Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Die häufigsten Fehler beim Überzeugen
Sie wissen, wie spannend, knifflig, schwierig, unberechenbar, kräftezehrend und sogar nervenaufreibend es sein kann, jemanden von etwas zu überzeugen. Sie kennen das gute Gefühl, es geschafft zu haben: „Ja, du hast Recht!“ – das hören wir alle sehr gern. Sie wissen auch, wie unheimlich schwer oder spielerisch leicht es oft fällt, sich den Argumenten des Gesprächspartners zu entziehen. Härteste Abwehrarbeit und elegantes Ins-Leerelaufen-Lassen – beide Extreme und alle Abstufungen dazwischen sind aus eigener Erfahrung bestens bekannt. Es kann übrigens sehr unterhaltsam und emotional befriedigend sein, Überzeugungsversuche des Gesprächspartners einfach abzublocken und keinen Millimeter vom eigenen Standpunkt abzuweichen („Richtig nett, wie er sich abmüht! – Herrje, da sehe ich ja schon die ersten Schweißperlen!“). Wir wissen auch, wie es ist, die eigene Meinung zu verändern, Argumente zu würdigen, neue Überzeugungen zu bilden und alte Meinungen abzulegen. Alle diese Erfahrungen umreißen den Themenkreis unseres Buches: Es geht um das Spiel des Überzeugens in der ganzen Vielfalt seiner Facetten.
In unseren Konfliktlösungs- und Verhandlungsseminaren starten wir häufig mit einem Experiment, bei dem den Teilnehmern schnell klar wird, dass es beim Überzeugen nicht nur auf Beharrlichkeit und Redegewandtheit ankommt.
Für unser Experiment teilen wir die Teilnehmer in Gruppen auf. Jede Gruppe bekommt die Aufgabe, sich in die Lage einer Familie zu versetzen, die gemeinsam in Urlaub fahren will. Die Herausforderung besteht darin, sich auf ein gemeinsames Urlaubsziel zu einigen.
Die Spielregeln: Es wird keine Einigung akzeptiert, bei der die Familienmitglieder ihren Urlaub an verschiedenen Orten verbringen. Sie dürfen den Einigungsprozess nicht zu einem Streit eskalieren lassen.
Jedes Familienmitglied erhält eine kurze Rollenbeschreibung, die seine Argumentation bestimmen soll. Folgende Rollen gibt es:
Vater: Er möchte nach Garmisch fahren, weil er das Bergsteigen liebt.
Mutter: Sie schwärmt für Mallorca. Sie will am Strand liegen und die Sonne genießen.
Sohn: Er will zum Fischen nach Schottland.
Tochter: Sie bevorzugt Südfrankreich, denn sie fährt gern Rennrad und dort gibt es anspruchsvolle Fahrradstrecken.
Großmutter: Sie möchte nach Holland, um Windmühlen zu malen.
Anfangs ist man noch sachlich
Nachdem jeder seinen Urlaubswunsch vorgestellt hat, beginnt meist eine leidenschaftlich geführte Argumentationsphase. Jedes Familienmitglied versucht, die jeweils anderen Familienmitglieder für das eigene Urlaubsziel zu gewinnen. Dabei werden entweder Argumente für die eigene Position vorgebracht oder man versucht, die der anderen zu entkräften. Natürlich funktioniert das nicht so leicht, da jeder erst einmal Widerstand leistet und sein eigenes Ziel durchsetzen will.
Später wird es unfair
Erkennen die Familienmitglieder, dass sie durch rationales Argumentieren nicht weiterkommen und nur auf Widerstände bzw. Gegenargumente stoßen, greifen sie schnell und voller Einsatzfreude zu weniger freundlichen, manipulativen Methoden. Hier ist die Bandbreite groß: Es werden versteckte, manchmal auch offene Drohungen ausgesprochen (Eltern gegenüber den Kindern); man versucht, Mitleid zu heischen (Großmutter spricht davon, dass es ihr letzter Urlaub sein könnte); man schmiedet Koalitionen und versucht, einzelne Familienmitglieder zu isolieren usw. Kurz: Es dauert keine fünf Minuten in diesem Spiel, da begegnet uns die ganze Palette unfairer Beeinflussungsmethoden. Sicher, das Ganze ist nur ein Spiel. Aber eines, in dem die Teilnehmer wie in einem Spiegel ihr Kommunikationsverhalten im Alltag sehr präzise wiedererkennen. „Das ging ja zu wie im richtigen Leben!“ ist der Grundtenor der kurzen Auswertungsphase.
… und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Man kann niemanden zwingen, von etwas überzeugt zu sein. Diese Einsicht des gesunden Menschenverstandes wird oft nicht beherzigt. So mancher Zeitgenosse glaubt, andere nur lange, intensiv und ausdauernd genug mit Argumenten beharken zu müssen, um sie zu überzeugen. „Dir werde ich meine Meinung jetzt einfach einhämmern!“ lautet hier das Motto. Andere wiederum warten darauf, dass ihnen das Superargument einfällt, dessen innewohnender Kraft sich ihr Gegenüber einfach beugen muss – ein Argument also, dem sich niemand,der einigermaßen vernünftig und guten Willens ist,
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