrison.
Sie nahm seine Hand. »Es war ein wunderbarer Abend. Danke für alles.«
»Ich habe Ihnen zu danken, Miss Sachs.« Max drückte ihr einen Kuss auf die Hand und sah ihr dabei so tief in die Augen, dass sie sofort Schmetterlinge im Bauch hatte. »Kommst du noch mit zu mir? Ich glaube, diese Nacht hat gerade erst begonnen.«
3
Augen zu und durch!
»Keine Panik, Kindchen. Am Hochzeitstag ist jeder nervös. Aber das wissen Sie selbst am besten. Sie haben es bestimmt schon oft genug miterlebt. Wir zwei, wir könnten ein Buch darüber schreiben!«
Ninas strenge Hand im Kreuz ließ Andy sich widerstandslos zurück in die Brautsuite eskortieren. Auf der anderen Seite des Panoramafensters leuchtete das Herbstlaub in den kräftigsten Rot-, Orange- und Gelbtönen. Der Altweibersommer am Hudson war wohl der farbenprächtigste überhaupt. Noch vor wenigen Minuten hatte die bunte Landschaft bei Andy glückliche Erinnerungen an ihre Jugend in Connecticut ausgelöst: an den Beginn der Footballsaison, die Apfelernte, die Rückkehr an die Uni. Nun wirkten die Farben matt und stumpf, und die Wolken hatten fast etwas Unheilverkündendes. Andy musste sich an dem antiken Schreibsekretär festhalten, so schwach fühlte sie sich mit einem Mal.
»Könnte ich einen Schluck Wasser haben?«, fragte sie. Sie hatte Angst, dass ihr von dem ekligen Geschmack im Mund gleich wieder schlecht werden würde.
»Kommt schon, Kindchen. Aber denken Sie an Ihr Kleid.« Nina schraubte die Flasche auf und reichte sie ihr.
Das Wasser schmeckte metallisch.
»Lydia und ihr Team sind mit den Brautjungfern und Ihrer Mutter fast fertig. Sie kommt gleich noch mal kurz zum Nachschminken vorbei.«
Andy nickte.
»Es wird alles gut, glauben Sie mir. Ein bisschen Bauchkribbeln ist völlig normal. Aber sobald sich die Tür zum Saal öffnet und Sie Ihren hübschen Bräutigam vor sich sehen, ist das alles vergessen.«
Andy überlief es kalt. Barbara hasste sie. Zumindest war sie gegen die Hochzeit. Natürlich stand es zwischen Schwiegermüttern und Schwiegertöchtern nicht immer zum Besten, doch die Ablehnung, die ihr aus dem Brief entgegengeschlagen war, ging darüber weit hinaus. Bestenfalls war es ein schlechtes Omen, schlimmstenfalls der Beginn eines Alptraums. Auch wenn sie sich noch so sehr um Barbaras Wohlwollen bemühte: Sie würde niemals Katherine sein. Und was hatte die überhaupt auf den Bermudas zu suchen gehabt? Warum hatte Max ihr die Begegnung verschwiegen, wenn er nichts zu verbergen hatte? Ganz
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