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Die Raeuber

Die Raeuber

Titel: Die Raeuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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schröcklichen Achselzucken zu Euch spricht: menschliche Hilfe ist umsonst! Hütet Euch dann, o hütet Euch ja, dass Ihr da nicht ausseht wie Richard und Nero!
    FRANZ
    Nein, nein!
    MOSER
    Auch dieses Nein wird dann zu einem heulenden Ja – ein innerer Tribunal, den Ihr nimmermehr durch skeptische Grübeleien bestechen könnt, wird itzo erwachen, und Gericht über Euch halten. Aber es wird ein Erwachen sein, wie des lebendig Begrabenen im Bauche des Kirchhofs, es wird ein Unwille sein wie des Selbstmörders, wenn er den tödlichen Streich schon getan hat und bereut, es wird ein Blitz sein, der die Mitternacht Eures Lebens zumal überflammt, es wird ein Blick sein, und wenn Ihr da noch feste steht, so sollt Ihr gewonnen haben!
    FRANZ
    (unruhig im Zimmer auf und ab gehend) Pfaffengewäsche, Pfaffengewäsche!
    MOSER
    Itzt zum ersten Mal werden die Schwerter einer Ewigkeit durch Eure Seele schneiden, und itzt zum ersten Mal zu spät. – Der Gedanke Gott weckt einen fürchterlichen Nachbar auf, sein Name heißt Richter . Sehet, Moor, Ihr habt das Leben von Tausenden an der Spitze Eures Fingers, und von diesen Tausenden habt Ihr neunhundertneunundneunzig elend gemacht. Euch fehlt zu einem Nero nur das Römische Reich und nur Peru zu einem Pizarro. Nun, glaubt Ihr wohl, Gott werde es zugeben, dass ein einziger Mensch in seiner Welt wie ein Wütrich hause, und das Oberste zuunterst kehre? Glaubt Ihr wohl, diese neunhundertundneunundneunzig seien nur zum Verderben, nur zu Puppen Eures satanischen Spieles da? Oh glaubt das nicht! Er wird jede Minute, die Ihr ihnen getötet, jede Freude, die Ihr ihnen vergiftet, jede Vollkommenheit, die Ihr ihnen versperret habt, von Euch fodern dereinst, und wenn Ihr darauf antwortet, Moor, so sollt Ihr gewonnen haben.
    FRANZ
    Nichts mehr, kein Wort mehr! Willst du, dass ich deinen schwarzlebrigen Grillen zu Gebot steh?
    MOSER
    Sehet zu, das Schicksal der Menschen stehet unter sich in fürchterlich schönem Gleichgewicht. Die Waagschale dieses Lebens sinkend wird hochsteigen in jenem, steigend in diesem wird in jenem zu Boden fallen. Aber was hier zeitliches Leiden war, wird dort ewiger Triumph, was hier endlicher Triumph war, wird dort ewige unendliche Verzweiflung.
    FRANZ
    (wild auf ihn losgehend) Dass dich der Donner stumm mache, Lügengeist du! Ich will dir die verfluchte Zunge aus dem Munde reißen!
    MOSER
    Fühlt Ihr die Last der Wahrheit so früh? Ich habe ja noch nichts von Beweisen gesagt. Lasst mich nur erst zu den Beweisen –
    FRANZ
    Schweig, geh in die Hölle mit deinen Beweisen! zernichtet wird die Seele, sag ich dir, und sollst mir nicht darauf antworten!
    MOSER
    Darum winseln auch die Geister des Abgrunds, aber der im Himmel schüttelt das Haupt. Meint Ihr, dem Arm des Vergelters im öden Reich des Nichts zu entlaufen? und führet Ihr gen Himmel, so ist er da! und bettetet Ihr Euch in der Hölle, so ist er wieder da! und sprächet Ihr zu der Nacht: verhülle mich! und zu der Finsternis: birg mich!, so muss die Finsternis leuchten um Euch, und um den Verdammten die Mitternacht tagen – aber Euer unsterblicher Geist sträubt sich unter dem Wort, und siegt über den blinden Gedanken.
    FRANZ
    Ich will aber nicht unsterblich sein – sei es, wer da will, ich will’s nicht hindern. Ich will ihn zwingen, dass er mich zernichte, ich will ihn zur Wut reizen, dass er mich in der Wut zernichte. Sag mir, was ist die größte Sünde, und die ihn am grimmigsten aufbringt?
    MOSER
    Ich kenne nur zwo. Aber sie werden nicht von Menschen begangen, auch ahnden sie Menschen nicht.
    FRANZ
    Diese zwo! –
    MOSER
    (sehr bedeutend) Vatermord heißt die eine, Brudermord die andere – Was macht Euch auf einmal so bleich?
    FRANZ
    Was, Alter? Stehst du mit dem Himmel oder mit der Hölle im Bündnis? Wer hat dir das gesagt?
    MOSER
    Wehe dem, der sie beide auf dem Herzen hat! Ihm wäre besser, dass er nie geboren wäre! Aber seid ruhig, Ihr habt weder Vater noch Bruder mehr!
    FRANZ
    Ha! – was, du kennst keine drüber? Besinne dich nochmals – Tod, Himmel, Ewigkeit, Verdammnis schwebt auf dem Laut deines Mundes – keine Einzige drüber?
    MOSER
    Keine Einzige drüber.
    FRANZ
    (fällt in einen Stuhl) Zernichtung! Zernichtung!
    MOSER
    Freut Euch, freut Euch doch! preist Euch doch glücklich! – Bei allen Euren Gräueln seid Ihr noch ein Heiliger gegen den Vatermörder. Der Fluch, der Euch trifft, ist gegen den, der auf diesen lauert, ein Gesang der Liebe – die

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