Die rätselhaften Worte
mimen. Wenn er darauf eingeht, ist er auf dem richtigen Weg. Was ist schlimmer: ein Spinner, der hinter Vögeln her ist, oder ein Bulle, der aufs Vögeln aus ist? »Nein«, sagte er, »tut mir leid, ich wollte nur fragen, ich hatte mir überlegt, diesen Sonntag nach Stangdale rauszufahren – tolle Vogelgegend, auch um diese Jahreszeit, wissen Sie, das Moor, die Felsen und natürlich der Bergsee …«
Ihm entging nicht, daß sie kein Feuer fing, und mit einer Gewandtheit, die sie beeindruckte, zog er eine andere Masche auf. »… und hinterher könnten wir ja da draußen essen gehen …«
»Diesen Sonntag … ich bin mir nicht sicher, ob ich schon was vorhabe …«, sagte sie und zog die Stirn in Falten, als müsse sie überlegen, was sie in zweiundsiebzig Wochen und nicht in zweiundsiebzig Stunden zu unternehmen gedachte. »Essen, sagten Sie …?«
»Ja, am Anfang der Moorstraße ist das Dun Fox. Da ißt man nicht schlecht. Und jetzt, wo sie das Gesetz geändert haben, ist nicht nur samstags, sondern auch am Sonntag abend Disko …«
Sie kannte den Schuppen. Ein altmodisches Gasthaus am Stadtrand, das seit neuestem die über Zwanzigjährigen anzulocken versuchte, die beim Tanzen nicht knietief in Teenies versinken wollten. Es war nicht gerade das Stringfellows, aber sicherlich besser als ein Volkstanzabend mit Vogelkundlern. Die Frage war: Wollte sie mit Detective Constable E. Bowler ausgehen?
Sie blickte in sein hoffnungsvolles Gesicht. Warum nicht? dachte sie. Dann erspähte sie ein gutes Stück hinter ihm Charley Penn, der sich in der Nische, die er gewöhnlich bezog, zu ihnen umgewandt hatte. Er beobachtete die Szene mit einem Lächeln, das ahnen ließ, daß er nicht nur ihrem Gespräch folgte, sondern auch ihre Gedanken erriet.
Abrupt sagte sie: »Ich denke darüber nach. Setzen Sie sich doch kurz, wenn Sie einen Augenblick erübrigen können, ohne daß die Welt im Verbrechen versinkt.«
»Ich dachte, Sie sind es, der die Arbeit über den Kopf wächst«, erwiderte er und nahm Platz.
Er konnte sogar ironisch sein.
»Allerdings. Es gibt Arbeit, und vielleicht sogar für Sie.«
Sie versuchte, ihm die Sache so knapp wie möglich zu erklären, was ihr aber nur unvollkommen gelang. Da ihr klar war, wie verrückt das alles klang, wurde ihre Erzählung immer weitschweifiger.
Man mußte Bowler zugute halten, daß er nicht in Gelächter ausbrach, sondern sich die Dialoge ansehen wollte. Sie zeigte ihm den zweiten, den er las, während sie den ersten aus der Schublade holte, wo Dee ihn abgelegt hatte.
Er nahm sich auch diesen vor und meinte dann: »Ich kümmere mich darum. Haben Sie vielleicht eine Plastikhülle oder so was?«
»Wegen Fingerabdrücken?« fragte sie ein wenig spöttisch.
»Der Form halber«, erwiderte er. »Mit Abdrücken wird wohl nicht viel zu machen sein, nachdem Sie und Ihr Chef die Texte in den Fingern gehabt haben.«
Sie gab ihm eine Hülle und sagte: »Sie glauben also, es könnte was dran sein?«
»Das hab’ ich nicht gesagt, aber wir werden das überprüfen.«
Kein Anflug eines schüchternen Lächelns, nur professionelle Schroffheit.
»Bei der
Gazette
zum Beispiel?« fragte sie leicht verärgert. »Darum kümmert sich schon Dick Dee, mein Chef.«
»Ja? Er hält sich wohl für ’nen Privatdetektiv«, meinte er jetzt lächelnd.
»Fragen Sie ihn selbst«, gab Rye zurück.
Dee war in den Lesesaal zurückgekehrt und ging auf sie zu. Sein Blick fiel auf die Klarsichthülle.
»Wie ich sehe, hat Rye Sie schon ins Bild gesetzt, Mr. Bowler. Ich habe gerade mit der
Gazette
gesprochen. Kein Grund zur Freude, fürchte ich. Die haben dort keine Aufzeichnungen über die Uhrzeit oder auch nur das Datum des Posteingangs. Das Zeug für den Literaturwettbewerb wird direkt in einen Sack geworfen, der hier abgeliefert wird, sobald er voll ist – inklusive allem anderen, das wie frei erfunden aussieht.«
»Ich hätte gedacht, das trifft für die Hälfte von dem Zeug zu, das die drucken«, meinte Bowler.
»Diese Bemerkung habe ich mir verkniffen.«
»Wahrscheinlich war das besser so. Diese Journalisten sind oft ziemliche Mimosen. Gut, ich nehme das da mit und befasse mich damit, sobald ich ein bißchen Muße habe.«
Seine lässige Art irritierte Rye. »Sie befassen sich damit?« sagte sie. »Und wie stellen Sie das an? Sie haben gesagt, daß vermutlich keine Fingerabdrücke mehr zu erkennen sind. Was wollen Sie dann damit machen? Die Polizeihellseherin hinzuziehen?«
»Damit haben
Weitere Kostenlose Bücher