Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
Memoiren geschrieben: Kindheits- und Jugenderinnerungen der Tochter zweier weltberühmter Musiker.
»Was soll ich denn dazu bloß anziehen?«, fragte Andy, panisch vor Angst.
»Da du quasi die Gastgeberin bist, muss es schon ein umwerfendes Outfit sein. Womit wir deine übliche Garderobe ›für wichtige Anlässe‹ schon mal komplett vergessen können. Soll ich dir was leihen, oder gehst du lieber shoppen?«
»Wieso bin ich quasi die Gastgeberin?«, krächzte Andy.
»Na, wenn Max der Gastgeber ist und dich als seine Begleitung dazu einlädt …«
»Oh Gott. Und wegen der Fashion Week werden auch noch jede Menge Gäste erwartet. Das pack ich nicht.«
»Versetz dich einfach in die Zeit bei Runway zurück. Sie ist wahrscheinlich auch da. Miranda und Gloria kennen sich nämlich.«
»Ich kann das nicht.«
Bereits eine Stunde vor Beginn der Party fand Andy sich im Carlyle Hotel ein, um Max bei den letzten Vorbereitungen zur Hand zu gehen. Sie trug ein Celine-Kleid, das sie sich von Emily geborgt hatte, schweren Goldschmuck und fantastische High Heels. Als sie in den Saal trat, leuchtete sein Gesicht auf, er umarmte sie zärtlich und raunte ihr zu, wie umwerfend sie aussehe. Da wusste sie, dass sich der Aufwand gelohnt hatte. Sie war stolz auf sich.
Nachdem die geladenen Gäste eingetroffen waren, machte er mit ihr die Runde und stellte sie den Kollegen und Mitarbeitern, Redakteuren und Journalisten, Fotografen und Werbeleuten als seine Partnerin vor. Andy wäre vor Glück fast zersprungen. Sie staunte selbst, wie viel Freude es ihr machte, mit seinen Angestellten zu plaudern und sie mit einer Charmeoffensive um den Finger zu wickeln. Erst als Max’ Mutter eintraf und sich schnurstracks auf sie stürzte wie ein Hai auf die Beute wurde sie plötzlich nervös.
»Ich wollte doch unbedingt die junge Frau kennenlernen, von der Max unentwegt spricht«, sagte Mrs Harrison mit einem aufgesetzten britischen Akzent. »Sie müssen Andrea sein.«
Andy warf einen hilfesuchenden Blick in die Runde, aber vergeblich. Keine Spur von Max, der sie nicht gewarnt hatte, dass er zu dem Event auch seine Mutter erwartete. Rasch wandte sie sich wieder der imposanten Erscheinung im Chanelkostüm zu. »Mrs Harrison? Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen«, sagte sie ohne den kleinsten aufgeregten Kiekser in der Stimme.
Falls sie mit einem »Ich bin ebenfalls erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen«, einem »Bitte, nennen Sie mich doch Barbara« oder sogar mit einem »Sie sehen reizend aus, mein Kind« gerechnet hatte, wurde sie enttäuscht. Sie erntete lediglich einen kritischen Blick vom Scheitel bis zur Sohle und den Satz: »So schlank hatte ich Sie mir nicht vorgestellt.«
Wie bitte? Meinte sie etwa nach Max’ Beschreibung? Oder womöglich nach dem, was ihre eigenen Nachforschungen ergeben hatten?
Andy räusperte sich verlegen. Am liebsten hätte sie ihr Heil in der Flucht gesucht und sich irgendwo verkrochen, doch es ging schon gnadenlos weiter: »In Ihrem Alter habe ich auch kein Gramm zu viel angesetzt«, fuhr Mrs Harrison fort. »Wenn ich das doch nur für Elizabeth ebenfalls sagen könnte – haben Sie Max’ Schwester schon kennengelernt? Sie müsste jeden Augenblick da sein. Leider hat sie die Statur ihres Vaters geerbt. Gebaut wie ein Bär. Athletisch. Nicht übergewichtig, aber auch nicht gerade ausgesprochen feminin.«
So redete diese Frau mit einer Fremden über ihre eigene Tochter? Max’ Schwester konnte einem leidtun. Andy sah Barbara Harrison an. »Nein, ich kenne sie bis jetzt nur von einem Foto, und ich fand sie ausgesprochen attraktiv!«
»Mm.« Mrs Harrison klang nicht überzeugt. Blitzschnell schloss sich ihre trockene, leicht ledrige Hand um Andys Handgelenk. »Kommen Sie«, befahl sie und zog sie mit sich. »Suchen wir uns irgendwo ein Plätzchen. Dann können wir uns ein wenig beschnuppern.«
Andy gab ihr Bestes, einen guten Eindruck zu machen und Mrs Harrison davon zu überzeugen, dass sie ihres Sohnes würdig war. Obwohl ihr die Beschreibung ihrer Tätigkeit bei The Plunge lediglich ein skeptisches Naserümpfen einbrachte, verließ Andy das Gespräch mit dem Gefühl, dass es einigermaßen glimpflich verlaufen war. Sie hatte interessierte, unverfängliche Fragen gestellt, eine witzige Anekdote über Max zum Besten gegeben und erzählt, dass sie sich in den Hamptons kennengelernt hatten, ein Detail, das besonders gut ankam. Und als ihr gar nichts mehr einfiel, brachte sie zuletzt auch noch ihre Zeit
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