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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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oder feucht wird.«
    »Aber so ein Häuschen würde doch auf dem Immobilienmarkt einen guten Preis bringen«, meinte Hat.
    »Gewiß. Und Geoffreys Vater, dem berühmten Weltenbummler, wäre der gute Preis hoch willkommen gewesen. Er hatte ja alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest war, aber der Großteil des Grundbesitzes und der Gebäude darf aus erbrechtlichen Gründen nicht veräußert werden. Die Einkünfte der Familie stammen aus der Verpachtung. Nun wäre Stangcreek Cottage renoviert und modernisiert ein begehrtes Wochenendhaus, aber das würde Geld kosten, und der verstorbene Lord war nicht bereit, Bares in Dinge zu investieren, die nicht zu seinen Hobbys zählten. Was Geoffrey unternehmen wird, bleibt abzuwarten, aber ich glaube, daß er dieses Fleckchen seines Grund und Bodens sehr schätzt, weil er hier seine artistischen und atavistischen Triebe ausleben kann und dabei bestimmt keine Ausflügler anlocken möchte.«
    »Wie uns, meinen Sie?« bemerkte Hat.
    »Gegen echte Vogelliebhaber hat er nichts, obwohl es manche Leute schockieren könnte, wenn die Ente, die sie gerade durchs Fernglas bewundert haben, vor ihren Augen durchlöchert wird. Noch etwas Tee?«
    Hat warf Rye einen Blick zu, versuchte aber, den Eindruck zu vermeiden, daß er sofort aufbrechen wollte. Sie stellte ihre Tasse ab und sagte: »Nein, danke, Dick. Jedenfalls nicht für mich. Ich bin rausgefahren, um die frische Luft zu genießen und ein paar Vögel zu sehen, auch wenn Hat vielleicht gern den Rest des Tages im Trockenen verbringen würde. Anscheinend ist er allergisch gegen Wasser.«
    Dick Dee lächelte ihm zu. Daß in diesem Lächeln mehr Mitgefühl als Spott lag, half auch nicht viel. Er stand auf und meinte gutgelaunt: »Ich bin startklar. Wie sieht’s mit dir aus?«
    Der Regen draußen ließ sich nun nicht mehr als romantischer Nebel abtun.
    »Ihr geht doch über den Weg zurück, oder?« erkundigte sich Dee.
    »Nein«, entgegnete Hat entschlossen. »Wir wandern ganz um den See herum.«
    »Ah, ja. Könnte ein bißchen feucht werden. Und der Creek führt viel Wasser. Sie kennen doch den Übergang, oder?«
    »Ja«, erwiderte Hat knapp. »Kein Problem.«
    »Gut. Ich werde noch einmal versuchen, diese verdammte Axt scharf zu kriegen. Bis morgen, Rye.«
    »Ich kann es gar nicht abwarten«, grinste Rye und gab ihm ein Küßchen auf die Wange.
    Hat wandte sich ab und marschierte zügig los. Mit Ritterlichkeit konnte man bei ihr offenbar nicht landen, also mal sehen, was ein wenig körperliche Chancengleichheit bewirkte! Hinter sich hörte er erneut das Kreischen des Schleifsteins, aber bald wurde es vom Geräusch des strömenden Wassers übertönt.
    Die steilen Hügel im Westen bildeten eine natürliche Wasserscheide, wo sprudelnde Wildbäche sich mit solcher Gewalt durch enge Schluchten stürzten, daß die zum See hin abfallende Moorebene von tiefen Einschnitten durchzogen war. Die kleineren Wasserläufe ließen sich leicht überqueren, häufig mit einem Schritt oder mit Hilfe eines natürlichen Trittsteins, aber Hat wählte absichtlich eine Route, die höchste Ausdauer und Behendigkeit erforderte. Von Zeit zu Zeit vergewisserte er sich mit einem Blick über die Schulter, ob Rye mithalten konnte, und stellte immer fest, daß ihr das mühelos gelang. Dann lächelte er aufmunternd, um den Eindruck zu erwecken, daß er mit seinen Kräften haushielt, damit sie mitkam. Für diese wortlose Prahlerei erntete er schließlich den verdienten Lohn. Er glitt inmitten von wirbelndem eiskalten Wasser auf einem glitschigen Stein aus, und während sich sein Stiefel füllte, huschte sie lachend an ihm vorbei und übernahm die Führung. Der Weg, den sie wählte, war noch schwieriger als der seine, und bald war sie ihm ein Stück voraus. Aber schließlich sah er, nicht frei von Genugtuung, daß sie am Ufer des Stang Creek, des größten der vielen Wasserläufe, die in den See mündeten, stehenblieb. Ihn zu überqueren, war ein Problem, wenn man nicht genau wußte, wo sich die Trittsteine befanden, denn außer in extremen Trockenperioden verbargen sich die meisten mehrere Zentimeter unter der Wasseroberfläche. Agnostiker unserer Tage, die zum ersten Mal beobachteten, wie jemand den Bach zu überwinden suchte, hatten Gelegenheit nachzuempfinden, was die Jünger am See Genezareth nach der Speisung der Fünftausend erlebt hatten.
    Hat, der sich darauf freute, ein kleines Wunder tun zu dürfen, rief im Näherkommen: »Ist das etwa ein Verkehrshindernis?

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