Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
mochte keine Partys, und sie mochte keine Schiffe. Demnach hätte eine Party auf einem Schiff für sie eigentlich niemals in Frage kommen dürfen. Auf dem ganzen Planeten gab es maximal fünf Sterbliche, die sie dazu hätten überreden können, eine Yacht zu betreten, und einer davon war Valentino. Obwohl Andy sich denken konnte, dass Miranda schlimmstenfalls eine Viertelstunde bleiben würde, überkam sie Panik. Wie sollte sie es auf so engem Raum mit diesem fleischgewordenen Alptraum aushalten? War es wirklich schon fast zehn Jahre her, dass sie ihr mitten auf einer Straße in Paris ein »Leck mich am Arsch, Miranda!« entgegengeschleudert hatte? Ihr war, als sei es erst gestern gewesen. Während sie hektisch nach ihrem Handy kramte, um Emily anzurufen, ließ Max ihre Hand los, um Valentino zu begrüßen.
»Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Sir«, sagte er in dem förmlichen Ton, der ausschließlich guten Bekannten seiner Eltern vorbehalten war.
»Hoffentlich können Sie mir meinen kleinen Überfall verzeihen.« Valentino deutete eine Verbeugung an. »Eigentlich sollte Giancarlo mich vertreten, aber da ich mit meiner wunderbaren Begleiterin heute Abend ohnehin in New York verabredetet war, wollte ich die Gelegenheit nutzen, mir mal wieder meine Yacht anzusehen.«
»Wir sind entzückt, dass Sie es einrichten konnten, Sir.«
»Lassen Sie es gut sein mit dem ›Sir‹, Maxwell. Schließlich war Ihr Vater einer meiner besten Freunde. Und die Geschäfte laufen gut, ja?«
Max’ Lächeln fiel etwas steif aus. War die Bemerkung als Kompliment oder als Anspielung gemeint? Er konnte es nicht sagen. »Nun ja, man tut, was man kann. Darf ich Ihnen und … Ms Priestly etwas zu trinken anbieten?«
»Miranda, Darling. Komm und lass dich Maxwell Harrison vorstellen, dem Sohn des verstorbenen Robert Harrison. Maxwell leitet die Harrison Media Hol…«
»Das ist mir klar«, fiel sie ihm brüsk ins Wort und musterte Max mit kühlem, gleichgültigem Blick.
Anscheinend war ihre Reaktion für Valentino genauso überraschend wie für Andy. »Ach! Dann kennt ihr euch also schon?«, sagte er offenbar gespannt auf eine Erklärung.
Das Nein von Max fiel mit dem Ja von Miranda auf die Sekunde genau zusammen.
Valentino beendete das darauf einsetzende betretene Schweigen mit herzhaftem Gelächter. »Oho, ich wittere eine Geschichte. Eines Tages werde ich sie bestimmt zu hören bekommen. Ich bin schon sehr gespannt. Haha!«
Andy schmeckte Blut. Sie hatte sich auf die Zunge gebissen. Ihr Magen zog sich zusammen, und ihr fiel auf Teufel komm raus nichts ein, was sie zu Miranda hätte sagen können.
Zum Glück hatte Max seine gute Kinderstube nicht ebenfalls vergessen. Er legte ihr die Hand auf den Rücken und stellte sie vor: »Meine Frau, Andrea Harrison.«
Andy hätte ihn um ein Haar automatisch verbessert, doch dann dämmerte ihr, dass er ihren Mädchennamen absichtlich vermieden hatte. Die Mühe hätte er sich sparen können. Anscheinend hatte Miranda am anderen Ende des Decks jemanden erspäht, der ihr interessanter vorkam, denn sie ließ Max einfach stehen, ohne sich bei ihm zu bedanken oder Andy auch nur eines Blickes zu würdigen.
Mit einem entschuldigenden Lächeln klemmte Valentino sich seinen Mops fester unter den Arm und eilte ihr nach.
Max sah Andy an. »Es tut mir so wahnsinnig leid. Ich hatte ehrlich nicht die leiseste Ahnung, dass sie …«
Andy legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Brust. »Ist doch nicht schlimm. Wirklich nicht. Und es hätte auch wesentlich unerfreulicher ablaufen können. Sie hat mich nicht mal angesehen. Kein Problem.«
Max gab ihr einen Kuss und tröstete sie mit den Worten, sie sehe einfach umwerfend aus. Sie brauche sich von niemandem einzuschüchtern zu lassen – und schon gar nicht von einer Miranda Priestly, die schließlich, wie jeder wisse, die Unhöflichkeit gepachtet habe. Sie solle sich nicht vom Fleck rühren, er werde ihr erst mal ein Glas Wasser holen. Andy lächelte kläglich. Sie drehte sich um und sah zu, wie die Crew den Anker einholte und die Yacht mit Motorkraft vom Pier ablegte. Sie schmiegte sich an die Reling, drehte das Gesicht in die frische Oktoberbrise und atmete ein paarmal gleichmäßig ein und aus. Ihre Hände zitterten. Sie schlang die Arme um sich und schloss die Augen. Der Abend würde bald vorbei sein.
6
Reden ist Silber, Brutzeln ist Gold
Als am Morgen nach der Yacht-Party um sechs Uhr Max’ Wecker klingelte, hätte Andy ihn am liebsten an die Wand
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