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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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»Warten wir mal ab, ob hier überhaupt ein Verbrechen vorliegt, bevor wir nach Indizien suchen, ja? Und wenn das der Fall ist, dann werden wir diesen Wortliebhaber bald einbuchten. Schade, daß sie Alcatraz dicht gemacht haben.«
    »Alcatraz?« fragten beide verwundert.
    »Ja, denn dann könnte er der Wordman von Alcatraz werden.«
    Das zündete wie ein aufgeweichtes Knallbonbon.
    »Das war ein Film«, erklärte Hat, »kürzlich im Fernsehen … handelt von diesem Typ, Burt Lancaster, der jemand ermordet hat und ins Gefängnis kommt, und dort wird er zum ›Birdman‹ …«
    »Ja, ich erinnere mich an den Film«, sagte Dee. »Ja, ja, der Wordman. Sehr witzig, Mr. Bowler.«
    Auch das klang nicht nach einer kalten Dusche, aber Hat fühlte sich wie ein begossener Pudel.
    »Ja, dann, danke für den Hinweis, wir werden uns darum kümmern«, versprach er, bemüht, wieder professionelles Terrain zu gewinnen.
    »War mir ein Vergnügen«, erwiderte Dee. »Dann ackern wir mal weiter.«
    Er setzte sich an den Tisch, nahm die nächste Geschichte zur Hand und begann zu lesen. Rye folgte seinem Beispiel. Bowler blieb stehen und schrumpfte allmählich wieder vom großspurigen Bullen zum Liebhaber in spe.
    Nicht nur Worte sind geeignet, jemandem eine kalte Dusche zu verpassen, dachte Rye vergnügt.
    Dee blickte auf und sagte: »Verzeihung, Mr. Bowler, war noch etwas?«
    »Ich hatte nur eine Frage an Rye – Miss Pomona.«
    »Wegen des …
Wordman

    Hat schüttelte den Kopf.
    »Ah, dann geht es wohl um eine bibliographische Auskunft. Zweifellos wegen Ihrer ornithologischen Studien. Rye, kannst du weiterhelfen?«
    »Nicht sofort«, sagte Rye. »Darüber muß ich erst nachdenken, Mr. Bowler …«
    »Hat«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    »Meine Freunde nennen mich Hat.«
    »Was für eine nette Paronomasie.« Sie warf Dee einen Blick zu, der lächelnd murmelte: »Das grenzt schon an Paronomanie.«
    »Und, wie steht’s nun?« fragte Hat, da es ihm auf den Wecker ging, daß sie sich scheinbar so einvernehmlich über ihn lustig machten.
    »Wissen Sie was«, sagte Rye. »Lassen Sie mir Zeit. Vielleicht können wir uns darüber unterhalten, wenn Sie wiederkommen und uns erzählen, was Sie über den Wahrheitsgehalt der Dialoge herausgefunden haben. Würde Ihnen das passen, Mr. Bowler?
Hat?«
    Er runzelte kurz die Stirn, lächelte dann.
    »Gut. Ist in Ordnung. Ich komme darauf zurück. Bis dahin werde ich die Geschichte für mich behalten. Es ist zwar unwahrscheinlich, daß etwas dahintersteckt, aber Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Bis dann.«
    Er drehte sich um und ging. Seine Bewegungen waren anmutig wie die einer Katze. Vielleicht erklärte das sein Interesse an Vögeln?
    Rye sah Dee an. Er lächelte ihr verschwörerisch zu. Dann senkte er den Blick auf den Text vor ihm und schüttelte wehmütig den Kopf.
    »Die Wahrheit ist so viel interessanter als die Dichtung, findest du nicht?« fragte er.
    Sie sah sich ihre nächste Geschichte an.
    Die Schrift war ihr vertraut. Groß, krakelig und violett.
    Letzte Nacht hatte ich wieder einen feuchten Traum …
    »Da könntest du recht haben«, meinte sie.

[home]
    Sechs
    A ls Profi mußte Detective Constable Bowler nach reiflicher Überlegung zu der Einschätzung gelangen, daß es sich bei den durch die beiden Dialoge aufgeworfenen Verdachtsmomenten um kompletten Blödsinn handelte. Aber wenn er sie ernst nahm, konnten sie ihm den Weg in Rye Pomonas Herz und vielleicht sogar ihr Bett ebnen, und daher schien es angebracht, skeptisch den Mund zu verziehen und die Stirn zu runzeln. Aber nur solange sie in Sichtweite war. Sobald er die Bibliothek verließ, machte er einen kleinen Freudensprung, und der Anblick eines Schwarms Graugänse, der in einer Wellenlinie das Himmelsrechteck zwischen dem Polizeigebäude und dem Untersuchungsgericht überquerte, ließ sein Stimmungsbarometer noch um ein bißchen höher steigen.
    Er beobachtete sie, bis sie außer Sicht waren. Dann rannte er vergnügt pfeifend die Treppe zur Etage des Criminal Investigation Department hinauf.
    »Sie sind ja blendend gelaunt«, bemerkte Edgar Wield. »Haben Sie Lord Lucan gefunden?«
    »Das nicht, Sarge, aber ich habe da etwas, das beinahe genauso merkwürdig ist.«
    Er zeigte dem Sergeant die beiden Dialoge und berichtete, was es damit auf sich hatte.
    »Merkwürdig ist das schon«, meinte Wield, aber seine Stimme klang, als würde er es eher für bekloppt halten. Bowler konnte ihm da keinen Vorwurf

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