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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Pseudonym unter den Titel ihrer Erzählung setzten, um eine unparteiische Beurteilung zu gewährleisten. Dasselbe Pseudonym schrieben sie auf einen verschlossenen Umschlag, der ihren wahren Namen und ihre Adresse enthielt. Die Umschläge blieben in der Redaktion der
Gazette.
    »Dann hat er es halt vergessen«, meinte Rye. »Nicht, daß es wichtig wäre. Die Geschichte wird wohl kaum den Preis bekommen, oder? Also wen schert es, wer sie geschrieben hat? Kann ich jetzt weitermachen?«
    Dick Dee hatte dem nichts entgegenzusetzen. Aber Rye fiel auf, daß er das Manuskript weder in den Papierkorb wandern ließ noch auf seinem Kommt-in-Frage-Stapel plazierte, sondern beiseite legte.
    Kopfschüttelnd wandte sich Rye der nächsten Erzählung auf ihrem Stapel zu. Sie hieß »Traumzeit« und war mit lila Tinte geschrieben. Eine große, krakelige Handschrift mit durchschnittlich vier Wörtern pro Zeile. Sie begann so:
    Als ich heute morgen aufwachte, stellte ich fest, daß ich einen feuchten Traum gehabt hatte, und als ich so dalag und mich zu erinnern versuchte, bemerkte ich, wie mich wieder die Erregung packte …
    Seufzend beförderte sie den Text in den Papierkorb und nahm sich den nächsten.

[home]
    Drei
    W as für ein beschissenes S-p-ielchen haben Sie jetzt wieder im Sinn, Roote?« sagte Peter Pascoe und fletschte dabei die Zähne.
    Das war eine Form der Kommunikation, die ihm nicht leicht fiel, und sein Bemühen, die Schneidezähne zu entblößen, während er gleichzeitig den Verschlußlaut P aussprach, führte zu einem melodramatisch-orientalischen Klangeffekt, ohne freilich die erwünschte bedrohliche Wirkung zu erzielen. Er mußte das nächste Mal genauer aufpassen, wenn ihn der Hund seiner Tochter anfletschte, der Männer nicht mochte.
    Roote schob das Heft, in das er gerade kritzelte, unter die
Gazette
und betrachtete ihn mit einem Ausdruck liebenswürdiger Verwunderung.
    »Verzeihung, Mr. Pascoe? Ich kann nicht ganz folgen. Ich spiele überhaupt nicht, und ich glaube, die Regeln des Spielchens, auf das Sie anspielen, sind mir unbekannt. Brauche ich dafür auch einen Schläger?«
    Lächelnd blickte er auf Pascoes Sporttasche, aus der der Griff eines Squashschlägers ragte.
    Stichwort für ein weiteres Zähnefletschen, das ausdrücken sollte:
Du hältst dich wohl
für
ein ganz schlaues Kerlchen, Roote!
    Das Ganze erinnerte allmählich an ein schlechtes Fernseh-Drehbuch.
    Er hatte sich aber nicht nur bemüht, die Zähne zu fletschen, sondern auch versucht, sich bedrohlich vor Roote aufzubauen. Natürlich konnte er nicht wissen, wie bedrohlich seine Körperhaltung auf einen zufälligen Beobachter wirkte, aber es war die Hölle für seinen verspannten Schultergürtel, dem er das vorzeitige Ende seiner ersten Squashpartie seit fünf Jahren zu verdanken hatte.
Vorzeitig?
Dreißig Sekunden nach Beginn des Vorspiels, das war demütigend präpenetrativ.
    Sein Gegner hatte sich rührend um ihn gekümmert und ihm im Umkleideraum Mittel zur äußeren und in der Bar des University Staff Club solche zur inneren Anwendung verabreicht – und das ganz ohne schadenfrohes Kichern. Dennoch hatte sich Pascoe belächelt gefühlt. Als er dann durch die reizende gepflegte Gartenanlage zum Parkplatz ging und Franny Roote sah, der auf einer Bank saß und ihn angrinste, war seine sorgsam unterdrückte Wut aufgewallt, und bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte er sich schon bedrohlich vor ihm aufgebaut und die Zähne gefletscht.
    Es war an der Zeit, die Rolle zu wechseln.
    Er versuchte, sich zu entspannen, setzte sich auf die Bank, lehnte sich zurück, zuckte vor Schmerz zusammen und sagte: »Okay, Mr. Roote. Fangen wir noch mal von vorne an. Wären Sie so nett, mir zu sagen, was Sie hier machen?«
    »Mittagspause«, entgegnete Roote. Er hielt eine braune Papiertüte in die Höhe und leerte ihren Inhalt auf der Zeitung aus. »Baguette plus Salat mit Mayo, fettarm. Apfel, Granny Smith. Und eine Flasche Leitungswasser.«
    Das paßte. Roote sah nicht gerade aus, als würde er sich besonders energiereich ernähren. Er war mager, beinahe schon ausgemergelt, ein Zustand, der durch seine schwarze Freizeithose und das T-Shirt noch unterstrichen wurde. Sein Gesicht war fahl wie glattgeschliffenes Treibholz und sein blondes Haar so kurz geschoren, daß er fast kahl wirkte.
    »Mr. Roote«, begann Pascoe vorsichtig, »Sie wohnen und arbeiten in Sheffield, und das heißt, daß es selbst mit einer großzügig bemessenen Mittagspause und

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