Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
Andy sich kaum auf die Arbeit konzentrieren. Auf der einen Seite Barbara, Katherine, die Bermudas und Chlamydien, auf der anderen Miranda. Sie wusste selbst nicht, was ihr mehr Angst machte. Als sie versuchte, sich mit einem kleinen Onlineausflug auf die Website von »Page Six« abzulenken, knallte ihr ein Foto von Mirandas Töchtern entgegen. Aus den kleinen Mädchen, die Andy vor zehn Jahren terrorisiert hatten, waren Teenager geworden, die genauso trübsinnig aussahen wie damals. Die Aufnahme stammte von einer Vernissage am vergangenen Abend: Caroline, von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt, stand eng umschlungen mit einem schnurrbärtigen Typen da, der sein Streuselkuchengesicht in die Kamera drehte. Cassidy hatte sich – erfolgreich, wie Andy zugeben musste – am halb kahlrasierten Schädel-Look versucht. In der hautengen glänzenden Lederhose stach ihre Magerkeit erschreckend hervor, und mit ihren knallrot geschminkten Lippen sah sie aus wie ein Porzellanpüppchen im Gothic-Outfit. Die Bildunterschrift verriet, dass die Zwillinge die Herbstferien in New York verbrachten. Sie waren beide gerade aufs College gekommen; Caroline studierte an der Hochschule für Kunst und Design in Rhode Island, Cassidy an einer französischsprachigen Universität in Dubai. Andy musste grinsen. Man durfte wohl annehmen, dass Miranda von ihren Studienorten nicht gerade begeistert war.
Es klopfte, die Tür ging auf, und schon stand Emily im Büro, ohne ein Herein abzuwarten. »Hey, siehst du aber heute scheiße aus. Bist du immer noch krank? Oder hast du womöglich Max zur Rede gestellt?«
»Ja und noch einmal ja.« Andy nahm sich einen Hershey Kiss und schob das Bonbonglas an Emily weiter, die sich mit einem Seufzer ebenfalls eine Schokopraline auswickelte und in den Mund steckte.
»Und, was hat er gesagt? Ich habe übrigens Miles danach gelöchert, doch der schwört Stein und Bein, dass keine Mädels dabei waren. Und ich glaube ihm. Was nicht heißen soll, dass er mich nie anlügen würde, aber normalerweise sehe ich es ihm an der Nasenspitze an.«
»Es stimmt, Em. Katherine war da. Max hat es zugegeben.«
Ihre Freundin riss den Kopf hoch. Andy starrte blicklos auf den kleinen Schokoladenfleck an Emilys Unterlippe. Sie fühlte sich innerlich wie tot.
Ihr Handy klingelte, eine SMS von Max. Emily sah Andy fragend an.
Was sagt der Arzt?
Als sie daran dachte, wie sie, nur mit einem dünnen Kittel bekleidet, vor zwei fremden Männern auf dem kalten Untersuchungstisch gelegen hatte, überkam sie der unbändige Drang, Max den Hals umzudrehen. Nicht ein einziges Mal hatte sie bislang Angst gehabt, sich eine Geschlechtskrankheit eingefangen zu haben. Auch nicht während ihrer Singlejahre in New York, diesem Dating-Gomorrha. Sie war diesbezüglich nicht nur vorsichtig, sondern regelrecht übervorsichtig gewesen – und stolz darauf. Wie unfair, dass sie ausgerechnet jetzt, wo sie sich absolut sicher glaubte, in quälender Ungewissheit auf irgendwelche Laborwerte warten musste.
Sie tippte mit den Daumen eine Antwort. Testergebnisse heute Nachmittag oder morgen. Vermutlich nur ein Virus.
»Andy?«
Sie wickelte sich noch einen Kiss aus, biss die Spitze ab und stopfte den Rest in einem Stück in sich hinein.
»Könntest du wohl mit der Nascherei aufhören und mir endlich sagen, was los ist?« Emily nahm ihr das Bonbonglas weg und stellte es auf den Boden. »Ganz egal, wie diese Geschichte ausgeht … Dir bis dahin fünf Kilo Hüftgold anzufressen, ist auch keine Lösung.«
»Es gibt nicht viel zu erzählen. Ich hab ihm gesagt, dass ich weiß, was auf den Bermudas passiert ist. Da hat er es mir gestanden und sich entschuldigt.«
Emily legte den Kopf auf die Seite. Frauen auf der ganzen Welt wären für ihre rötlichbraune Wallemähne über Leichen gegangen, und sie? Redete immer nur davon, sie sich blond färben zu lassen. »Okaaay. Aber du weißt immer noch nicht, ob da überhaupt was gelaufen ist. Nur, dass er seine Ex getroffen hat.«
Andy hob abwehrend die Hand. »Bitte, lass es gut sein. Natürlich willst du mich trösten. Max hat mich x-mal um Verzeihung gebeten und mir versichert, dass dieses Treffen keineswegs geplant war, dass Katherine und ihre Schwester rein zufällig auf den Bermudas waren und die Männer nur ein paar Cocktails mit ihnen getrunken haben. Angeblich hätte er es mir auch erzählen wollen, aber dann aus falscher Rücksichtnahme doch lieber den Mund gehalten und irgendwie gehofft, die Sache hätte sich
Weitere Kostenlose Bücher