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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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machen.
    »Ich dachte, wir sollten das überprüfen«, sagte er. »Ist nur so ein Gefühl.«
    »Ein Gefühl, hm?« Wields dunkle Augen in dem zerknitterten Gesicht musterten ihn kühl, als wüßte er genau, daß das fragliche Gefühl mehr mit Rye Pomona und Hormonen zu tun hatte als mit polizeilichem Spürsinn. »Für Gefühle haben Sie noch nicht das erforderliche Dienstalter. Sogar Sergeants dürfen nur drei- bis viermal im Jahr welche zeigen, und auch das nur vor Erwachsenen, die ihr Einverständnis erklären. Probieren Sie’s lieber mal bei einem höheren Dienstgrad.«
    Bowlers Höhenflug geriet in eine Fallbö und sackte vollkommen ab, während er überlegte, ob er etwas derart Verstiegenes Andy Dalziel vorlegen könne. Es war ihm vollkommen klar, daß seine rasche Versetzung aus den Midlands ohne Dalziels Einverständnis stattgefunden hatte. »Mal sehen, wie Sie sich machen«, war die Kernaussage der Begrüßung gewesen, die ihm vor sechs Monaten zuteil geworden war. Seiner Ansicht nach hatte er sich ziemlich gut gemacht – oder wenigstens waren ihm keine groben Schnitzer unterlaufen. Aber es war ihm keineswegs gelungen, das Wohlwollen des Dicken zu gewinnen. Vielmehr war er in den letzten Wochen ab und zu herumgefahren, als hätte ihn jemand in den Rücken gepikst, und hatte festgestellt, daß Dalziels Eispickelaugen ihn mit einem Ausdruck fixierten, der irgendwo zwischen schlichtem Argwohn und offenem Abscheu angesiedelt war.
    Andererseits war es tröstlich, daß Chief Inspector Pascoe ihn erst letzte Woche ohne Zögern mit der besonders heiklen Aufgabe betraut hatte, irgendeinen Irren im Auge zu behalten, der ihn angeblich belästigte.
    »Ja, ich dachte, vielleicht rede ich mal mit Mr. Pascoe darüber. Ich muß sowieso was mit ihm besprechen«, erwiderte er lässig, um den Eindruck zu erwecken, es bestehe eine besondere Beziehung zwischen Hochschulabsolventen im Polizeidienst.
    Wield, der das sehr wohl bemerkte, sagte: »Wenn Sie das nächste Mal Ihren Bericht über Franny Roote abliefern, meinen Sie?«
    Es ging nicht an, daß untergeordnete Teammitglieder sich einbildeten, sie wüßten etwas, was ihm nicht bekannt war. Peter hatte dem jungen Bowler wahrscheinlich eingeschärft, daß sein Interesse an Rootes Verhalten und Gewohnheiten strenggenommen inoffiziell war und in Gegenwart des Superintendent nicht erwähnt werden sollte. In seiner derzeitigen Stimmung schien der Dicke zu glauben, wenn man Bowler irgend etwas erzähle, könne man ebensogut die Boulevardpresse anrufen.
    »Haben Sie denn was Interessantes rausgefunden?« erkundigte sich Wield.
    »Bisher nicht«, gab Bowler zu.
    »Bleiben Sie dran. Aber machen Sie sich unsichtbar. Soviel man hört, hat er Adleraugen.«
    »Ach, machen Sie sich deshalb keine Sorgen, Sarge«, meinte Bowler zuversichtlich. »Ich pirsche mich so vorsichtig ran, daß kein Zweiglein knackt. Und was halten Sie von diesen Dialogen? Soll ich mit Mr. Pascoe reden?«
    »Nein«, erklärte Wield bedächtig. »Ich würde sagen, der richtige Mann dafür ist Mr. Headingley.«
    Detective Inspector George Headingley galt als überaus korrekter, streng auf dem Pfad der Dienstpflicht wandelnder Beamter, der für Ahnungen, Verdächtigungen und dumpfe Gefühle die richtigen Heilmittel parat hatte. »Er hat eine sichere Hand«, hatte Pascoe einmal in Bowlers Anwesenheit geurteilt, worauf Dalziel erwiderte: »Nö, die hatte er früher mal, aber seit er die Tage bis zur Rente zählt, hat er nur noch Sitzfleisch. Egal, was du George gibst, er denkt an nichts anderes, als sich draufzuhocken, bis der Fall ihm nicht mehr schaden kann. Daran sind diese neuen Bestimmungen schuld. Ich würde korrupte Bullen an den Eiern aufhängen, bis sie jodeln, aber wie willst du deinen Job anständig erledigen, wenn du dich ständig nach allen Seiten absichern mußt?«
    Das war eine Anspielung auf die neuen Prinzipien der Verantwortlichkeit. Vorbei, oder beinahe vorbei, waren die guten alten Zeiten, in denen ein Polizist, der einen Fehler begangen hatte, sich dankbar »aus gesundheitlichen Gründen« in den sicheren Hafen des Ruhestands zurückziehen konnte. Und sogar jene, die nach voll abgeleisteten Dienstjahren ihren Lebensabend genießen wollten, waren vor nachträglichen Untersuchungen und Pensionskürzungen nicht mehr sicher.
    Daher überraschte es nicht, wenn ein vorsichtiger Mensch wie George Headingley vor dem letzten Abschnitt einer ehrbaren, wenn auch nicht herausragenden Karriere zu dem Schluß

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